Rede von Agnieszka Brugger Zusammenarbeit mit Ländern des Indo-Pazifiks

Foto von Agnieszka Brugger MdB
04.07.2024

Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Außenministerin! Frau Wehrbeauftragte! Meine Damen und Herren! Von Deutschland in den Indopazifik, das ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Reise um die halbe Welt – eine Region, die geografisch weit entfernt ist, mit der wir aber auf so vielen Ebenen verbunden sind. In unseren Smartphones, Computern und Autos stecken moderne Halbleiter aus Taiwan. Nicht nur wir in Europa, sondern die ganze Welt ist davon abhängig. Wir haben erlebt, wie eine Pandemie unseren Alltag völlig aus der Bahn werfen kann. Und wir wissen, dass eine militärische Eskalation in der Straße von Taiwan immense Auswirkungen nicht nur auf Frieden und Sicherheit für die Menschen dort hätte; auch die negativen Folgen für unsere Wirtschaft, unsere Lieferketten und unseren Alltag wären riesig.

Weil wir trotz dieser vielen Kilometer zwischen uns so eng miteinander verwoben sind, wollen wir diese Verbundenheit zum Gewinn aller gestalten und ausweiten. Das unterstreichen wir parlamentarisch mit unserem Antrag. Die Bedeutung der Region wird auch in den Indo-Pazifik-Leitlinien und in der China-Strategie der Bundesregierung deutlich. Es sind kluge Worte in wichtigen Dokumenten, die aber mit Leben gefüllt werden müssen. Und genau das tut die Bundesregierung auf vielen Ebenen und mit vielen Partnern, sei es die Wasserstoffkooperation mit Australien oder die Halbleiterfabrik eines bekannten taiwanesischen Herstellers in Dresden, seien es die Soldatinnen und Soldaten der Marine und Luftwaffe, die zahlreiche Partner auf ihrer Tour im Indopazifik besuchen, an großen internationalen Übungen teilnehmen und dafür viel Wertschätzung erfahren, sei es das Naturschutzgebiet im indonesischen Regenwald, die Weltraumforschung mit Neuseeland, die Eröffnung der deutschen Botschaft auf Fidschi und die Kooperation bei künstlicher Intelligenz mit Indien. Denn wir wollen voneinander lernen, voneinander profitieren und uns mehr aufeinander verlassen können.

Meine Damen und Herren, die immense Größe und auch die Vielfalt der Region spiegelt sich auch in der Tiefe unserer Beziehung und in der Unterschiedlichkeit unserer Zusammenarbeit wider. Es gibt enge Freunde, mit denen uns so viele gemeinsame Werte und Interessen verbinden, und es gibt Staaten wie Nordkorea, die uns mit ihrem aggressiven Auftreten herausfordern. Bei manchen Staaten liegt der Fokus besonders auf Handel, mit anderen setzen wir uns zusammen intensiv gegen die Klimakrise und ihre Folgen ein. So haben zum Beispiel die pazifischen Inselstaaten die wichtige Idee in die internationalen Klimaverhandlungen eingebracht, dass die großen Hauptverantwortlichen der Klimakrise auch für Schäden und Verluste aufkommen sollen, die sie verursachen.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Toll!)

Gemeinsam mit dem entschiedenen Einsatz unserer Außenministerin konnte genau das auf der Klimakonferenz letztes Jahr in Ägypten durchgesetzt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Götz Frömming [AfD]: Noch mehr Kosten, die auf den Steuerzahler zukommen!)

Was für ein großer und gemeinsamer Schritt nach vorn, der unsere Welt ein kleines bisschen besser und sicherer macht!

Meine Damen und Herren, die Menschen im Indopazifik und wir in Europa, wir alle wollen in Sicherheit leben, in Sicherheit vor zunehmenden Naturdesastern und in Sicherheit vor Gewalt. Die Ukraine mag weit entfernt sein vom Indopazifik. Die Menschen dort könnten sich eine Frage stellen, die ich manchmal hier in den Veranstaltungen von Einzelnen höre: Was hat dieser oder jener vermeintlich weit entfernte Konflikt überhaupt mit uns zu tun? Aber viele Staaten, wie Neuseeland, Australien, Japan oder Südkorea, haben sich solidarisch und konsequent gezeigt. Ohne sie wären die Sanktionen gegen Russland nicht ansatzweise so wirkungsvoll. Deshalb können wir unseren vielen Partnern im Indopazifik nur einmal mehr Danke sagen, dass sie uns hier nicht im Stich lassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Als Europäer/-innen müssen wir andersherum auch anerkennen, dass auch viele Menschen im Indopazifik sich nicht sicher fühlen. Uns verbindet doch gemeinsam das Interesse, unsere internationale Friedensordnung zu schützen und zu stärken – für die Stärke des Rechts und nicht das Recht des Stärkeren.

Nicht wenige Staaten und Menschen schauen deshalb mit Sorge und Angst auf den aktuellen Kurs der chinesischen Kommunistischen Partei, die immer aggressiver im eigenen Land und in ihrer Nachbarschaft vorgeht, mit wirtschaftlichem Druck oder sogar mit Militärmanövern im Südchinesischen Meer und in der Straße von Taiwan, ein China, das gerade eher die Nähe mit den verbrecherischen Regimen in Nordkorea, Russland und im Iran zu suchen scheint, als seiner Verantwortung als Sicherheitsratsmitglied für die Charta der Vereinten Nationen gerecht zu werden.

Meine Damen und Herren, wir dürfen mit Blick auf den Indopazifik nicht die Fehler wiederholen, die vergangene Bundesregierungen in Bezug auf Ost- und Nordeuropa gemacht haben. Nie wieder sollten wir die immer dringlicheren Warnungen unserer Partner ignorieren und unsere langfristigen Interessen und unsere Sicherheit kurzfristigen Gewinnen einiger weniger, wenn auch wichtiger Unternehmen unterordnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Es geht uns nicht darum, Streit zu suchen. Aber wir lassen auch niemanden allein, wenn Staaten durch Drohungen, Provokationen und Gesetze, durch Sanktionen und Militärmanöver eingeschüchtert werden sollen. Wir wollen noch enger an die Staaten in der Region rücken, die unsere Partner für Demokratie und Menschenrechte sind, an diejenigen, die gemeinsam mit uns internationale Regeln verteidigen und globale Probleme lösen wollen. Unsere Hand ist ausgestreckt, und das ist die zentrale Botschaft dieses Antrages.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat Markus Koob für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)