Rede von Dr. Zoe Mayer Wolf

Zoe Mayer MdB
05.06.2024

Dr.-Ing. Zoe Mayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle Jahre wieder – oder besser: alle Monate wieder – reden wir hier über das Thema „Abschuss des Wolfes“. Ich könnte meine Rede vom letzten Mal eins zu eins wieder so halten; es würde niemandem auffallen. Denn tatsächlich geht es auch heute wieder nicht um eine wirkliche Lösung des Problems,

(Zuruf von der CDU/CSU)

sondern darum, zu spalten und so zu tun, als hätte man eine Lösung. Sie müssen doch einsehen: Wenn es darum geht, null Wolfsrisse zu haben, dann funktioniert das nur, indem wir null Wölfe haben. Und das widerspricht unserem Artenschutz, egal was wir am Schutzstatus ändern.

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Haben Sie mal mit den Tierhaltern gesprochen?)

Wir müssen die Ängste der Weidetierhalter/-innen ernst nehmen. Das tun wir aber nur, indem wir nachhaltige Lösungen anbieten. Die ganzen Argumente sind heute schon in der Debatte gefallen. Wir müssen irgendwie dahin kommen, mehr über den konsequenten Herdenschutz zu reden. Wir müssen über mehr Forschung reden, um die Koexistenz zwischen dem Wolf und unseren Weidetieren letztlich zu stärken.

(Henning Otte [CDU/CSU]: Forschung?)

Und wir müssen auch über die Weidetierprämie reden. Die Union hat sich, wenn es um eine Kompensation geht,

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Immer mit Geld bezahlen! Die wollen einfach nur ihre Tiere halten und Sicherheit haben!)

die den Landwirtinnen und Landwirten wirklich hilft, immer ganz fein zurückgehalten.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Was mich an dieser Debatte heute wahnsinnig wütend macht, ist, dass die CDU/CSU-Fraktion immer mit dem Tierschutz argumentiert: Man muss den Wolf schießen, um Tiere zu schützen. – Das ist fern der Debatte und hat eine gewisse Polemik. Wenn es der Union wirklich darum gehen würde, Tierschutz zu betreiben, dann müsste sie ihren Blick darauf richten, wo Tiere tatsächlich leiden. Und das ist nun mal unsere Massentierhaltung.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Klaus Mack [CDU/CSU]: Sie haben von der Realität keine Ahnung!)

Schauen wir es uns mal an: Im Jahr 2022 gab es 4 000 Wolfsrisse. Allein die Zahl der Tiere, die nur in der Ferkel- und Sauenhaltung frühzeitig sterben und nicht mal das Schlachtalter erreichen – also das Alter, in dem wir die Tiere töten, weil wir sie essen wollen, ähnlich wie der Wolf –,

(Lachen des Abg. Peter Beyer [CDU/CSU] – Henning Otte [CDU/CSU]: Sie vernichten Weidetiere durch Ihre Politik!)

beträgt 1 Million. Das ist ein komplettes Unverhältnis.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Dünnes Eis! Ist das schlecht!)

Das Thünen-Institut beziffert hier einen Schaden von 60 Millionen Euro für unsere Landwirtschaft. Das müssen wir in den Fokus nehmen. Das ist ein wirklich systematisches Problem.

Liebe Union, Ursula von der Leyen, Ihre Kommissionspräsidentin, hat auf EU-Ebene die Chance, wirklich konsequent etwas für den Tierschutz zu tun, nämlich das, was sich Millionen von Bürgerinnen und Bürgern in der EU wünschen. Der EU-Rat fordert wieder auf: Liebe Konservative, handeln Sie tatsächlich mal für den Tierschutz! Das ist Ihr Auftrag. Sie haben ganz viel angekündigt in dieser Legislaturperiode. Gekommen ist natürlich gar nichts.

Deswegen finde ich: Wer wirklich über Tierschutz reden will, muss erst mal liefern und sollte erst dann authentisch über das Thema dieser Debatte weiterreden.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Jürgen Braun [AfD]: Tierrechte statt Menschenrechte, ja? Und Weidetiere sind ohne Rechte! Völlig irre!)