Rede von Maik Außendorf Menschenrechte in Lieferketten

Mail Außendorf MdB
13.06.2024

Maik Außendorf (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen und Gäste! Möchten Sie, dass Ihre T-Shirts, Ihre Hemden in Asien in einsturzgefährdeten Fabriken von Kindern unter zwangsarbeitsähnlichen Bedingungen zu Hungerlöhnen gefertigt werden?

(Ottmar Wilhelm von Holtz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Spahn schon!)

Nein, ich möchte das nicht. Und deswegen haben wir ein Lieferkettenschutzgesetz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Jens Spahn [CDU/CSU]: Weiß Herr Habeck davon? – Gegenruf des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und was macht die Union? Ihre Kollegen im Europäischen Parlament haben gegen das europäische Lieferkettengesetz gestimmt. Hier haben Sie vor ein paar Jahren ein Gesetz verabschiedet, dass Sie jetzt wieder zurückrollen wollen. Sie machen eine Rolle rückwärts bei einem wichtigen Thema, dem Schutz der Menschenrechte weltweit. Und das ist ein Muster: Das Gleiche machen Sie beim Klimaschutz. Ihre Kommissionspräsidentin hat dafür gesorgt, dass es auf europäischer Ebene ein Verbrennermotor-Aus gibt. Was machen Sie? Sie fordern, das wieder zurückzudrehen. Zurück in die 90er-Jahre pur: Das ist CDU heute.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Martin Rosemann [SPD] – Jens Spahn [CDU/CSU]: Wir folgen nur dem Wirtschaftsminister!)

Herr Spahn, ich muss Sie an einer Stelle korrigieren: Sie haben gesagt, die Berichtspflichten seien das Kernstück des Lieferkettengesetzes. Nein, die Berichtspflichten sind ein Vehikel, ein Hilfsmittel, um den Unternehmen zu helfen, ein Risikomanagement aufzubauen und das zu dokumentieren. Darum geht es im Wesentlichen.

(Zuruf des Abg. Dr. Yannick Bury [CDU/CSU])

Deswegen ist es auch gut so, dass Robert Habeck vorgeschlagen hat, in Zusammenhang mit der europäischen Richtlinie diese Berichtspflichten zu harmonisieren, um Mehrfachbelastungen zu verhindern; darum geht es.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Nee, das hat er nicht gesagt! – Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Pausieren!)

Wir haben das hier jetzt mehrfach dargestellt – mein Kollege Wolfgang Strengmann-Kuhn hat es Ihnen mehrfach erklärt –, und trotzdem wiederholen Sie die falsche Erzählung, dass Robert Habeck das Gesetz aussetzen wollte. Das stimmt so einfach nicht!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Doch! Hat er gesagt! Wahrscheinlich der Grund, warum er gar nicht da ist!)

Worum geht es? Es wurde ja schon weit ausgeholt heute im Laufe der Debatte. Es geht um den Schutz von Mensch und Umwelt innerhalb der Lieferkette. Es geht aber auch darum, dass Menschen, die im Globalen Süden arbeiten, unter menschenwürdigen Bedingungen arbeiten, zu guten Löhnen arbeiten, kurz: teilhaben an der globalen Gesellschaft mit dem Ausblick auf Wohlstand. Und das – das sollte Sie auch interessieren – bekämpft auch Fluchtursachen.

Ja, bei der Umsetzung gibt es Schwierigkeiten; das sehen wir auch. Wir hatten im Wirtschaftsbeirat eine interessante Diskussion. Da hat eine mittelständische Unternehmerin den prägnanten Satz gesagt: Wer einen Konzern als Kunden hat, der braucht keine Behörden mehr. – Denn das ist ein Grundproblem bei der Umsetzung: dass Konzerne die Berichtspflichten an KMU weiterreichen, obwohl das ja laut Gesetz gar nicht vorgesehen, sondern im Gegenteil sogar – auf europäischer Ebene jedenfalls – unterbunden wird. Das ist auch ein Punkt, bei dem wir die Unternehmen und die Unternehmensverbände auffordern, doch für eine Harmonisierung zu sorgen und damit aufzuhören, kleinen Bäckereien, die den Großkonzernen Brötchen liefern, oder Caterern telefonbuchdicke Fragebücher zu schicken. Das muss bitte aufhören.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Was haben wir schon gemacht? Wir haben die Berichtspflichten von Juli auf Dezember verschoben, und wir haben zugesagt, dass wir uns damit beschäftigen, wie wir diese Berichtspflichten harmonisieren, vereinfachen, bürokratiearm umsetzen.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: „Pausieren“, war die Ankündigung!)

Denn darum geht es: um Verwaltungsqualität, um eine gute Umsetzung. Dann ist es für die Unternehmen auch gut handhabbar.

Ich komme zum Schluss. Es geht darum, Menschen und Umwelt ebenso wie die verantwortlich wirtschaftenden Unternehmen in unserem Land zu schützen vor denen, die das nicht tun.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Herr Kollege, Sie kommen zum Ende, bitte.

Maik Außendorf (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Da entstehen nämlich Wettbewerbsunterschiede, da entsteht ein ungerades Level Playing Field, und diese verantwortlich wirtschaftenden Unternehmen wollen wir auch schützen. Das machen wir mit diesem Gesetz, und deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Jens Spahn [CDU/CSU]: „Wirtschaftsminister allein zu Haus“, würde ich sagen!)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Das Wort hat Klaus Ernst für das BSW.

(Beifall beim BSW)