Rede von Sabine Grützmacher Zu Protokoll: Digitaler Euro

04.07.2024

Sabine Grützmacher (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Bis auf eine einzige Fraktion hier – bei einer der Gruppen kann ich leider nicht einschätzen, wie sie zum Antrag steht; sie ist ja nie da – sind wir uns einig: Keine eigene digitale Währung auf den Weg zu bringen, können wir uns mit Blick auf europäische Souveränität nicht leisten. Die Forderung nach einer Selbstverpflichtung der Bundesregierung gegenüber dem Parlament widerspricht unserer Auffassung nach aber den Grundsätzen unserer repräsentativen Demokratie, in der die Bundesregierung von den gewählten Abgeordneten legitimiert wird und nicht umgekehrt.

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Notwendigkeit eines Gegengewichts gegen außereuropäische Zahlungsdienstleister. Wir bezahlen alle zunehmend digital, doch geschäftlich dominieren Visa- und Mastercard, während im privaten Bereich oft PayPal genutzt wird – allesamt keine europäischen Zahlungsdienstleister. Hier brauchen wir eine digital souveräne europäische Lösung. Ein digitaler Euro würde uns die Möglichkeit geben, eine unabhängige und sichere Alternative zu den dominierenden außereuropäischen Akteuren zu schaffen.

Von rechts höre ich Verschwörungserzählungen, dass das Bargeld abgeschafft werden solle, doch das Gegenteil ist der Fall. Die Europäische Kommission hat in ihrem Paket erstmals den Vorschlag gemacht, eine Annahmepflicht für Bargeld festzuschreiben – etwas, das es bisher nicht gab. Die Behauptungen in den sozialen Medien, die suggerieren, dass das Bargeld abgeschafft werden könnte, sind absurd. Die Europäische Kommission macht genau das Gegenteil und stärkt den Status des Bargelds als gesetzliches Zahlungsmittel.

Aber wir dürfen die Augen nicht vor den Entwicklungen im Bereich der digitalen Zahlungsmittel verschließen. Private Akteure und große Wirtschaftsunternehmen versuchen, alternative Zahlungsmittel auf Blockchainbasis zu schaffen. Dies wäre ein Rückschritt; denn Blockchains sind nicht privat, erlauben keine anonymen Zahlungen und schaffen Überwachungsmöglichkeiten. Stattdessen brauchen wir eine kooperative Gestaltung des digitalen Euros, die auf Offenheit und Transparenz setzt.

Die AfD versucht mit ihrem Antrag, die Schaffung eines digitalen Euros zu verhindern – wenn ich dafür ein nettes, freundliches Wort finden müsste, dann dieses: kurzsichtig. Genauso wenig, wie „das Internet“ nur eine Phase ist und wir schon bald zu den Faxgeräten zurückkehren werden, wird der Bedarf nach digitalen Zahlungsmitteln zurückgehen. Wir haben also die Wahl zwischen aktiver Mitgestaltung einer europäischen Lösung oder Duldung der nichteuropäischen Lösungen.

Mitgestaltung, das heißt Beteiligung von Zivilgesellschaft und Fachleuten sowie die Sicherstellung größtmöglicher Transparenz von Anfang an. Noch ist technisch nicht entschieden, wie genau der digitale Euro funktionieren soll. Daher fordere ich hier vor allem den Einsatz von Open Source, Privacy by Design und Security by Design. Hier ist noch ein großer Gestaltungsspielraum, den unsere Kolleginnen und Kollegen in Brüssel nutzen sollten.

Es gibt noch viel zu verhandeln, zum Beispiel in Bezug auf Offline- und Onlinezahlungen, anonyme oder personenbeziehbare Zahlungen, technische Details und welche Akteure in der Bankenwelt welche Aufgaben übernehmen werden. Ich möchte hier meine Kollegen in Brüssel dazu auffordern, bei jedem dieser Entwicklungsschritte und bei jeder dieser Entscheidungen größtmögliche Transparenz walten zu lassen sowie die digitale Zivilgesellschaft einzubinden. Ein solches Vorgehen schafft Vertrauen und stellt sicher, dass der digitale Euro im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger gestaltet wird.

Lassen Sie uns gemeinsam an einer Zukunft arbeiten, in der wir die Vorteile digitaler Zahlungsmittel nutzen können, ohne uns abhängig zu machen von außereuropäischen Zahlungsdienstleistern.