Rede von Dr. Sebastian Schäfer Finanzausgleich und Stabilisierungsfonds

Dr. Sebastian Schäfer
04.07.2024

Dr. Sebastian Schäfer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetz verändern wir die Umsatzsteuerverteilung zugunsten der Länder, um für die Jahre 2024 bis 2029 unter anderem das Startchancen-Programm umzusetzen. Die finale Einigung von Bund und Ländern bei diesem Programm ist ein bildungspolitischer Meilenstein, für den wir als Grüne jahrelang gekämpft haben. Gemeinsam werden Bund und Länder in den nächsten zehn Jahren insgesamt 20 Milliarden Euro investieren, um circa 4 000 Schulen zu unterstützen, und zwar zielgenau dort, wo Unterstützung besonders notwendig ist. Jedes Kind muss die Potenziale, die es hat, vollständig entwickeln können. Das ist essenziell für eine gute Zukunft für unser Land.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Anikó Glogowski-Merten [FDP])

Was das vor Ort konkret bedeutet, darüber haben Wiebke Esdar und Bruno Hönel gerade ausführlich gesprochen. Aber, liebe Union, warum Sie vorgestern die Streichung des Startchancen-Programms gefordert haben und heute diesem Gesetz zustimmen, verstehe ich nicht und bezweifle, ob Sie das selber verstehen. Aber das müssen Sie wissen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Im Zusammenhang mit dem FAG-Änderungsgesetz stellt sich aber auch eine grundsätzliche Frage, nämlich die der Zukunftsfähigkeit des Föderalismus in unserem Land. Da bin ich mit der Philippika meines sehr geschätzten Kollegen Otto Fricke nur teilweise einverstanden.

(Florian Oßner [CDU/CSU]: Jetzt kommt der Konflikt in der Ampel auf!)

Die Haushaltslage vieler Länder und Kommunen ist dramatisch. Die Finanzierung der äußeren und der inneren Sicherheit, die Investitionsbedarfe bei der öffentlichen Infrastruktur, die Dekarbonisierung und nicht zuletzt die Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme vor dem Hintergrund des demografischen Wandels – diese großen Aufgaben werden wir nur gemeinsam, in der Zusammenarbeit von Bund und Ländern bewältigen können.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Länder und Kommunen können in der aktuellen Haushaltssituation oft maximal die Kernaufgaben finanzieren, und auch das ist schon schwierig, selbst in Baden-Württemberg. Für große Vorhaben wie die Umsetzung des Startchancen-Programms sind sie auf den Bund und entsprechende Mechanismen wie die temporäre Veränderung der Verteilung des Umsatzsteueraufkommens angewiesen, obwohl das natürlich eigentlich eine Länderaufgabe ist. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann fordert schon länger eine erneute Föderalismusreform. Auch der hessische Ministerpräsident Boris Rhein hat erst gestern dafür plädiert. Im Jahr 2009, bei der letzteren größeren Reform, stand vor allem die Einführung der Schuldenbremse im Mittelpunkt. Jetzt wird es Zeit für ein Update.

Wir brauchen endlich tragfähige, handfeste, verlässliche Lösungen für die Frage nach den Kompetenzen und der entsprechenden Finanzierung zwischen Bund und Ländern. Ständige Anpassungen der Umsatzsteuerverteilung können keine Dauerlösung sein. Wir schulden unseren Bürgerinnen und Bürgern Transparenz; die Verantwortlichkeiten müssen klar werden. Das ist nicht einfach, aber elementar für unsere Demokratie.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP – Otto Fricke [FDP]: Also, so weit war das nicht auseinander!)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Jetzt erhält das Wort Petra Nicolaisen für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)