Rede von Matthias Gastel Aktuelle Stunde "Bahn"

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05.07.2024

Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir stehen, was die Infrastruktur insgesamt angeht, insbesondere im Bereich der Bahn vor großen Herausforderungen. Ich bin sehr froh, dass wir als Koalition bereits sehr viel erreicht haben. Wir beschleunigen die Planung und den Ausbau der Schieneninfrastruktur. Wir haben mit der DB InfraGO AG die erste Strukturreform bei der Deutschen Bahn seit 30 Jahren unternommen und dieses Unternehmen am Gemeinwohl ausgerichtet. Wir haben die Anzahl von Schnittstellen, die zu Verlangsamungen bei Prozessen geführt haben, reduziert.

Wir finanzieren die Maßnahmen besser, indem wir dem Bund Optionen für die Mitfinanzierung von Infrastrukturinvestitionen eingeräumt haben. Das gilt beispielsweise für die Bahnhöfe, aber auch für die kleinen und mittleren Maßnahmen. 355 solcher Maßnahmen sind konkret geplant und werden jetzt auch umgesetzt. Viele sind schon realisiert worden, weitere stehen bevor. Das Schienennetz wird damit resilienter, die Pünktlichkeit verbessert.

Wir erschweren die Entwidmung von Eisenbahnflächen, damit sie für zukünftige Entwicklungen zur Verfügung stehen, und wir haben im Haushalt 2024 gegenüber dem Vorjahr die Investitionsmittel um 85 Prozent auf 17 Milliarden Euro im laufenden Jahr erhöht. So etwas hat es noch nie gegeben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Felix Schreiner [CDU/CSU]: Doch, davor! Davor war es auch schon so!)

Und ich sage: Das kam gerade noch rechtzeitig; denn hätten wir einen weiteren CSU-Bundesverkehrsminister,

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! Oh!)

würde der Rest der Infrastruktur zerbröseln, und die Pünktlichkeit wäre noch schlechter als heute.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Wir nehmen die Sanierung des Netzes in Angriff. Deswegen gibt es auch so viele Baustellen. Wir führen die Korridorsanierungen durch. Es gibt jetzt nicht mehr dieses Klein-Klein, hier ein bisschen, dort ein bisschen. Wir gehen in die Vollen.

(Zuruf des Abg. Dr. Jonas Geissler [CDU/CSU])

Wir werden danach auf den Hauptstrecken einen guten Infrastrukturzustand mit pünktlicheren Zügen haben. Und genau die Methodik, Maßnahmen zu bündeln, richtig ranzugehen, muss für das gesamte Netz gelten. Das muss nämlich überall in einen guten Zustand versetzt werden und darf nicht so bleiben, wie Sie es uns überlassen haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Wir müssen auch das Thema Aus- und Neubau ernst nehmen. Ich denke beispielsweise an die Digitalisierung der Schiene; mit dem Bundesschienenwegeausbaugesetz haben wir diese erleichtert. Projekte wie den Digitalen Knoten Stuttgart, dritte Ausbaustufe, müssen wir noch finanzieren; denn damit entsteht mehr Kapazität im Netz. Das Netz kann effizienter genutzt werden. Übrigens: Dort, wo schwer Personal zu finden ist, ist der Personalbedarf dann auch nicht mehr so hoch, wenn mehr digitalisiert ist.

(Felix Schreiner [CDU/CSU]: Wir haben die unpünktlichste Bahn aller Zeiten!)

Das alles muss verlässlich finanziert werden.

Das gilt auch für Elektrifizierung und auch, meine Damen und Herren – so ungerne das manche hören wollen –, für den Bereich des Neubaus; ich denke beispielsweise an die Strecken Hannover–Hamburg oder Hannover–Bielefeld. Bessere Kapazitäten und kürzere Fahrzeiten sind dringend notwendig, um die Bahn für die Fahrgäste attraktiver zu machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Henning Rehbaum [CDU/CSU]: Da steht aber die SPD quer!)

Dazu ist es jetzt notwendig, dass endlich Variantenvergleiche vorgelegt werden, damit wir diese bewerten und endlich entsprechend entscheiden können.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn ohne Entscheidungen über Aus- und Neubau gibt es keine Planung, und dann gibt es keinen Planungsvorrat. Deswegen müssen diese Entscheidungen getroffen werden.

(Henning Rehbaum [CDU/CSU]: Ja, wer regiert denn?)

Wir haben ein Netz, das teilweise mit 130 Prozent und mehr aus- und überlastet ist. Deswegen müssen wir das angehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich möchte noch das Thema Trassenpreissystem ansprechen. Hier haben wir eine völlig wilde Rechtsgrundlage vorgefunden. Man hat Ausnahmen vom EU-Recht gemacht, und dann wieder Ausnahmen von der Ausnahme. Das Ganze ist hochkomplex. Wenn wir mehr Geld in die Infrastruktur geben, dann steigt gleichzeitig die Schienenmaut.

(Michael Donth [CDU/CSU]: Nur wenn Sie es ins Eigenkapital geben!)

Es wird also teurer, mit Zügen zu fahren.

Wir haben zum Glück nicht die Situation, dass im nächsten Jahr weniger Züge fahren, aber ab 2026 ist die Situation wieder offen. Das ist die Zeit, die wir nutzen müssen: kurzfristig für 2025 eine Trassenpreisförderung, um das Ganze zu dämpfen. Ab dem Jahr danach brauchen wir eine Systematik, durch die es wieder attraktiver wird, mehr Züge aufs Gleis zu setzen, im Personen- wie auch im Güterverkehr.

Ich möchte auch noch sagen: Langsam liegen die Prognosen über die Entwicklung in der Zukunft vor. Wir stellen fest, dass das Deutschlandticket wirkt und das Homeoffice wirkt. Das führt dazu, dass auf der Schiene erhebliche Zuwächse zu verzeichnen sind, gerade auch bei den längeren Strecken, während beim Auto der Verkehr eher stagniert. Im Güterverkehr sind deutliche Zuwächse zu erwarten; teilweise werden auch auf der Straße mehr Lkws erwartet. Klar ist aber, dass Überlastungen auf der Schiene teilweise 24 Stunden am Tag bestehen, auf der Straße hingegen maximal an einzelnen Tagen. Deswegen muss der Schwerpunkt beim Aus- und Neubau im Bereich der Schiene liegen.

Meine Damen und Herren, wir haben viel erreicht: bessere Finanzierung und Strukturreform bei der Deutschen Bahn. Wir haben aber auch noch viel vor und wollen besser und verlässlicher finanzieren. Die Leute wollen Bahn fahren, Unternehmen wollen mehr Güter auf der Schiene transportieren, –

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollege!

Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– und dazu müssen wir ausbauen, müssen wir schneller werden. Aber vieles ist schon erreicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Für die FDP-Fraktion hat Valentin Abel das Wort.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)