Rede von Nina Stahr Aktuelle Stunde „Kindertagesstätten“

Nina Stahr
09.02.2023

Nina Stahr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Erst vor Kurzem hat mir ein Erzieher hier aus Berlin, aus Charlottenburg-Wilmersdorf, geschrieben: Nehmen Sie den Bildungsort Kita genauso ernst wie den Bildungsort Schule. – Und er schrieb weiter, wie er mit seinen Kolleginnen und Kollegen alles dafür tut, trotz fehlender Fachkräfte die Kita offenzuhalten, jedes Kind gleichermaßen zu fördern und die Qualität der Kita aufrechtzuerhalten.

Wir hören seinen Appell, der exemplarisch ist für viele Kitas in diesem Land. Wir hören seinen Appell und setzen ihn um. Wir nehmen den Bildungsort Kita genauso ernst wie den Bildungsort Schule; denn hier werden die Grundlagen für den späteren Bildungserfolg und damit für ein selbstbestimmtes Leben gelegt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Unser Ziel: gute Chancen für Kinder von Anfang an.

Dieses Thema, die Verzweiflung der Erzieherinnen und Erzieher, weil sie einfach schon längst über dem Limit sind und den Kindern nicht mehr gerecht werden können, die Verzweiflung der Eltern, die ständig E‑Mails aus der Kita bekommen, dass heute die Kinder wieder früher abgeholt werden oder am besten gar nicht erst gebracht werden sollen, weil nicht genug Personal da ist – all das ist einfach zu ernst, um hier die Verantwortung zwischen Bund und Ländern immer nur hin- und herzuschieben. Liebe Linke und liebe Union, diese Haltung, sich dann einfach hierhinzusetzen und zu sagen: „Liebe Regierung, macht mal“, das ist mir echt zu wenig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Heidi Reichinnek [DIE LINKE]: Deswegen haben wir ja Vorschläge gemacht!)

Wir müssen hier alle gemeinsam an einem Strang ziehen, Bund und Länder. Als Bund tun wir das, was möglich ist. Ich möchte kurz drei Beispiele nennen: Zum ersten haben wir die ressortübergreifende Fachstrategie auf den Weg gebracht. Ricarda Lang hat das ausführlich ausgeführt.

Außerdem haben wir zweitens dank des Bürgergeldes jetzt Umschulungen für drei und eben nicht mehr nur für zwei Jahre möglich gemacht, sodass die Erzieherinnen und Erzieher leichter in den Quereinstieg gehen können.

Drittens nenne ich das KiTa-Qualitätsgesetz, mit dem wir die Länder mit 4 Milliarden Euro in den nächsten zwei Jahren unterstützen, um beispielsweise in Sprachförderung, Qualifikation von Fachkräften und die Entlastung von Kitaleitungen zu investieren und damit in Qualitätsentwicklung und bessere Arbeitsbedingungen. Denn klar ist: Gute Arbeitsbedingungen locken neue Fachkräfte und halten die guten, die wir schon haben. Das kommt am Ende denjenigen zugute, für die wir das alles tun, nämlich unseren Kindern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Diese Perspektive liegt allen eben aufgezählten Maßnahmen zugrunde, der Blick auf jedes einzelne Kind, aber auch der Blick jedes Kindes selber; denn nur, wenn wir Bildungspolitik vom Kind aus denken, dann können wir eine Politik machen, die den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen gerecht wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ein zentraler Baustein ist hier das Bündnis für die junge Generation. Es zeigt, dass wir den jungen Menschen zuhören, ihre Meinung ernst nehmen. Ich danke der Bundesfamilienministerin sehr, dass sie dieses Bündnis gegründet hat. Es ist umso wichtiger, da junge Menschen während der Coronapandemie auf vieles verzichtet und ihre Bedürfnisse hintangestellt haben. Dass ihre physische und psychische Gesundheit darunter gelitten hat und dass sie das Gefühl haben, mit ihren Bedürfnissen kaum wahrgenommen zu werden, zeigen aktuelle Studien. Deshalb sind wir umso mehr in der Pflicht, sie in den Blick zu nehmen.

Erst gestern – das ist auch schon mal erwähnt worden; und damit komme ich zum zweiten Beispiel, das zeigt, dass wir als Ampel die Bedürfnisse junger Menschen in den Mittelpunkt stellen – haben die Familienministerin und der Gesundheitsminister den Abschlussbericht zu den Auswirkungen von Corona auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen vorgestellt. Er zeigt: Der aktuelle Zustand der psychischen und physischen Gesundheit junger Menschen ist besorgniserregend. Gerade vor diesem Hintergrund nehmen wir unsere Verantwortung ernst, Bildungsorte wie Kita und Schule zu stärken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Was steht also am Ende dieser Debatte, meine Damen und Herren? Ein breit gefächerter Strauß der Bundesregierung mit kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung und zur Qualitätssteigerung in dem Bildungsort Kita. Für uns Bündnisgrüne ist auch der absolute Wille zentral, die Perspektive junger Menschen einzubeziehen, aus ihr zu lernen und aus dieser Perspektive zu denken.

Der Appell des Berliner Erziehers bleibt mir im Ohr. Wir nehmen den Bildungsort Kita ernst. Das treibt unsere Arbeit an: für gute Chancen im Leben für jedes einzelne Kind.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin Stahr. – Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.