Rede von Karoline Otte Aktuelle Stunde "Verdrängung auf dem Wohnungsmarkt"

Karoline Otte MdB
03.03.2023

Karoline Otte (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Eines vorangestellt: Es ist klar, was Sie von der AfD mit dieser Aktuellen Stunde bezwecken wollen, Titel „Verdrängung Einheimischer auf dem Wohnungsmarkt“.

(Marianne Schieder [SPD]: Ja!)

Sie versuchen hier so offensichtlich wie widerlich, Menschengruppen, Bevölkerungsgruppen

(Beatrix von Storch [AfD]: … gegeneinander auszuspielen!)

gegeneinander auszuspielen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Genau! – Marc Bernhard [AfD]: Sie tun es tatsächlich! Sie sorgen doch dafür, dass das passiert!)

Das ist schäbig und hilft niemandem.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Jetzt zur tatsächlichen aktuellen Herausforderung. Im letzten Jahr sind viele Menschen aus der Ukraine und anderen Teilen der Welt zu uns geflüchtet. Städte, Gemeinden, Landkreise und vor allem die Menschen vor Ort haben mit großer Kraftanstrengung Betten zum Schlafen organisiert, einen Platz zum Bleiben. Danke Ihnen dafür!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Knut Gerschau [FDP] – Zuruf des Abg. Karsten Hilse [AfD])

An vielen Orten sind Kapazitäten jetzt erschöpft. Es fehlt an Wohnungen, es fehlt an Kitaplätzen, es fehlt an Lehrer/-innen.

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Immerhin geben Sie es zu! Finde ich gut!)

Das sehen wir. Wir wissen, dass die Lage in den Kommunen ernst ist. Deshalb arbeiten wir gemeinsam – Bund, Länder und Kommunen – intensiv an Lösungen.

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Das sehen die Kommunen ein bisschen anders! – Marc Bernhard [AfD]: Wo sind die Wohnungen? – Zuruf des Abg. Karsten Hilse [AfD])

Was haben wir schon auf den Weg gebracht?

(Karsten Hilse [AfD]: Nichts! – Marc Bernhard [AfD]: Was denn?)

Der erste Flüchtlingsgipfel im Innenministerium hat dazu geführt – das wurde hier schon ausgeführt –, dass wir jetzt mit einem Dashboard arbeiten,

(Marc Bernhard [AfD]: Wo sind die Wohnungen?)

mit dem wir besser und schneller tagesaktuelle Informationen zum Migrationsgeschehen austauschen können.

(Marc Bernhard [AfD]: Wo sind die Wohnungen?)

In Zukunft soll der digitale Austausch mit den Kommunen noch ausgebaut werden. So haben wir Kapazitäten gegenseitig besser im Blick.

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Um einen Teilnehmer zu zitieren: Das ist Heuchelei!)

Die BlmA, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, geht hier den richtigen Weg, wenn sie konkret mit den Kommunen vor Ort, mit den Städten und Gemeinden Lösungen auf den Weg bringt.

(Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD] – Gegenruf der Abg. Hanna Steinmüller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist Ihnen das eigentlich nicht peinlich, die ganze Zeit reinzubrüllen? – Gegenruf von der AfD: Nein! – Gegenruf der Abg. Dagmar Andres [SPD]: Hören Sie mal zu! Da können Sie was lernen! – Gegenruf des Abg. Karsten Hilse [AfD]: Jetzt brüllen Sie doch hier mal nicht so rum!)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Also, zurzeit hat die Kollegin Otte hier überwiegend das Wort.

(Marianne Schieder [SPD]: Sollte so sein, ja! – Marc Bernhard [AfD]: Frau Steinmüller, haben Sie gehört?)

Karoline Otte (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich hoffe. – Aber noch zu oft funktioniert die Kommunikation hier nicht ausreichend gut.

(Marc Bernhard [AfD]: Es geht nicht um Kommunikation, sondern um Wohnungen!)

Es muss dringend nachgebessert werden, gerade wenn die BlmA nun auch eigene Immobilien für die Unterbringung von Geflüchteten herrichtet, was den Kommunen sehr helfen wird.

Klar ist aber auch: Bezahlbarer Wohnraum – das eigene Zimmer, Küche, Bad – ist gerade in unseren Großstädten knapp. Möglichkeiten, schnell zu bauen, wollen wir daher ausschöpfen. Bauen, so schnell wie Containerstapeln, nur schicker, nämlich serielles Bauen, wollen wir in den Fokus nehmen und fördern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Marianne Schieder [SPD] – Marc Bernhard [AfD]: Ach! Serielles Bauen wird doch nicht billiger!)

Wir brauchen sozialen Wohnraum, und dafür müssen wir vor Ort investieren. Aber der Wohnungsmarkt ist eine sich im Kreis drehende Dauerschleife: Vorne bauen wir neuen bezahlbaren Wohnraum, und hinten fallen Wohnungen aus der Sozialbindung raus. Deshalb wollen wir das kommunale Vorkaufsrecht stärken, und auch die neue Wohngemeinnützigkeit soll uns helfen, diesen ewigen Kreislauf endlich zu durchbrechen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Helge Lindh [SPD] und Rainer Semet [FDP] – Zurufe der Abg. Marc Bernhard [AfD] und Norbert Kleinwächter [AfD])

Was den Kommunen – neben menschenfeindlichen Reden der AfD – übrigens gar nicht hilft, ist Verantwortungsgeschacher zwischen Bund und Ländern. Man streitet sich über Geld und Unterkünfte, und die Kommunen müssen es am Ende richten. Das kann nicht sein. Deshalb ist es auch so wichtig, dass es inzwischen einen zweiten Flüchtlingsgipfel gab und dass jetzt in vier Arbeitsgruppen Bund, Länder und eben auch Kommunen gemeinsam weitere Lösungen diskutieren.

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Ich sehe die Wohnungen schon vom Himmel purzeln nach diesen ganzen Gipfeln!)

Hier wird auch übers Geld gesprochen; denn es kann nicht sein, dass bei der Frage „Wer soll das bezahlen?“ nur auf die Ministerpräsidentenkonferenz verwiesen wird, bei der die Kommunen ja nun gar nicht mit am Tisch sitzen. Ein Großteil des Geldes wird aber in den Kommunen ausgegeben. Gerade wenn Städte und Gemeinden jetzt Unterkünfte für Geflüchtete bauen, muss klar sein, dass sie mit den Vorhaltekosten nicht alleingelassen werden. Und auch mehr Geld für Integration muss Ergebnis der nächsten MPK sein.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Nicolaisen [CDU/CSU])

Wir sind herausgefordert. Die Krisen, die wir als Land gerade meistern müssen, sind vielfältig. Klar muss sein: Wir schützen die Menschenrechte, und das Recht auf Wohnen gilt für alle Menschen. Punkt!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf des Abg. Sebastian Münzenmaier [AfD])

Vizepräsidentin Petra Pau:

Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Rainer Semet das Wort.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)