Julian Pahlke MdB
07.06.2024

Julian Pahlke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Demokratinnen und Demokraten! Die Debatte hat wenig Überraschendes. Die AfD fordert, wie auch sonst, den ganz offenen Rechtsbruch; denn wenn sich die AfD mit irgendetwas auskennt, dann sind es offene Rechtsbrüche.

Wie wir alle wissen – auch unsere Bundesinnenministerin sagt es immer wieder –: Zurückweisungen sind europarechtswidrig. Es ist also illegal, Menschen die Möglichkeit für einen Asylantrag zu nehmen. Es ist auch praktisch schlüssig; denn ein Asylantrag kann erst gestellt werden, wenn ein Mensch deutschen Boden betreten hat. Er muss dann auch individuell geprüft werden.

Lassen Sie uns ganz kurz ein bisschen tiefer einsteigen. In Deutschland gilt Europarecht und damit auch das Dublin-Verfahren. Auch wenn am Ende eines solchen Verfahrens die Entscheidung fällt, dass ein Mensch in einen anderen EU-Staat zurücküberstellt werden muss, dann sind wir auch in Deutschland verpflichtet, die dazugehörigen Verfahrensregeln einzuhalten, zum Beispiel, dass ein Mensch klagen können muss. Das gehört sich so in einem Rechtsstaat und ist auch nur anständig und richtig.

Gerade wenn wir auf die Zustände zum Beispiel in Griechenland oder anderswo schauen, dann gehören solche Fälle vor ein ordentliches deutsches Gericht. Daher kann man niemandem, der oder die um Asyl ersucht, an der deutschen Außengrenze einfach sagen: Wir weisen dich ab. – Auch wenn manche das hier gerne hätten. So weit, so dumpf. Es ist ja immer noch ein Antrag der AfD. Da müssen wir unsere Erwartungen ein bisschen zurückschrauben.

Es wundert mich aber schon, wenn die Union dann im Grunde etwas ganz Ähnliches vorschlägt. Auf Ihrer Website – ich habe noch mal extra nachgeschaut – haben Sie eine Pressemitteilung aus dem Mai dieses Jahres, und da fordern Sie, Grenzkontrollen mit Zurückweisungen zu verbinden. Die Unterscheidung zur AfD habe ich auch heute gesucht, und die suche ich auch weiterhin. Vielleicht will sich auch von der Leyen bei der EU-Wahl von der AfD-Schwesterpartei, den Schwedendemokraten, gerade deswegen zur Kommissionspräsidentin wählen lassen. Deshalb sage ich: Augen auf an der Wahlurne.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber eine Hoffnung habe ich noch. Gerade die Union hat in den letzten Tagen immer wieder betont, welch wichtige Rolle die Polizei in Deutschland hat, dass die Beamtinnen und Beamten Respekt verdienen,

(Josef Oster [CDU/CSU]: Genau!)

weil Sie sich selbst auch immer wieder als Rechtsstaatspartei sehen. Absolut. Dann tun wir doch den Polizistinnen und Polizisten einen großen Gefallen und nehmen ihre Bedenken auch dieses Mal ernst. Die Gewerkschaft der Polizei – da werden Sie dahinterstehen – hat im September in einer Pressemitteilung geschrieben – da sagt die GdP –:

„Damit bestätigt das Urteil“

– des Europäischen Gerichtshofes –

„die Auffassung der Gewerkschaft der Polizei, dass Binnengrenzkontrollen kein geeignetes Mittel zur Regulierung von Asylantragszahlen sind“.

Ich bin mir sicher, dass Sie den Polizeibeamtinnen und -beamten auch jetzt den gebührenden Respekt entgegenbringen. Ich verlasse mich auf Sie.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Pahlke. – Nächster Redner ist der Kollege Stephan Thomae, FDP-Fraktion, der wieder etwas Ruhe in die Debatte bringt.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)