Melis Sekmen MdB
06.06.2024

Melis Sekmen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute rede ich an erster Stelle als Abgeordnete meiner Heimatstadt Mannheim. Es gibt wenige Ereignisse, die sich so tief und so schmerzhaft in das Gedächtnis einer Stadtgesellschaft einprägen werden. Diese Tat geht uns ans Herz, und Sie können sich vorstellen, dass dort mit einem ganz besonderen Blick auf diese Debatte hier geschaut wird.

Wir können den Schmerz von Rouvens Angehörigen und Kollegen nicht nehmen. Wir können handeln. Die Frage ist nicht, ob wir es tun, sondern, wie wir es tun und mit welcher Geschwindigkeit wir es tun. Polizeibeamte wissen genau, dass sie in gefährliche Situationen kommen können, in denen sie in Bruchteilen von Sekunden Entscheidungen treffen müssen. Wenn Sie als Polizistin, als Polizist live miterleben, wie Ihr Kollege, wie Ihr Freund so unerwartet, so brutal von einem Islamisten niedergestochen wird und das Ganze auch noch im Netz ausgestrahlt wird, dann macht das nicht nur was mit der Bevölkerung, die das sieht, sondern das macht auch was mit der Polizeifamilie. In diesen Uniformen stecken Menschen. Wir werden ein paar Tage darüber sprechen; aber sie tragen es ihr ganzes Leben lang mit sich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Allein diese Tatsache verpflichtet uns, unsere Worte in dieser Debatte klar und achtsam zu wählen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Mannheim ist eine offene Stadt. Bei uns leben Menschen aus über 160 Nationen. Es gibt unterschiedliche Religionen, und die Hälfte der Mannheimer hat einen Migrationshintergrund. Diese Vielfalt ist unsere Normalität; wir kennen das gar nicht anders. Wir zeigen, wie man mit dieser Unterschiedlichkeit in Frieden und in einem respektvollen Miteinander leben kann; denn bei uns achtet jeder die Religions- und Meinungsfreiheit des anderen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Außer die Islamisten!)

Und das, was da passiert ist, das ist nicht unser Mannheim.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Zurufe von der AfD)

Aber wissen Sie, was das eigentliche Problem in diesem Land ist – und die Politik, also wir, sind Teil dieses Problems? Wir können in diesem Land zu bestimmten Themen wie „Islamismus“, „Integration“ oder „Zuwanderung“ keine Debatten führen, ohne Menschen dabei in Schubladen zu stecken. Und dann wundern wir uns, warum Populisten in diesem Land eigentlich so einen Zuspruch bekommen.

Ich habe mir parteiübergreifend die Kommentare nach dem Vorfall in Mannheim durchgelesen.

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Besser nicht!)

Der eine sagt: „Schluss mit falscher Toleranz“, der andere sagt: „Wir brauchen endlich ehrliche Debatten.“ Da frage ich mich: Ja, was machen wir denn die ganze Zeit? Es gab doch immer wieder Stimmen aus den demokratischen Reihen, die auf die Gefahren des Islamismus aufmerksam gemacht haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Christoph de Vries [CDU/CSU])

Diese Stimmen müssen aber aus der Mitte dieses Hauses und nicht immer von einigen wenigen kommen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Das sind keine Stimmen, sondern Taten! Dieses Gelaber ändert gar nichts!)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Melis Sekmen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Für diese Debatten braucht es auch keine politisch korrekte Sprache. Wer Respekt und Anstand hat und ein bisschen Menschenverstand besitzt, –

(Stephan Brandner [AfD]: … der wählt nicht die SPD und die Grünen schon mal gar nicht!)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Kommen Sie bitte zum Schluss!

(Beatrix von Storch [AfD]: Genau! Kommen Sie mal zum Schluss! Es reicht jetzt!)

Melis Sekmen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– bei dem kann in diesen Debatten auch was Gescheites herauskommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zuhören, Realitäten benennen und handeln!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Robert Farle ist der nächste Redner.

(Zurufe)

– Ich bitte um Ruhe im Plenarsaal.