Andreas Audretsch MdB
13.06.2024

Andreas Audretsch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mehr als 25 Jahre nachdem das Postgesetz in Kraft getreten ist, modernisieren wir es jetzt, weil es deutlich in die Jahre gekommen ist. Wir haben jetzt E-Mails, wir haben Messengerdienste, und viel Kommunikation, gerade die kurzfristige Kommunikation, läuft nicht mehr über den Brief. Trotzdem ist es von größter Bedeutung, dass der Brief sicher kommt, dass er rechtzeitig kommt, dass die Zustellung verlässlich ist und dass das vor allem zu erschwinglichen Preisen passiert. Genau das schaffen wir mit dieser Reform. Die Preise werden unter dem EU-Durchschnitt liegen, und das erreichen wir dadurch, dass wir jetzt etwas verändern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Die Preise sinken, und die Dinge werden besser, wenn Wettbewerb auf Märkten herrscht. Deswegen sorgen wir mit diesem Gesetz auch dafür, dass wir mehr Wettbewerb haben, zum Beispiel, indem marktbeherrschende Unternehmen von nun an ihre Verträge der Bundesnetzagentur offenlegen müssen, damit andere sehen können, was los ist, und es einfacher ist, in den Markt einzusteigen. Das sorgt dafür, dass wir mehr Wettbewerb haben, und das sorgt auch dafür, dass wir am Ende bessere Leistungen haben.

Und: Wir senken die CO2-Emissionen um 80 Prozent, indem wir umstrukturiert haben, sodass die Post die Routen jetzt einfacher planen kann. Die Nachtflüge können nach 63 Jahren wegfallen. Damit schützen wir das Klima und sorgen gleichzeitig dafür, dass wir günstige Preise haben und die Post verlässlich kommt. Das ist der neue Rahmen, den wir für die Post und für die anderen Betriebe in diesem Zusammenhang setzen, und das ist ein wichtiger Schritt nach vorne in dieser Zeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Eine Sache ist mir besonders wichtig bei dem, was wir heute machen. In den vergangenen Jahren haben wir gesehen, dass die Paketbranche immer größer geworden ist. In dieser Paketbranche herrschen unreguliert verheerende Bedingungen für die Menschen, die dort arbeiten und uns die Pakete täglich an die Haustür bringen.

Paketzusteller werden ausgebeutet; es geht um fristlose Kündigungen und unzählige Überstunden, die nicht bezahlt werden. Es geht darum, dass unter dem Mindestlohn bezahlt wird; das ist gängige Praxis in der Paketbranche. Es grassiert Organisierte Kriminalität. Es geht um Bereicherung, Schwarzarbeit. – Und alles auf dem Rücken von Menschen, die harte Arbeit leisten und dafür sorgen, dass wir unsere Pakete kriegen, die wir beim Onlinedienst irgendwo bestellen! Genau das gehen wir jetzt mit viel Verve an. Das werden wir in der Form, wie wir es im Moment auf dem Markt sehen, beenden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Sie haben sicher noch die Zeit vor Augen, als die Branche der Schlachthöfe so stark in den Medien war. Damals waren Hunderte an Corona infiziert. Damals haben dort Überstunden zur Regel gehört. Damals waren schlechte Wohnungen und unzumutbare Lebensbedingungen die Situation. Damals wurde agiert und in Nordrhein-Westfalen und dann im Bund dafür gesorgt, dass Werkverträge und Leiharbeit in dieser Branche verboten sind.

Jetzt machen wir den nächsten Schritt. Wir gehen die nächste Branche an, sorgen auch dort für faire Arbeitsbedingungen und räumen mit all dem auf, was wir in der Branche sehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP])

Erster Punkt dabei: Wir starten bei den einzelnen Personen. Wer täglich schwere Pakete schleppt, der macht sich den Rücken kaputt. Deswegen regeln wir jetzt, dass Pakete, die über 20 Kilogramm schwer sind, von zwei Leuten getragen werden müssen, weil wir die Gesundheit und den Rücken von jedem Einzelnen sehen, der in dieser Branche arbeitet

(Zurufe von der CDU/CSU)

und dafür sorgen muss, dass am Ende die Pakete eben auch in den fünften Stock kommen.

Wir schauen uns zum einen die Gesundheit der einzelnen Personen an; wir gehen aber auch – zweiter Punkt – das gesamte System an. Deswegen gilt künftig: Wer Pakete ausfahren will, der muss sich bei der Bundesnetzagentur lizenzieren lassen. Dabei wird auf Schwarzarbeit geprüft. Dabei wird auf Steuerhinterziehung geprüft. Dabei wird auf widrige Arbeitsbedingungen geprüft. Und wer an dieser Stelle nicht sauber ist, der kann nicht in den Markt eintreten. Das ist die Barriere. Wir prüfen ganz am Anfang, und wer das nicht erfüllen kann, der kommt nicht in den Markt rein – eine ganz klare Barriere, eine Schranke gegen Schwarzarbeit, eine Schranke dagegen, dass die Ausbeutung in diesem Sektor weitergeht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Daneben führen wir etwas Neues ein: eine digitale Form der Arbeitszeitkontrolle. Jeder kennt das: Jeder weiß, wann das Paket ankommt. Wir kriegen es minutengenau aufs Handy: Noch einen Stopp oder noch zwei Stopps, und dann ist es da. – Diese Daten nutzen wir künftig; das haben wir hier in den parlamentarischen Verhandlungen noch reingebracht. Wir nutzen sie, um künftig zu prüfen, ob es faire Arbeitszeiten gibt, ob die Arbeitsentgelte korrekt sind, ob ein Datenabgleich da ist, und auch, um Sozialabgaben anzuschauen. Das müssen die Subunternehmer plausibel machen.

Die auftraggebenden Unternehmer werden daran gemessen, und wenn sie die Anforderungen nicht erfüllen – sie müssen das kontrollieren –, dann gibt es Bußgelder. Das bedeutet, dass an dieser Stelle am Ende auch eine scharfe Sanktion steht. Wer auf diesem Markt glaubt, mit Ausbeutung von Menschen und schlechten Arbeitsbedingungen Geschäfte machen zu können, dem schieben wir hier einen klaren Riegel vor. Wir haben die Bußgelder in den Verhandlungen noch mal erhöht. 50 000 Euro: Das ist das, was jetzt dort zur Debatte steht.

Das heißt, wir starten am Anfang –

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Herr Kollege.

Andreas Audretsch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– mit Lizenzierungen, und wenn die Arbeitsbedingungen nicht eingehalten werden, prüfen wir am Ende, wie wir an der Stelle sanktionieren. Wir schaffen einen Postmarkt, in dem zukünftig auch gute Arbeitsbedingungen herrschen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Hansjörg Durz hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)