Rede von Dr. Franziska Krumwiede-Steiner Zu Protokoll: Arbeitszeiten

06.06.2024

Dr. Franziska Krumwiede-Steiner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Nur weil man Dinge immer wieder sagt, werden sie nicht richtiger, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU. Sie finden, dass die Coronapandemie etwas Gutes gebracht hat, und das seien flexiblere Arbeitszeitmodelle. Das sehen wir aus familienpolitischer Perspektive anders: Die Lockdowns und die Quarantänen haben Familien jedes bisschen an Flexibilität genommen. „Flexibel“ mit Kindern von zu Hause zu arbeiten, bedeutet, in einer Zoom-Konferenz zu sitzen, parallel dazu dem großen Kind die Aufgaben zu erklären, während das kleinere Kind den Vorratsschrank ausräumt und alles auf dem Boden verteilt. Die wenigsten Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmer waren während und auch nach der Pandemie flexibel. Das, was Sie als Flexibilität bezeichnen, war für die meisten Stress.

Wir sehen, dass Corona vor allem Erschöpfungssymptome hervorgebracht hat. Immer mehr Arbeit muss zur gleichen Zeit vollbracht werden und das ausgerechnet in sozialen Berufen auch noch mit weniger Personal. Wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gezwungen sind, „flexibel“, das heißt, zu jeder Tages- und Nachtzeit zu arbeiten, wird Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu einem unerreichbaren Ziel.

Sie schreiben, dass eine individuelle Arbeitszeiteinteilung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie helfen würde. Aber ich frage Sie: Verstehen Beschäftigte unter einer individuellen Arbeitszeiteinteilung, dass sie endlich 10, 12 oder 14 Stunden am Tag arbeiten dürfen? Und wären sie glücklich, wenn ihr Arbeitgeber sie 4 Tage die Woche für 12 Stunden am Tag einteilt? Wer eine Ausweitung und Entgrenzung der Arbeitszeit fordert, sollte dies auch so nennen und das nicht unter dem Trojanischen Pferd der „Flexibilisierung“ verstecken.

Und der sollte auch beantworten, wie wir echte Vereinbarkeit ermöglichen, wie wir die Kinderbetreuung ausbauen und die Erzieherinnen und Erzieher entlasten, wie wir Eltern am Arbeitsplatz vor Kündigungen nach der Elternzeit schützen oder davor, dass sie bei Beförderungen übergangen werden.

Das alles packen wir als Ampel an: Wir investieren in Kitas, wir investieren in die Ganztagsbildung, damit Mütter nicht während oder nach der Kita wieder in Teilzeit wechseln müssen, weil ihr Kind nachmittags keinen Platz in OGS, Hort oder Krippe hat. Wir haben die Fachkräftestrategie und das Chancen-Aufenthaltsrecht auf den Weg gebracht, um das Fachkräftepotenzial zu heben.

Für Vereinbarkeit von Beruf und Familie braucht es vieles, aber keine Entgrenzung der Arbeitszeit. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.