Pressemitteilung vom 14.08.2024

Kein Vergessen, kein Schlussstrich - drei Jahre nach dem überstürzten Abzug aus Afghanistan

Anlässlich des dritten Jahrestags der Machtübernahme durch die Taliban in Afghanistan am 15. August 2021 erklärt Schahina Gambir, Obfrau in der Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan“:

Auch drei Jahre später sind uns die Bilder vom Kabuler Flughafen noch immer präsent: Menschen, die sich verzweifelt an startende Flugzeuge klammern. Zehntausende, die sich vor den Taliban in Sicherheit bringen wollen.

Diese Bilder sind Teil unseres kollektiven Gedächtnisses geworden. Sie sind der traurige Beweis dafür, dass sich Afghanistan in den letzten 20 Jahren nicht zu einem stabilen, friedlichen und demokratischen Land entwickelt hat. Gleichzeitig sind sie ein Mahnmal für das Scheitern unseres 20-jährigen Engagements.

Die aktuelle Lage in Afghanistan ist katastrophal. Frauen und Mädchen werden von den Taliban weiterhin in allen Bereichen systematisch diskriminiert und unsichtbar gemacht.

Die Taliban wollen regieren und von der internationalen Gemeinschaft anerkannt werden, sind aber nicht in der Lage, die Grundbedürfnisse der afghanischen Bevölkerung zu stillen. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung benötigt humanitäre Hilfe. Afghanistan zählt zu den Ländern mit den schwersten humanitären Krisen weltweit. Trotzdem verstimmen die Rufe nach mehr Zusammenarbeit mit dem Terrorregime und nach Abschiebungen weiterhin nicht.

Zusammenarbeit, ohne auf Verbesserungen bei Menschenrechten zu bestehen, kommt einer Kapitulation gleich. Wer mit den Taliban verhandelt, verrät Menschenrechte und legitimiert Unterdrückung, Gewalt und Terror. Deutschland und die internationale Gemeinschaft müssen weiterhin jede Form der Anerkennung an Verbesserungen der Menschenrechtslage knüpfen.

Wir tragen eine Mitverantwortung für die katastrophale Situation in Afghanistan. Dieser Verantwortung muss die Regierung stärker nachkommen. Die Kürzungen der Haushaltsmittel für humanitäre Hilfe, wie vom Finanzminister vorgesehen, stehen dem entgegen. Zudem muss das Ortskräfteverfahren endlich reformiert werden. Menschen, auf die wir uns in schwierigsten Situationen verlassen, müssen sich auch auf uns verlassen können. Das Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Afghan*innen muss wie geplant weitergeführt und in der Durchführung beschleunigt werden. Die Menschen in Afghanistan erneut im Stich zu lassen, kommt nicht in Frage.