Rede von Tessa Ganserer Aktuelle Stunde „Klimaschutzprojekte in China“

Tessa Ganserer
14.06.2024

Tessa Ganserer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Wir machen Klimaschutz nicht zum Selbstzweck, sondern weil die durch den Ausstoß von CO2 und anderen Treibhausgasen verursachte Erderhitzung immer größere Schäden verursacht, wie man jüngst bei den Überschwemmungen in Süddeutschland – in Bayern und Baden-Württemberg – gesehen hat, von denen ein Haufen Menschen betroffen war.

Um unsere Klimaschutzziele zu erreichen, muss eben auch der Verkehr seinen Beitrag leisten. Das muss geschehen, indem wir unnötigen Verkehr vermeiden, Verkehr auf umweltverträgliche Verkehrsträger wie die Schiene verlagern. Aber auch die Kraftstoffe müssen umweltfreundlicher werden. Dazu haben die Kraftstoffhersteller entsprechende Treibhausgasminderungsquoten zu erfüllen. Dafür standen und stehen verschiedene Erfüllungsoptionen zur Auswahl.

Die Möglichkeit der Anrechnung der sogenannten Upstream-Emission-Reduction-Projekte, kurz: UER, um die es heute geht, auf die Treibhausgasminderungsquote hat 2018 die Vorgängerregierung eingeführt, und das, obwohl das EU-Recht eine solche Anrechnung nicht zwingend vorgesehen hat.

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Ist gedeckelt auf 1,2 Prozent!)

Deswegen sage ich in Richtung Union: Kollege Hirte, seien Sie vorsichtig mit entsprechenden politischen Schuldzuweisungen.

(Zuruf von der SPD: Ja! – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Das Instrument an sich hätte konstruiert werden müssen!)

Denn wer, wie Sie in diesem Fall, selber im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Judith Skudelny [FDP] – Zurufe von der CDU/CSU)

– Seien Sie ruhig, jetzt rede ich.

(Daniel Rinkert [SPD]: Sehr gut!)

Das verlangt eigentlich der Anstand.

Doch nun zu den konkreten, im Raum stehenden Betrugsvorwürfen im Fall China. Glauben Sie mir: Wir nehmen diese wirklich sehr ernst. Denn sollten sich diese Vorwürfe – und danach sieht es leider aus – wirklich bewahrheiten, dann ist in mehrfacher Hinsicht Schaden entstanden. Schaden ist dann vor allem beim Klimaschutz und beim Vertrauen in Klimaschutzmaßnahmen entstanden.

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD] – Gegenruf des Abg. Daniel Rinkert [SPD]: Ganz ruhig!)

Auch die Behauptungen, es wäre monatelang nichts geschehen, muss man hier entschieden als Falschbehauptungen zurückweisen. Denn die in der Praxis von der Vorgängerregierung geerbten UER-Systeme haben sich als fehleranfällig und vor allem als sehr schwer kontrollierbar herausgestellt. Deswegen hat das Umweltministerium bereits im Februar,

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: „Bereits im Februar“?)

nachdem Ende letzten Jahres konkrete Hinweise auf Betrug vorlagen, einen Verordnungsentwurf veröffentlicht. Dann gab es die Verbändebeteiligung, die Beteiligung der Länder. Die Verordnung ist bereits letzte Woche in Kraft getreten.

(Mike Moncsek [AfD]: Nicht „bereits“, sondern nach anderthalb Jahren!)

Das Wichtigste ist also bereits geschehen. Wir beenden die von der Vorgängerregierung vererbten fehlerhaften Systeme,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Daniel Rinkert [SPD])

und zwar konsequent, zum Ende dieses Jahres.

Doch das reicht natürlich nicht aus. Jedem Betrugsvorwurf muss konsequent nachgegangen werden, und wir setzen uns auch dafür ein. Die Genehmigungsbehörde, das Umweltbundesamt, hat dafür eine eigene Arbeitsgruppe eingerichtet, um den Vorwürfen nachzugehen. Außerdem wurde bereits im Mai Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Berlin gestellt. Diese muss jetzt die Ermittlungen aufnehmen und gerichtsfeste Beweise liefern.

Wir müssen aber noch mehr tun. Wir müssen darüber hinaus nach vorne denken; denn allein ein Ende der UER-Zertifikate nützt dem Klima nichts. Und das tun wir bereits: Wir investieren in die Schiene, wir bauen den umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene aus. Wir haben mit dem Deutschlandticket für attraktive Preise bei den Öffis gesorgt. Und mit der Änderung der Siebenunddreißigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes haben wir Anreize für den Markthochlauf der Wasserstofftechnologie geschaffen und werden noch weitere Rahmenbedingungen schaffen, damit die dafür notwendigen Investitionen auch bei uns, hier im Land, getätigt werden.

Ich fasse zusammen und komme zum Schluss: Während die Union bei allen Klimaschutzmaßnahmen – aber wirklich bei allen – auf der Bremse steht

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: So ein Schmarrn!)

und die AfD – da sind wir eh nichts anderes gewohnt – nur grölen kann, handeln wir bereits und sind tätig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Und warum haben Sie dann das Klimaschutzgesetz aufgeweicht? Unser Klimaschutzgesetz haben Sie aufgeweicht! So viel zum Thema „Wir stehen auf der Bremse“! – Gegenruf des Abg. Daniel Rinkert [SPD]: Warum haben Sie dem Bundes-Immissionsschutzgesetz nicht zugestimmt?)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Für die FDP-Fraktion hat Judith Skudelny das Wort.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)