Rede von Dr. Kirsten Kappert-Gonther Bevölkerungsschutz
Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Methode Spahn hat wieder zugeschlagen: ambitioniert, lautstark, aber leider ohne das richtige Maß, wie Kinder, die Kochen spielen und dabei den guten Safran ebenso in der Suppe versenken wie eine im Garten gefundene Nacktschnecke. Diese Suppe müssen die Akteure des Gesundheitswesens jetzt auslöffeln.
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Was ist das denn für ein Vergleich?)
Es finden sich, Kollege, eine Reihe guter Zutaten in diesem zweiten Bevölkerungsschutzgesetz, die klar dem Gesundheitsschutz dienen, und das ist gut und richtig. Aber: Einige Regelungen verderben den ganzen Brei. In unserem grünen Entschließungsantrag können Sie sie nachlesen. Es ist beispielsweise nicht hinnehmbar, dass die Ermächtigung des BMG derart ausgeweitet wird und wichtige Entscheidungen an Bundestag und Bundesrat vorbei getroffen werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE])
Sie haben es ja gerade gesagt, Herr Minister, und auch ich finde, dass es richtig und wichtig ist, dass wir zusammenbleiben. Dann tun Sie es doch auch! Die pandemische Krise darf nicht zu einer Demokratiekrise werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE])
Es ist auch nicht zielführend, die Leistungen der Gesundheitsvorsorge jetzt zu reduzieren. Wenn Corona uns eines zeigt, dann, dass Gesundheit weit mehr ist als ein individuelles Geschehen, dann, dass Prävention – und das schließt klassische Gesundheitsförderung genauso ein wie weniger Feinstaub im Straßenverkehr und Naturschutz zur Vorbeugung von Zoonosen – dass diese Prävention sich auszahlt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir brauchen den finanziellen Schutzschirm für die Gesundheitsberufe. Warum aber schützen Sie nur einen Teil, und die anderen bleiben im Regen stehen? Die freiberuflichen Hebammen haben, wenn man das gesamte Leistungsspektrum von Schwangerschaftskursen bis Hausgeburten einbezieht, einen Verdienstausfall von 40 Prozent. Nehmen Sie die Hebammen, nehmen Sie die psychiatrische Pflege, die zurzeit massiv unter Druck ist, die zusätzliche Arbeit hat, aber sie wegen der Abstandsregelungen nicht so machen kann, wie es eigentlich notwendig wäre, nehmen Sie die Suchthilfe, nehmen Sie all diese Gesundheitsakteure endlich mit unter den Schutzschirm!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ihr Gesetz ist an mehreren Stellen nicht zu Ende gedacht. Sie hätten klarstellen müssen, dass der HIV-Status von Beschäftigten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber rein gar nichts angeht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
All diese Punkte wurden auch in der Anhörung von Expertinnen und Experten angesprochen. Da hätten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, deutlicher nachbessern müssen und nicht nur halbherzig. Das, was im vorliegenden Gesetz gut und richtig ist wie die europäische Solidarität und – endlich – die Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, bleibt auf halber Strecke stehen. Es sind einfach zu viele Kröten in der Suppe – leider.
(Ulli Nissen [SPD]: Ich dachte, das waren Schnecken!)
Darum werden wir Grüne uns enthalten. Guten Appetit!
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:
Martina Stamm-Fibich, SPD, hat als Nächste das Wort.
(Beifall bei der SPD)