Rede von Jürgen Kretz Wolf

05.06.2024

Jürgen Kretz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für etwa 150 Jahre lebte der Wolf nicht mehr in Mitteleuropa. Naturfilmer mussten nach Nordamerika oder Osteuropa fahren, um Wölfe in der Wildnis filmen zu können. Doch Wölfe haben nicht deshalb in der Wildnis überlebt, weil sie nur dort gute Lebensbedingungen haben, sondern weil dort keine oder nur wenige Menschen sind, die sie verfolgen.

Anders in Europa: Hier war der Wolf ausgerottet worden. Ihn einfach aus dem Weg zu räumen, war ein historischer Irrtum. Die Bedeutung des Wolfes für das Ökosystem hatte man jahrzehntelang völlig verkannt.

Der Wolf hat bei uns auch eine Daseinsberechtigung, und deshalb ist es eine gute Nachricht für den Naturschutz, dass er zurück ist. Wölfe regulieren unter anderem Bestände von Rehen und Hirschen und verhindern, dass sie junge Pflanzen fressen. Das ist ein wichtiger Beitrag für das Ökosystem.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen lehnen wir eine Wiederausrottung des Wolfes, die manchmal gefordert wird, oder eine generelle Begrenzung der Anzahl der Tiere ab. Unser Ziel ist es, durch konkrete Maßnahmen die langfristige verträgliche Koexistenz von Mensch und Wolf zu sichern.

(Klaus Mack [CDU/CSU]: Dann macht doch mal!)

Dafür brauchen wir einen guten Herdenschutz. Das zentrale Problem durch die Rückkehr des Wolfes sind Risse bei Weidetieren, wie wir hier schon ausführlich diskutiert haben. Es ist wissenschaftlich belegt, dass der Herdenschutz das Entscheidende ist, um Risse zu verhindern. Es ist wichtig, die Weidetierhaltenden besser als bisher dabei zu unterstützen, zum Beispiel durch die finanzielle Förderung von Herdenschutzmaßnahmen sowie durch frühzeitige Beratung, und auch in Regionen, wo bislang noch keine Wölfe existieren, brauchen wir diese Beratung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Henning Otte [CDU/CSU]: Und was machen wir da, wo zu viele sind?)

Zur Wahrheit gehört aber auch: Wenn Wölfe gelernt haben, Herdenschutzmaßnahmen zu überwinden, ist ein Abschuss leider alternativlos. Denn sonst wird dieses Verhalten an den Nachwuchs weitergegeben.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat im Dialog mit den Bundesländern ein neues Verfahren zur schnelleren Entnahme von entsprechenden Wölfen erarbeitet, das heute hier auch schon erwähnt wurde. Mit dieser geplanten Neuregelung ist es jetzt in Regionen mit gehäuften Rissen möglich, sehr zügig und weniger bürokratisch schon nach dem ersten Riss eine Abschussgenehmigung zu erteilen.

(Henning Otte [CDU/CSU]: Kein einziger Abschuss ist erfolgt, kein einziger, null! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU – Gegenruf des Abg. Carsten Träger [SPD]: Kein einziger Riss!)

Der Wolf hat es nicht auf den Menschen abgesehen. Bitte hören Sie mit Ihren Märchen auf, mit denen Sie unnötig Ängste schüren! Damit meine ich auch Sie, liebe Union, ganz speziell. Was wir jetzt brauchen, ist eine gute Aufklärung der Bevölkerung. Wir setzen auf gute Informationspolitik, um Ängste abzubauen und diese nicht noch unnötig anzuheizen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Durch Ihre Politik entstehen Ängste!)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Für die FDP-Fraktion hat nun die Kollegin Ulrike Harzer das Wort.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)