Rede von Sascha Müller Rente

Sascha Müller MdB
28.06.2024

Sascha Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren mal wieder über den Fachkräfte- bzw., besser gesagt, Arbeitskräftemangel. Beim Lesen der AfD-Anträge, die dieser Debatte zugrunde liegen, finde ich es ja schon lustig, wie die AfD krampfhaft versucht, ihre Lebenslügen auszublenden und mit aktionistischen Anträgen zu kaschieren.

Natürlich geht es eigentlich wieder einmal um ihr Triggerthema, nämlich die Migration.

(Bernd Rützel [SPD]: Klar!)

Sie schreibt in Bezug auf den Fachkräftemangel von einem angeblich – Zitat – „wenig erfolgreichen Weg der forcierten Zuwanderung“ als Mittel der Arbeitskräftegewinnung. Dabei ist doch klar: Wir werden unseren Arbeitskräftemangel nicht ohne Zuwanderung lösen. Wer etwas anderes propagiert, der agiert schlichtweg wirtschaftsfeindlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])

Fakt ist, dass alle Branchen hierzulande unter diesem Arbeitskräftemangel leiden. Bereits heute sind circa 1,8 Millionen Stellen vakant. In zehn Jahren könnte diese Zahl wegen der Demografie noch um einiges gestiegen sein. All das blenden Sie bewusst aus. Selbstverständlich ist auch klar: Wenn ich mir die Zahl von 400 000 Menschen jährlich ansehe, die wir laut Prognosen benötigen, damit dieses Land weiter am Laufen gehalten werden kann, dann muss ich sagen: Das ist ambitioniert. – Wer aber meint, wie Sie es tun, dass wir ohne Zuwanderung einen guten Lebensstandard in Deutschland halten können, der lebt eben weiter seine Lebenslüge und streut vielen Menschen Sand in die Augen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Nun zu Ihrem Vorschlag – ich komme zum Inhalt; davon ist bisher viel zu wenig die Rede gewesen –, für Rentnerinnen und Rentner mit Hinzuverdienst einen Steuerfreibetrag in Höhe von 12 000 Euro einzuführen. Im April haben wir hier einen Antrag von Ihnen diskutiert, in dem Sie noch einen Grundfreibetrag in Höhe von 14 000 Euro für alle gefordert hatten. Dazu, was Sie dann mit dem existierenden Altersentlastungsbetrag machen wollen, findet sich in Ihrem Antrag auch kein Wort. So richtig aus einem Guss scheint mir Ihre Steuerpolitik nicht zu sein.

Was brauchen wir eigentlich?

Als Erstes fällt mir ein, dass wir Fehlanreize abbauen sollten, die einer höheren Erwerbstätigkeit von Frauen im Wege stehen, auch steuerlich, und beispielsweise die Kinderbetreuung weiter ausbauen sollten.

(Beifall des Abg. Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und natürlich: Es kann auch nicht schaden, wenn wir Anreize zum längeren Arbeiten oder auch Hinzuverdienen geben –

(Matthias W. Birkwald [Die Linke]: Ja! Ja!)

Anreize geben, wohlgemerkt, nicht pauschal das Renteneintrittsalter erhöhen.

(Matthias W. Birkwald [Die Linke]: Richtig!)

Einen nicht unbeträchtlichen Anreiz gibt es schon: den Zuschlag auf die erworbenen Rentenpunkte um 0,5 Prozent für jeden Monat des Weiterarbeitens. Es liegen zudem einige bedenkenswerte Vorschläge auf dem Tisch, wie wir längeres Arbeiten für die, die das wollen und können, attraktiver machen können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Linken)

Dabei müssen wir – und das betone ich mit Nachdruck – sehr darauf achten, dass jene, die schlicht nicht länger arbeiten können, nicht abgehängt werden. Auch dazu steht in Ihrem Antrag kein einziges Wort.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der Linken)

Die Ampel hat hier geliefert. Ab Montag erhalten rund 3 Millionen Menschen, die schon länger Erwerbsminderungsrente beziehen, nach langem Warten endlich einen Zuschlag.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Matthias W. Birkwald [Die Linke]: Ja, aber die sind zu gering!)

Ihr Antrag dagegen hat nur das Ziel, krampfhaft eine der wichtigsten Lösungen für unseren Arbeitskräftemangel auszublenden. Ich glaube nicht, dass er uns inhaltlich wirklich weiterbringt. Wir werden ihm nicht zustimmen können.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Markus Herbrand hat das Wort für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)