Pressemitteilung vom 07.10.2024

Tunesische Präsidentschaftswahlen sind weiterer Schritt im autokratischen Machtumbau

Zu den Nachwahlumfragen der Präsidentschaftswahlen am 6. Oktober 2024 in Tunesien erklärt Tobias B. Bacherle, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss:

Der tunesische Präsident Kais Saied hat sich bei den Scheinwahlen um das Präsidentenamt weiter seinen Machterhalt gesichert – mit unfairen und unfreien Mitteln, die mit einer Demokratie immer weniger vereinbar sind und geradewegs in Richtung autokratische Herrschaft steuern. Die Wahl ist ein weiteres Puzzlestück zur Stärkung der autoritären Herrschaft Kais Saieds für Tunesien und wirken nur noch wie eine protokollarische Pflicht seiner Alleinherrschaft.

Saied hat im Vorfeld der Wahlen seine Alleinherrschaft abgesichert und sichergestellt, dass keine ernstzunehmenden Gegenkandidaten zugelassen werden und seine Wiederwahl nicht gefährdet wird. Während der liberale Industrielle Ayachi Zammel vom Gefängnis aus kandidieren musste, schien der frühere Abgeordnete Zouhair Maghzaoui wie ein Kandidat von Saieds Gnaden. Da eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die Zulassung dreier anderer Kandidaten missachtet wurde, ist die Legitimation, die aus diesem Wahlprozesses hervorgeht, mehr als fraglich.

Die niedrige Wahlbeteiligung, besonders auch junger Menschen, ist Ausdruck der großen Enttäuschung über die aktuelle Politik, die weder auf wirtschaftliche noch soziale Fragen Antworten zu bieten weiß. Entgegen mancher Hoffnung schafft Kais Saeid es genauso wenig wie die Vorgängerregierung, notwendige Reformen umzusetzen. In dieser Mischung aus Boykott und Politikverdrossenheit ist es ein umso fataleres Signal, dass die demokratischen Grundsätze erneut nicht eingehalten wurden.

Die immer weiter reichende Missachtung von Grund- und Menschenrechten im Geburtsland des Arabischen Frühlings ist höchst besorgniserregend. Die Unterdrückung oppositioneller und kritischer Stimmen, die Verhaftung Andersdenkender sowie die Aushöhlung der unabhängigen Justiz und freien Medien gehören mittlerweile zur festen Tagesordnung. Wenn Kais Saied diesem Eindruck entgegenwirken möchte, muss er alle politisch motiviert Inhaftierten unmittelbar freilassen.