Pressemitteilung vom 26.06.2024

Ottmar von Holtz: Entwicklungszusammenarbeit: Deutschland muss Verantwortung übernehmen

Zum 31. „Kompass zur Wirklichkeit der Entwicklungspolitik“ von Welthungerhilfe und terre des hommes erklärt Ottmar von Holtz, Sprecher für Entwicklungspolitik:

Der Kompass 24 ist ein wichtiger Gradmesser, wie es um die deutsche Entwicklungspolitik bestellt ist und vor allem, was zu tun ist. Deshalb alarmiert es uns, dass Deutschlands öffentliche Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit (ODA) 2023 gemessen am Vorjahr gesunken sind. Zudem nehmen die Inlandsausgaben für Geflüchtete sowie die Ukraine-Hilfen im Zusammenhang mit Russlands Angriffskrieg einen großen und zunehmenden Anteil der deutschen ODA ein. Besorgniserregend ist auch, dass die deutschen ODA-Ausgaben zugunsten der sogenannten am wenigsten entwickelten Länder (LDC) 2022 niedriger waren als 2018. Durch die geplanten Einsparungen vergrößert sich die Lücke zwischen dem globalen Bedarf an Entwicklungsfinanzierung und deren Verfügbarkeit.

Die wachsende Zahl autokratisch geführter Staaten sowie zunehmende Krisen im Globalen Süden bei gleichzeitiger angespannter Lage der Haushalte sind höchst beunruhigend. In fragilen Kontexten ist die Intensivierung der Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Akteuren daher besonders wichtig. Darum setzen wir uns für Anpassungen bei den Förderbedingungen sowie eine verlässliche Finanzierung dieser Akteure ein. Zurecht nimmt der Bericht Deutschland in die Pflicht, in fragilen Kontexten seine Verantwortung in der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe nicht auf zivilgesellschaftliche Akteure abzuwälzen, sondern selbst Verantwortung zu übernehmen.

Insbesondere die steigende Zahl der Hungernden weltweit darf nicht tatenlos hingenommen werden. Im Sahel trägt der fortgesetzte Einsatz von Entwicklungszusammenarbeit immerhin dazu bei, das Recht auf Nahrung umzusetzen und kleinbäuerliche Betriebe zu stärken. Gerade deswegen darf die deutsche Entwicklungszusammenarbeit sich hier nicht zurückziehen, wenn wir zu Stabilität für diese Regionen und die Menschen dort beitragen wollen.

Die Zivilgesellschaft mahnt auch an, bei der Kooperation mit afrikanischen Staaten die Partnerorientierung mehr in den Fokus zu stellen, um Top-Down Ansätze zu vermeiden. Es ist hier entscheidend, das veraltete Narrativ des „Krisenkontinents Afrika“ abzulegen, auch vor dem Hintergrund einer Dekolonialisierung der Zusammenarbeit mit dem Globalen Süden. Dem sollte in den afrikapolitischen Leitlinien der Bundesregierung Rechnung getragen werden. Gemeinsame Planungen der Ressorts müssen intensiviert und die ODA-Koordinierung umgesetzt werden.