Rede von Dr. med. Paula Piechotta Zu Protokoll: Finanzausgleich und Stabilisierungsfonds

06.06.2024

Dr. Paula Piechotta (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Mit dem Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes 2024 und zur Änderung des Stabilisierungsfondsgesetzes werden eine Vielzahl Änderungen auf den Weg gebracht, um die Beschlüsse des Bundestages zu finanzieren. Drei Aspekte aus dem Gesetzeswerk möchte ich besonders hervorheben:

Erstens geht es um Änderungen, Länder und Kommunen bei den Kosten zu entlasten, die die Aufnahme von Geflüchteten mit sich bringt. Statt der bestehenden starren Pauschale wird ab diesem Jahr eine Prokopfpauschale gezahlt, deren gesamte Höhe sich an den Zahlen der Asyl-Erstanträge bemisst. Pro Asylerstantragsteller sollen Länder und Kommunen mit einer jährlichen Pauschale in Höhe von 7 500 Euro vom Bund entlastet werden. Das heißt in Summe, dass die Länder für das Jahr 2024 einen Abschlag von 1,75 Milliarden Euro erhalten, der im Rahmen einer Abrechnung im Folgejahr auf der Grundlage der tatsächlichen Anzahl von Asylerstanträgen verrechnet wird.

Dass der starre Festbetrag durch eine Prokopfpauschale ersetzt wird, war ein wichtiges grünes Anliegen. Mit dieser atmenden Regelung erhalten die Kommunen Planungssicherheit. Gleichzeitig richtet sich die Finanzierung am tatsächlichen Zuzug von Geflüchteten aus. Natürlich wird es nach Beschluss des Gesetzes wichtig sein, dass die Länder die Bundesgelder den Kommunen zügig und ohne Abzüge weiterleiten.

Zweitens geht es um die Finanzierung der kommunalen Wärmeplanung in Ergänzung des Gesetzes für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze, welches der Bundestag Ende 2023 beschlossen hat. Mit diesem Gesetz wurde Planungs- und Investitionssicherheit für die Kommunen geschaffen. In großen Städten soll es bis Sommer 2026 Klarheit über die Wärmeplanung geben, in kleineren Kommunen bis Sommer 2028. Die Wärmeplanung leistet einen zentralen Beitrag zur Erreichung von Klimaneutralität bei der Wärmeversorgung bis spätestens zum Jahr 2045.

Allein durch die Pauschalen für Geflüchtete und die Entlastung der Länder bei der Wärmeplanung ergeben sich für das Jahr 2024 einmal mehr Mindereinnahmen des Bundes bei der Umsatzsteuer in Höhe von 600 Millionen Euro und entsprechend Mehreinnahmen seitens der Länder in gleicher Höhe. In den Jahren 2025 bis einschließlich 2028 ergeben sich weitere jährliche Mindereinnahmen des Bundes und Mehreinnahmen der Länder bei der Umsatzsteuer in Höhe von jährlich 100 Millionen Euro.

Der dritte wesentliche Aspekt der Änderung des Finanzausgleichsgesetzes betrifft den Länderfinanzausgleich – genauer: die Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen „wegen überdurchschnittlich hoher Kosten politischer Führung“. Diese Zuweisungen erhalten kleinere Länder vom Bund, um ihren überdurchschnittlichen Prokopfkosten Rechnung zu tragen. Anlass für die Änderung ist die turnusmäßige Überprüfung der Voraussetzungen für die Vergabe dieser Sonderzuweisungen. Die Änderungen werden den Bund gegenüber dem gesetzlichen Status quo jährlich um maximal rund 125 Millionen Euro belasten.

Diese zahlreichen Entlastungen der Länder sind richtig. Gleichzeitig belasten sie den Bund in schwieriger Haushaltslage. Der Bund hat in den vergangenen drei Jahrzehnten kontinuierlich Umsatzsteueranteile an die Länder, einschließlich der Gemeinden, abgegeben und damit seinen Anteil um fast 20 Prozentpunkte reduziert. Dieses Geld fehlt dem Bund. Angesichts der großen neuen Aufgaben in den primären Zuständigkeitsbereichen des Bundes werden wir hier mittelfristig eine neue Balance der Mittel für Bund und Länder finden müssen. Es ist eine sich ausweitende Schieflage entstanden dadurch, dass die Einnahmen der Länder steigen und ihre Schulden zum Teil sinken, die Verschuldung des Bundes jedoch steigt. Herausforderungen wie klimaneutraler Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft, Stärkung gesellschaftlicher Resilienz in Krisenzeiten oder Verbesserung der Verteidigungsfähigkeit müssen wir weiter angehen und dafür die finanzpolitischen Spielräume im Bundeshaushalt neu schaffen.