Rede von Dr. Julia Verlinden Aktuelle Stunde "Bahn"

Foto von Julia Verlinden MdB
05.07.2024

Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle kennen seit Jahren „Störungen im Betriebsablauf“ oder „Verspätetes Personal aus vorheriger Fahrt“. Dahinter verbergen sich Herausforderungen, die gerade wieder mehr öffentliche Aufmerksamkeit bekommen, weil uns nun auch vermehrt die Beschwerden von europäischen Fußballfans erreichen,

(Henning Rehbaum [CDU/CSU]: So weit musste es kommen!)

dass unsere Bahn in ihrem jetzigen Zustand häufig kein verlässliches Angebot für pünktliches Reisen in diesem Land bietet. Das ist schade. Unsere Gäste sind verwundert über diese schlechte Infrastruktur.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn der EM-Turnierdirektor Philipp Lahm nicht pünktlich zum Anpfiff im Stadion sein kann, weil er noch „irgendwo in der Nähe von Solingen hängt“, dann geht es ihm so wie vielen Berufspendlerinnen und Berufspendlern sowie Urlaubsreisenden.

(Henning Rehbaum [CDU/CSU]: Die Außenministerin fliegt halt!)

Die Menschen im Land sind unzufrieden mit dem Angebot auf der Schiene. Wir, die Koalition, sind da natürlich längst dran und haben uns auf einen steinigen Weg gemacht.

(Jürgen Braun [AfD]: Frau Baerbock fliegt!)

Denn es gibt einen riesigen Berg von Versäumnissen der Vorgängerregierungen

(Jürgen Braun [AfD]: Für ihr Freizeitvergnügen!)

von Herrn Ramsauer, Herrn Dobrindt und Herrn Scheuer – allesamt CSU.

(Felix Schreiner [CDU/CSU]: Da war die Bahn noch pünktlich! Mittlerweile seid ihr bei 50 Prozent!)

Deswegen müsste die Beschwerdestelle für die Fahrgäste eigentlich die CSU-Parteizentrale sein und nicht die DB.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Schritt für Schritt arbeiten wir jetzt diesen Berg ab, um die Bahn wieder zu einer Bahn zu machen, die einfach funktioniert. Wir haben begonnen, die Finanzierung der Bahn zu verbessern: In den nächsten Jahren gibt der Bund so viel Geld für die Modernisierung der Schiene aus wie noch keine andere Regierung zuvor. Erstmals wird dabei mehr Geld in die Bundesschienenwege investiert als in die Bundesfernstraßen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Valentin Abel [FDP] – Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Was ein Fehler ist!)

Mit dem Bundesschienenwegeausbaugesetz zum Beispiel haben wir die Möglichkeit geschaffen, dass der Bund nun selbst in Unterhalt und Instandsetzung der Schienen, Bahnhöfe und die Digitalisierung der Schiene investieren kann. Aber, Herr Donth, Ihre Fraktion hat dagegengestimmt.

(Michael Donth [CDU/CSU]: Ja, natürlich! So was aber auch!)

Sie haben eben noch davon gesprochen, mehr zu investieren, haben aber gegen dieses Gesetz gestimmt.

(Michael Donth [CDU/CSU]: Dafür gibt es gute Gründe!)

Mit diesem Gesetz ist auch der Weg frei für die Korridorsanierung wichtiger Schienenverbindungen. Noch in diesem Monat startet mit der Riedbahn zwischen Frankfurt am Main und Mannheim die erste dieser umfassenden Sanierungen, die künftig Beeinträchtigungen und Baustellen auf Jahre verhindern sollen und zu mehr Pünktlichkeit führen werden.

(Michael Donth [CDU/CSU]: Fünf Monate! Anfangs hieß es zehn! Jetzt nur noch fünf!)

Außerdem haben wir auf Initiative unserer Fraktion den Einbau von Weichen und Überholgleisen gegen erhebliche Widerstände entbürokratisiert und beschleunigt. Auch das ist ein wichtiger Beitrag, dass wir mehr Pünktlichkeit bei der Bahn erreichen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Valentin Abel [FDP])

Und wir haben mit der Einrichtung der InfraGO, die hier auch schon Thema war, damit begonnen, die DB umzubauen, damit bei der Investition in Infrastruktur nicht mehr der Profit, sondern das Gemeinwohl im Fokus steht.

(Michael Donth [CDU/CSU]: Das spüren die Verkehrsunternehmen gar nicht!)

Das und ausreichende Investitionen sind wichtige Voraussetzungen auch für ein ausreichendes Angebot auf der Schiene und Voraussetzung dafür, dass keine Verbindungen gestrichen werden, weil sie sich rechnen müssen. Das Trassenpreissystem, also die Maut auf der Schiene, muss deswegen auch reformiert werden. Ich bin sicher, Kollege Matthias Gastel wird dazu noch ausführen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Isabel Cademartori Dujisin [SPD])

All diese Maßnahmen, die wir als Koalition schon auf den Weg gebracht haben, werden nicht von heute auf morgen Zugausfälle, Verspätungen und Baustellen verschwinden lassen. Wir werden alle miteinander Geduld aufbringen müssen: Fußballfans, Pendler/-innen, Urlaubsreisende und alle, die das klimafreundliche Verkehrsmittel Bahn nutzen. Aber wir sind gestartet. Erste Weichen sind gestellt, Signale stehen auf „Fahrt“, Projekte sind aufs Gleis gesetzt.

Und ich finde noch wichtig: Für eine Bahn, die einfach wieder funktioniert, braucht es auch Mut; Mut für Investitionen mit Weitblick.

(Michael Donth [CDU/CSU]: Deshalb wollen Sie die Digitalisierung abschaffen!)

Wer darüber diskutiert, wo die Haushaltslöcher gerade am größten sind und dann von einem Loch ins andere Loch schaufelt, verschlimmert das Problem nur. Diese Koalition hat sich damals verständigt, erheblich mehr in die Schiene als in die Straße zu investieren, weil bei der Schiene besonders viel nachzuholen ist – wegen fehlender Vorleistungen der Vorgängerregierung, liebe Union.

(Henning Rehbaum [CDU/CSU]: Wer hat Ihnen das denn aufgeschrieben?)

Deswegen brauchen wir mehr Geld für Investitionen in die Schieneninfrastruktur. Da sind wir noch nicht am Ziel. Der Bedarf ist noch nicht komplett gesichert; denn wenn auch wir nicht oder zu wenig investieren, dann machen wir Schulden, nämlich Infrastrukturschulden.

(Michael Donth [CDU/CSU]: Aber Sie nehmen doch 39 Milliarden Schulden auf! Nehmen Sie doch das Geld!)

Das ist auch nicht im Sinne der künftigen Generationen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Was das bedeutet, hat EM-Turnierdirektor Philipp Lahm treffend dargestellt: Die mangelnden Investitionen aus der Vergangenheit treffen uns immer erst Jahre später, manchmal eben auch, wenn man sich eigentlich gerade als kompetenter Gastgeber eines internationalen Sportgroßereignisses präsentieren möchte.

Deshalb lassen Sie uns gemeinsam den Weg zu einer funktionierenden Bahn kraftvoll weitergehen und mutig in eine bessere Schieneninfrastruktur investieren. Dann können wir dafür sorgen, dass Deutschland beim nächsten Sportereignis mit Gästen aus nah und fern eine Bahn präsentieren kann, die einfach funktioniert.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die wollen dann gar nicht mehr Fußball gucken! Die wollen dann nur noch Bahn fahren!)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Abgeordnete Wolfgang Wiehle für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)