Rede von Tabea Rößner Verbraucherschutz

Foto von Tabea Rößner MdB
04.07.2024

Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schön, dass wir hier mal richtig heftig zum Verbraucherschutz diskutieren,

(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Genau! Finden wir auch!)

gerade auch über den digitalen Verbraucherschutz. Das Thema kommt häufig zu kurz, obwohl es angesichts der immer größer werdenden Herausforderungen im Netz wichtig ist.

Sie schreiben in Ihrem Antrag – erster Satz –, dass in einer immer komplexer werdenden Welt die Bedeutung von Verbraucherschutz stetig zunehme. Ich glaube, dem können wir alle voll und ganz zustimmen. Nur, ehrlich gesagt, habe ich ein Engagement der Union für Verbraucherschutz bisher überhaupt nicht wahrgenommen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Armand Zorn [SPD]: Richtig! So ist es!)

Ein schönes Beispiel – Sie haben es angesprochen – ist die erste Forderung in Ihrem Antrag, betreffend die Telekommunikationsmindestversorgungsverordnung, also das Recht auf einen leistungsfähigen Internetzugang. Gestern haben die Koalitionsfraktionen im Digitalausschuss beschlossen,

(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Gestern, genau! Gestern, nicht letztes Jahr!)

dass das Verfahren zur Feststellung einer Internetunterversorgung deutlich vereinfacht und Informationsangebote dazu ausgebaut werden. In jedem Rathaus sollen Infobroschüren dazu ausliegen.

Zudem sollen die Mindestbandbreiten angehoben werden. Eine deutlich stärkere Anhebung wäre möglich gewesen, wenn die unionsgeführte Bundesregierung den Ausbau der digitalen Infrastruktur nicht jahrelang allein dem Markt überlassen hätte.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Sie sind seit drei Jahren im Amt!)

Erstaunlicherweise hat die Union unserem Entschließungsantrag nicht zugestimmt. Erklären Sie mir das mal! Der Unterschied ist: Sie fordern, wir machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Klar ist: Viele Entscheidungen – Herr Reichel, Sie haben einige erwähnt – werden in Brüssel getroffen, auf EU-Ebene.

(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Ich habe nur welche, die hier getroffen werden, erwähnt!)

Und Herr Ullrich, da Sie die E-Privacy-Verordnung angesprochen haben: Das hat doch die Bundesregierung unter Ihrer Führung damals blockiert; die kam doch nicht.

(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Was machen Sie hier?)

Es ist ja auch sinnvoll, dass vieles im europäischen Binnenmarkt geregelt wird. Auch dort muss das Machtverhältnis zwischen den Verbraucherinnen und Verbrauchern und den Unternehmen angegangen werden.

Deshalb haben wir das Thesenpapier, das meine Kollegin Linda Heitmann schon angesprochen hat, erstellt,

(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Ein „Thesenpapier“! Super!)

weil wir die Verbraucher/-innen in die Lage versetzen müssen, selbstbestimmt und sicher im Netz unterwegs zu sein. Ohne relevante Informationen, beispielsweise über Geschäftsmodelle, haben Verbraucher/-innen schlechte Karten. Hier würde zum Beispiel eine Beweislastumkehr, die die Verbraucher/-innen in ihren Rechten gegenüber Onlinehändlern nachhaltig stärkt, helfen. Davon ist in Ihrem Antrag aber überhaupt nicht die Rede.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir brauchen Fairness by Design; denn es gibt Geschäftsmodelle, die mit KI und Big Data individuelle Angebote auf die Verbraucher zuschneiden und dabei manipulative Designs nutzen. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden.

(Dr. Astrid Mannes [CDU/CSU]: Aha! Hört! Hört!)

Wir brauchen faire Bedingungen, also Benutzeroberflächen, die keine Suchtgefahr bergen oder Kaufentscheidungen beeinflussen oder Abos im Hintergrund automatisch verlängern, ohne dass man das will.

Also: Unterstützen Sie unsere Ideen für ein Fair by Design. In Ihrem aktuellen Positionspapier „Impulse für die künftige EU-Agenda …“ wird Verbraucherschutz nicht einmal erwähnt.

(Armand Zorn [SPD]: Hört! Hört!)

Daher können Sie mit diesem Antrag sicher nicht punkten.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Ich schließe die Aussprache.