Rede von Markus Kurth Renten in Ostdeutschland

Foto von Markus Kurth MdB
27.06.2024

Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am letzten Wochenende bin ich mit einem Freund und meinem Sohn mit dem Fahrrad von Berlin aus zur Uckermärkischen Seenplatte gefahren. Das ist eine wunderbare Landschaft in Brandenburg, wie es so viele wunderbare Gegenden in den neuen Bundesländern gibt; früher hießen sie so, denn so neu sind diese Bundesländer gar nicht mehr.

Aber nicht nur die Landschaft ist schön, diese Gegenden sind auch wirtschaftlich stark. Wir haben rund um Dresden Halbleiter- und Elektronikcluster, über Deutschland hinaus bekannt als „Silicon Saxony“. Wir haben in Thüringen bekannte Firmen wie Jenoptik, Schott, Wacker Chemie, Carl Zeiss. Wir haben in Leipzig einen Automobilcluster mit Zulieferern, Autofirmen, Ingenieurbüros mit 20 000 Mitarbeitern, die knapp 2 Milliarden Euro Umsatz machen. Das heißt, da sind auch richtige Schwergewichte. Ich wünsche mir, dass wir über die Bundesländer Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern endlich einmal positiv reden und in dem Zusammenhang nicht immer nur von struktureller Benachteiligung sprechen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP und des Abg. Max Straubinger [CDU/CSU])

Dass wir dort endlich wirtschaftlich starke Zentren und Anker haben, schlägt sich natürlich auch im Lohngefüge nieder. Ich habe mir mal das Pro-Kopf-Einkommen in mehr als 400 Kreisen und kreisfreien Städten angesehen. Die Städte und Kreise in den neuen Bundesländern sind nicht in der Spitzengruppe vertreten, aber sie liegen beim Pro-Kopf-Einkommen ganz ordentlich im Mittelfeld, im unteren Mittelfeld. Es verbietet sich, pauschal über das Gebiet der früheren DDR oder den Osten zu reden. Die Situation dort ist längst viel differenzierter.

Wenn wir in der Tabelle mal nach ganz unten schauen, dann sehen wir, dass unter den 25 Städten mit dem niedrigsten Pro-Kopf-Einkommen 7 Ruhrgebietsstädte sind, leider. Diese Städte haben insgesamt 2,1 Millionen Einwohner; das entspricht der gesamten Einwohnerzahl von Thüringen. Wie soll ich die Höherbewertung der Einkommen im Osten den Leuten in diesen Städten – in Dortmund ist mein Wahlkreis – denn erklären? Darum finde ich es plump, holzschnittartig und viel zu einfach, wenn man eine Forderung für den gesamten Osten erhebt, obwohl das Bild längst vielfältiger und differenzierter ist.

An dieser Stelle nenne ich noch eine weitere Zahl. Dem Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit – diesen habe ich mir auch angeguckt – ist zu entnehmen, dass beispielsweise ein Kfz-Mechaniker in Leipzig mit 4 670 Euro mehr verdient als ein Kfz-Mechaniker in Frankfurt mit 4 160 Euro oder ein Kfz-Mechaniker in Düsseldorf – durchaus nicht die wirtschaftsschwächste Stadt von Nordrhein-Westfalen –, der nur 3 730 Euro verdient. Das heißt, dieses pauschale Über-einen-Kamm-Scheren, noch dazu verbunden mit dem Versuch, den Menschen in Ostdeutschland einzureden, sie würden benachteiligt oder hätten etwas Minderwertiges, ist keine vernünftige Politik.

(Max Straubinger [CDU/CSU]: So ist es! Genau!)

Wir von der Ampel stärken mit unserer Strukturpolitik, etwa mit der Förderung der Ansiedlung einer großen Chipfirma, den Osten Deutschlands und sorgen dafür, dass diese Bundesländer noch stärker werden.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Für die AfD-Fraktion hat das Wort Ulrike Schielke-Ziesing.

(Beifall bei der AfD)