Rede von Prof. Dr. Armin Grau Gesundheit

Prof. Dr. Armin Grau MdB
06.06.2024

Dr. Armin Grau (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gut, dass wir die Gelegenheit haben, über die Gesundheitsversorgung zu reden. Es ist richtig: Die finanzielle Lage vieler Krankenhäuser ist kritisch. Und wir haben ein Fachkräfteproblem. Viele Praxen finden keinen Nachfolger. Ja, die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung ist teilweise gefährdet. Aber unser Gesundheitswesen steht nicht kurz vor dem Kollaps, wie Sie von der Linken behaupten. Das ist wirklich Panikmache.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Aber genau weil wir so große Probleme geerbt haben, handeln wir ja jetzt mit ganz hohem Tempo und bereiten viele große Reformen vor,

(Johannes Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! Wir machen was!)

wie die Krankenhausreform und das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz. Wir haben eine lange Phase der Überbetonung der Ökonomie in weiten Teilen unseres Gesundheitswesens hinter uns. Dabei ist das Gesundheitswesen Teil der Daseinsvorsorge. Im Krankenhauswesen haben die Fallpauschalen Fehlanreize gesetzt und zu unnötigen Mengenausdehnungen auf der einen Seite und zu bestimmten, lukrativen Leistungen auf der anderen Seite geführt. Das ist weder im Interesse der Patientinnen und Patienten noch des Krankenhauspersonals.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deswegen bekommen die Krankenhäuser jetzt fallzahlunabhängige Vorhaltepauschalen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Fallpauschalen brauchen dabei nicht, wie Die Linke es fordert, komplett abgeschafft zu werden; aber ihnen wird jetzt ihr gefährlicher Zahn gezogen, das Hamsterrad wird angehalten. Die Krankenhausplanung wird auf Leistungsgruppen mit Qualitätsvorgaben zum Nutzen der Patientinnen und Patienten beruhen. Mit sektorübergreifenden Versorgungszentren verknüpfen wir ambulante und stationäre Behandlung und sichern die flächendeckende Versorgung gerade im ländlichen Raum.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Durch eine vermehrte Ambulantisierung können wir das knappe Fachpersonal viel effizienter einsetzen. Die Reform ist Medizin für die kranken Kliniken und wirkt einer kalten Strukturbereinigung entgegen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Heike Baehrens [SPD] und Dr. Andrew Ullmann [FDP])

Das BSW legt nahe, die Reform – die es noch nicht mal gibt – sei die Ursache der Krankenhausprobleme und eines der Ziele der Reform sei eine Privatisierung der Krankenhäuser. Das ist eine ganz skurrile Verdrehung, muss man sagen.

(Johannes Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unsinn!)

Überhaupt ist der Antrag des BSW in seiner gedanklichen Schlichtheit und Ignoranz völlig entlarvend.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Heike Baehrens [SPD] und Dr. Andrew Ullmann [FDP])

Ziel der Krankenhausreform ist eine Weiterentwicklung der Krankenhauslandschaft ausgerichtet am Bedarf der Menschen vor Ort. Dazu gehört auch eine Reduktion von Betten und Standorten, wo Überversorgung besteht; die gibt es in Deutschland. In Deutschland werden viel zu viele Leistungen stationär erbracht, die anderswo längst ambulant erfolgen. Das ist auch nicht im Interesse der Menschen in unserem Land.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Christine Aschenberg-Dugnus [FDP])

Zur Krankenhausreform gehört aber auch ein Aufbau von Standorten in unterversorgten Regionen und eine Zentralisierung komplexer Leistungen, um hohe Qualitätsstandards sichern zu können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Zur ambulanten Versorgung. Die Hausärztinnen und Hausärzte sind wichtige Lotsen durch unser sehr komplexes Gesundheitswesen, in dem es oft an Steuerung fehlt. Wir stärken die Hausärztinnen und Hausärzte durch eine Entbudgetierung und durch Vorsorgepauschalen und schaffen freie Termine durch eine Abschwächung des Quartalsprinzips.

Sie von der Linken fordern interdisziplinäre medizinische Versorgungszentren, MVZ, in kommunaler Trägerschaft. Wir stärken die Möglichkeit der Kommunen, MVZ zu gründen. Aber wir können nicht den Kommunen am Reißbrett verpflichtend neue Aufgaben zuordnen, wie Ihr Antrag suggeriert.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Mit unserer Reform fördern wir Vernetzung und Kooperation statt Konkurrenz – das fordert Die Linke ja auch – und werten nichtärztliche Fachberufe auf. So können zum Beispiel sektorübergreifende Versorgungszentren von qualifizierten Pflegefachkräften geleitet werden.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Diese Koalition hat verstanden, dass unser Gesundheitswesen Reformen ganz dringend braucht, und handelt danach. Mit unseren Reformen sichern wir die Versorgung der Menschen in unserem Land flächendeckend ab.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Dr. Andrew Ullmann [FDP]: Die erste gute Rede heute Abend!)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Abgeordnete Kay-Uwe Ziegler für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)