Baurecht

Besser Bauen und Wohnen

Ein Blick von oben auf eine Stadt, viele rote Dächer mit einem Kirchturm und einer Fußgängerzone.
Ob wir in Innenstädten und Ortskernen wohnen, ein breites Angebot zum Einkaufen finden, auf Konzerte gehen oder uns mit Freunden in einem Park treffen: Grundlage für die Planung unserer Städte und Dörfer bildet das Baurecht. Die große Reform des Baugesetzbuches liegt vor. picture alliance/Peter Schickert
19.09.2024
  • Wir wollen in Städten und Dörfern günstige Wohnungen, leicht erreichbare Einkaufsmöglichkeiten, Orte für Konzerte und Kultur, Platz für Handwerk, Gewerbe und Start-Ups, öffentliche Plätze mit Grün und Wasser, an denen man sich gerne aufhält.
  • In den Innenstädten und Ortskernen soll das Leben pulsieren, nicht Einöde und Langeweile herrschen. Städte und Dörfer sollen sich im Sommer nicht aufheizen wie Backöfen und beim nächsten Starkregen in Wassermassen ertrinken. Es braucht eine soziale Mischung und Miteinander, nicht Ausgrenzung und Abschottung.
  • Wir Grüne im Bundestag gestalten die Grundlagen für die Planung der Städte und Dörfer neu und geben ihnen so mehr Möglichkeiten an die Hand, sich nachhaltig zu entwickeln.

Die Grundlage für die Planung unserer Städte und Dörfer bildet das Baurecht. Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart die Instrumente des Baugesetzbuchs anzupassen. Ziel ist es, seine Instrumente effektiver und unkomplizierter anwenden zu können, Klimaschutz und -anpassung, Gemeinwohlorientierung und die Innenentwicklung zu stärken. Ebenso haben wir vereinbart zusätzliche Flächen für den Wohnungsbau zu mobilisieren, weitere Beschleunigungen der Planungs- und Genehmigungsverfahren vorzunehmen, die Regelungen im Baulandmobilisierungsgesetz zu entfristen und die rechtlichen Grundlagen für eine vollständige Digitalisierung der Bauleitplanverfahren zu schaffen. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte und lang erwartete große Reform des Baugesetzbuches liegt vor. Bisher zeitlich befristete Instrumente für angespannte Wohnungsmärkte werden entfristet oder verlängert.

Entwicklung von Wohnen, Grünflächen und Mobilität

Die Lebensqualität und die Identifikation der Menschen mit ihrer Stadt oder ihrem Ort hängt davon ab, wie attraktiv, vielfältig und lebendig diese gestaltet sind. Dies besser kommunal planen und gestalten zu können, ist Ziel der dreifachen Innenentwicklung, die die Entwicklung von Wohnungsbau, Grün- und Freiflächen sowie Mobilität zusammendenkt. Um diesen Ansatz zu stärken sieht der Entwurf vor, in das Baurecht ein städtebauliches Entwicklungskonzept zur Stärkung der Innenentwicklung aufzunehmen.

Sozialen Wohnungsbau stärken

Bisher konnte in Bebauungsplänen nur festgesetzt werden, dass auf einer bestimmten Fläche Wohnungsbau erfolgen soll. Allerdings war es der Kommune nicht möglich festzulegen, welche Art von Wohnungen dort entstehen sollten. Daher war es auch immer möglich, Luxuswohnungen zu bauen, obwohl bezahlbare Mietwohnungen immer knapper wurden. Dies ändert sich mit der Einführung der Festsetzungsmöglichkeit für den sozialen Wohnungsbau als Inhalt eines Bebauungsplans. So haben die Kommunen die Möglichkeit in ihren Bebauungsplänen den Bau von Sozialwohnungen festzulegen.

Mehr Wohnungen durch leichteren Umbau

Bezahlbarer Wohnraum ist knapp und die Baupreise sind hoch. Indem wir umbauen, aufstocken, Dachgeschosse ausbauen, nachverdichten und Leerstandsflächen nutzen können bis zu 4 Millionen neue Wohnungen entstehen — günstiger und umweltfreundlicher als auf der grünen Wiese. Hinzu kommt, dass viele Bebauungspläne schon etwas älter sind und ihre Festlegungen manchmal nicht mehr den Anforderungen unserer Zeit entsprechen. Diese Pläne zu ändern ist möglich, kostet aber viel Zeit und Geld.

Der Entwurf sieht vor, dass mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus abgewichen werden kann. So können neue Wohnungen entstehen, indem bei bestehenden Gebäuden das Dach ausgebaut oder eine neue Etage gebaut wird.

Bauland für Wohnungsbau aktivieren 

Auch in angespannten Wohnungsmärkten gibt es immer wieder Fälle, in denen Bauland nicht für den Wohnungsbau genutzt wird, obwohl eine hohe Nachfrage nach Wohnungen besteht und eine Baugenehmigung vorliegt. Allzu oft werden diese ungenutzten Flächen mit erheblichem Gewinn weiterverkauft, ohne dass eine einzige Wohnung gebaut worden ist. Diese Baulandspekulationen sind unsozial, da sie die bestehen Möglichkeiten für den Wohnungsbau blockieren, den Wohnraum verknappen und so die Wohnungskrise verschärfen.

Der Gesetzentwurf ermöglicht es, in angespannten Wohnungsmärkten für mehrere Flächen gleichzeitig Baugebote auszusprechen und so die ungenutzten Flächen dem Wohnungsbau zuzuführen. Darüber hinaus ist vorgesehen, einen sozialen Flächenbeitrag einzuführen, der es den Gemeinden im Rahmen einer Baulandumlegung ermöglicht, Flächen zweckgebunden für den sozialen Wohnungsbau zu erhalten.

Auswirkung von Hitzewellen und Starkregen mildern

Hitze, Trockenheit und Starkregen nehmen durch die Klimakrise zu. Daher hat der Ausbau von Bäumen, Grün- und Wasserflächen eine hohe Bedeutung für die Lebens- und Aufenthaltsqualität. Der Entwurf stärkt den Klimaschutz und die Klimaanpassung. Indem die Festsetzung von dezentraler Versickerung, Zisternen, Retentionsdächer und Zwischenspeicherung durch multifunktionale Auffangflächen in die Inhalte von Bebauungsplänen aufgenommen werden. Ergänzt wird dies mit verbesserten Pflanz- und Maßnahmengeboten.

Wie geht es weiter?

Zwar enthält der Entwurf viele Grüne Forderungen, wie die dreifache Innenentwicklung von Wohnungsbau, Grünflächen und Mobilität, eine stärkere soziale Bodennutzung, leichterer Wohnungsbau mittels Dachaufstockung und auf untergenutzten Flächen oder eine bessere klimagerechte Stadtentwicklung. Aber es gibt natürlich auch Regelungen, die wir uns in den kommenden Wochen noch genauer angucken und prüfen müssen. In der parlamentarischen Beratung werden wir für die Wiedereinführung des kommunalen Vorkaufsrechts kämpfen und lehnen den bedingungslosen Genehmigungsturbo nach § 246e, der ganze Großwohnsiedlungen auf der grünen Wiese ermöglichen soll, nach wie vor ab.