Rede von Denise Loop Kosten der Kinder- und Jugendhilfe

Denise Loop
28.09.2022

Denise Loop (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute den Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung der Kostenheranziehung von jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe. Worum es bei der Kostenheranziehung geht und wie viele junge Menschen davon betroffen sind, haben die Ministerin und auch einige Kolleginnen und Kollegen hier schon sehr ausführlich dargelegt. Sie haben genau erklärt, was das für die einzelnen jungen Menschen in der Jugendhilfe bedeutet.

Dass wir, nachdem in der letzten Wahlperiode schon eine Absenkung auf 25 Prozent erfolgte, erneut über dieses Thema sprechen, haben wir nicht zuletzt auch den Jugendlichen und jungen Menschen selbst zu verdanken. In Selbstorganisation und Vereinen organisiert, haben sie zu Recht nicht lockergelassen und immer wieder eindrücklich und anschaulich erklärt, wie sie durch die Kostenheranziehung benachteiligt werden – auch neulich bei einer Veranstaltung hier im Bundestag. Ich könnte Ihnen von vielen betroffenen jungen Menschen erzählen, die ich als Jugendamtsmitarbeiterin vor meinem Mandat betreut habe. Ihre Geschichten sind ganz unterschiedlich; aber gemeinsam haben sie, dass es nicht ihr Verschulden ist, dass sie nicht in ihrer Herkunftsfamilie aufwachsen können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

In Hilfeplangesprächen, in denen mit den jungen Menschen gemeinsam über ihre Zukunft gesprochen wird, wurde mir oft die Frage gestellt: Frau Loop, warum soll ich denn überhaupt eine Ausbildung machen, wenn das Gehalt eh wieder abgegeben werden muss? Das ist doch ungerecht. – Und ja, das ist es. Deswegen werden wir die Kostenheranziehung für junge Menschen, junge alleinerziehende Mütter und Väter, die in Einrichtungen der Jugendhilfe leben, abschaffen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Für uns steht die Selbstbestimmung der jungen Menschen im Vordergrund. Wir müssen ihre Handlungsspielräume stärken, gerade in den unsicheren Phasen der Übergänge von Schule hin zu Studium oder Ausbildung, beim Auszug und bei den Schritten in ein eigenständiges Leben. Gerade junge Menschen, die nicht in ihrer Herkunftsfamilie aufwachsen können, brauchen zuverlässige und sichere Unterstützung. Der Staat hat hier eine Verpflichtung, diese sicheren Rahmenbedingungen für junge Menschen zu gewährleisten.

Bei der Veranstaltung hier im Bundestag mit den jungen Menschen, die in den Einrichtungen der Jugendhilfe oder Pflegefamilien aufgewachsen sind, wurde die berechtigte Frage gestellt: Würde man so mit den eigenen Kindern umgehen? Würden wir ihnen ein Viertel ihrer hart erarbeiteten Einkünfte abnehmen? Ich denke, die Antwort ist klar: Das würden wir nicht. Deshalb werden wir es auch nicht bei den jungen Menschen tun, die in Wohngruppen oder in Pflegefamilien aufwachsen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich freue mich auch sehr auf die Beratungen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Für die CDU/CSU hat das Wort Anne Janssen.

(Beifall bei der CDU/CSU)