Rede von Dr. Kirsten Kappert-Gonther Gesundheitsversorgung in der Kommune

Foto von Kirsten Kappert-Gonther MdB
28.06.2024

Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! 10 bis 20 Jahre kürzer ist die Lebenserwartung von Menschen mit schweren und chronischen psychischen Erkrankungen. Ich finde, das muss uns kümmern. 18 Millionen Menschen in Deutschland sind derzeit psychisch krank. Das sind etwa so viele Menschen, wie insgesamt in Nordrhein-Westfalen leben. Und die Tendenz ist steigend; seelische Erkrankungen nehmen zu.

Die Klimakrise und unsere Lebenswelten haben übrigens einen direkten Einfluss auf unsere seelische Gesundheit. Auch darum müssen wir alles daransetzen, dass unsere Welt jetzt und für künftige Generationen gesund bleibt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Die Versorgungslandschaft kann dem steigenden Bedarf vielerorts schon jetzt nicht mehr ausreichend begegnen. Mit dem Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz ergreifen wir nun erste Maßnahmen, um die psychotherapeutische Versorgung zu verbessern.

Kinder und Jugendliche sind von den aktuellen Krisen besonders betroffen. Psychische Erkrankungen entstehen bei fast der Hälfte der erkrankten Erwachsenen schon im Kindes- und Jugendalter. Deshalb ist es so wichtig, dass wir gesundheitsfördernde Lebenswelten schaffen und dass erkrankte Kinder und Jugendliche schnell Hilfe bekommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Mit diesem Gesetz schaffen wir nun die Grundlage, um die psychotherapeutischen Kapazitäten für Kinder und Jugendliche auszubauen. Zudem schaffen wir auch die Grundlage dafür, die psychotherapeutische Versorgung von schwer psychisch- und suchterkrankten Menschen zu verbessern. Die Reform der Bedarfsplanung sollte übrigens folgen.

Entstigmatisierung und niedrigschwellige, passgenaue Hilfen, beides ist für Betroffene notwendig. Darum bringen wir ganz konkrete Vorschläge für weitere Verbesserungen in die parlamentarischen Beratungen ein.

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Liebe Frau Kappert-Gonther, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Frau Vogler?

Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ja, klar. Gerne.

Kathrin Vogler (Die Linke):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Vielen Dank, Frau Kollegin, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich finde das alles richtig, auch wenn es natürlich lange nicht ausreichend ist. Aber Sie haben ja selber gesagt: Das sind erste Schritte zur Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung in diesem Land. – Da kann man bei allem mitgehen.

Meine Frage ist nur: Was machen wir jetzt eigentlich mit der Finanzierung der Weiterbildung für die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten? Ich finde, da gibt es noch eine dicke Leerstelle im Gesetzentwurf. Heute haben die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten wieder vor diesem Haus demonstriert, um auf die Notwendigkeit der Finanzierung der Weiterbildung hinzuweisen. Approbierte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten brauchen nach dem Universitätsabschluss gut ausfinanzierte Weiterbildungsmöglichkeiten, um dann in absehbarer Zeit dem riesigen Bedarf dieser Menschen, dieser Kinder und Jugendlichen, der schwer psychisch Kranken in diesem Land, gerecht werden zu können.

Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank, Frau Kollegin Vogler, für diese Frage. – Sie haben recht mit Ihrer Beobachtung, dass psychotherapeutische Bedarfe in Zukunft steigen werden. Sie haben auch recht mit der Beobachtung, dass es bei der Finanzierung der Weiterbildung dringenden Handlungsbedarf gibt, um die Versorgung in Zukunft zu sichern, um für den steigenden Bedarf in Zukunft ausreichend Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zur Verfügung zu haben.

In diesem Gesetzentwurf haben wir schon erste Schritte vorgesehen, zum Beispiel was die Weiterbildungsambulanzen anbelangt

(Alexander Föhr [CDU/CSU]: Das löst das Problem nicht!)

und deren Möglichkeiten, mit den Kassen direkt zu verhandeln. Das sind erste sehr wichtige Schritte, und das ist ausdrücklich gut. Ich stimme Ihnen aber zu: Da braucht es noch deutlich mehr Butter bei die Fische. Wir müssen im parlamentarischen Verfahren noch deutlich nachsteuern, um die Weiterbildung und damit den Versorgungsbedarf der Zukunft abzusichern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Darüber hinaus werden wir in den parlamentarischen Beratungen konkrete Vorschläge für weitere Verbesserungen einbringen. Wir wollen psychiatrischen Kliniken mehr Flexibilität für die Behandlung ermöglichen. Das Globalbudget ist in Modellprojekten ja bereits sehr gut erprobt. Es macht die Behandlung, die Outcomes für die Patientinnen und Patienten besser, wenn unbürokratisch entschieden werden kann, ob die Behandlung stationär, teilstationär, ambulant, auch in Form von Home Treatment erfolgt. Und die psychiatrischen Institutsambulanzen sollten gestärkt werden.

Lassen Sie uns also gemeinsam dafür Sorge tragen, Lebensjahre und Lebensqualität für Menschen mit psychischen Erkrankungen zurückzugewinnen! Ein gutes Hilfesystem für Menschen in seelischen Krisen hilft: Es hilft den Betroffenen, es hilft uns als Gesellschaft, und es hilft auch unserer Demokratie. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Emmi Zeulner für die Unionsfraktion ist die letzte Rednerin in der Debatte.

(Beifall bei der CDU/CSU)