Rede von Nyke Slawik Aktionsplan Queer leben

Nyke Slawik MdB
12.06.2024

Nyke Slawik (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Zu Beginn meiner Rede muss ich kurz was klarstellen; denn bei der Union sind ein paar Dinge durcheinander gegangen. Frau Wiesmann, auf dem Standesamt bekommt niemand Hormone verschrieben. Für medizinische Maßnahmen muss man nach wie vor zum Arzt oder zur Ärztin gehen,

(Mareike Lotte Wulf [CDU/CSU]: Das hat sie gesagt!)

und da gibt es intensive Beratungsgespräche. Frau Wulf, die Beratungsstrukturen sind Ländersache. Dafür kann sich die Union gerne in den Landesregierungen einsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Wir tun aber natürlich auch was in der Bundesregierung. Es gibt das tolle Programm „Demokratie leben!“, mit dem übrigens auch viele wichtige queere Projekte gefördert werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt zu meiner Rede. Täglich erleben LSBTIQ-Personen in Deutschland Übergriffe, Mobbing in der Schule oder Ausgrenzung am Arbeitsplatz. Keineswegs ist Queerfeindlichkeit ein importiertes Problem, wie es die AfD manchmal behauptet.

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Nyke Slawik (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Nein, ich erlaube keine Zwischenfrage. – Es gibt allerdings sehr häufig ein rechtsextremes Weltbild bei den Tätern. Wir wissen aus unserer Geschichte, dass Deutschland inhärent ein Problem mit Queerfeindlichkeit hat. Deswegen müssen wir es auch gesamtgesellschaftlich angehen,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Martin Reichardt [AfD])

und deswegen ist es so wichtig, dass wir mit dem Aktionsplan „Queer leben“ dagegen ankämpfen; denn niemand sollte für die eigene geschlechtliche oder sexuelle Identität attackiert werden.

(Anke Hennig [SPD]: Genau!)

Wir sind die erste Koalition auf Bundesebene, die einen queerpolitischen Aktionsplan vorgelegt hat. Auf Landesebene gibt es übrigens schon in 15 von 16 Bundesländern – in allen bis auf Bayern – Aktionspläne. Vielleicht, liebe Union, können Sie auch da mal ein gutes Wort bei Herrn Söder einlegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Jürgen Lenders [FDP] – Anke Hennig [SPD]: Ganz genau!)

Der Aktionsplan soll staatliche Diskriminierung beenden. Sven Lehmann sprach eben über den § 175 StGB, andere ebenfalls. Auch das Transsexuellengesetz stellte eine Form der staatlichen Diskriminierung dar. Es landete mehrere Male vor dem Bundesverfassungsgericht. Deswegen ist es richtig, dass wir es endlich durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzt haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Queerpolitisch haben wir in der Ampel viel bewegt. Wir haben mit Ferda Ataman endlich wieder eine Antidiskriminierungsbeauftragte in Deutschland.

(Zuruf des Abg. Martin Reichardt [AfD])

Wir haben das Blutspendeverbot abgeschafft, und das Thema „Hassgewalt gegen LSBTIQ“ ins Strafgesetzbuch aufgenommen.

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Für all das haben wir uns doch jahrelang eingesetzt, und jetzt haben wir es in dieser Legislaturperiode endlich auch umgesetzt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Anke Hennig [SPD]: So ist es!)

Aber was liegt noch vor uns? Unter anderem die Reform des Abstammungsrechts. Wie kann es sein, dass, wenn ein verheiratetes Paar aus Mann und Frau ein Kind bekommt, beide automatisch Eltern sind, aber wenn zwei Frauen verheiratet sind und eine ein Kind bekommt, die andere Partnerin den komplizierten Weg über die Adoption gehen muss?

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Wo bekommt sie das Kind denn her? – Beatrix von Storch [AfD]: Das könnte ich Ihnen erklären! Das hat was mit Biologie zu tun!)

Das kann es doch echt nicht sein. Wir müssen das Familienrecht ins 21. Jahrhundert bringen und auch Regenbogenfamilien endlich berücksichtigen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben noch viele weitere Punkte vor uns wie einen Entschädigungsfonds für Transpersonen und die Verbesserung der Gesundheitsversorgung. Deutschland ist kürzlich, nach Beschluss des Selbstbestimmungsgesetzes, endlich in die Top Ten im europäischen Regenbogenranking aufgerückt.

(Lachen bei der AfD)

In wenigen Tagen beginnt die Herrenfußball-EM, und viele fiebern auf den Europameistertitel hin. Ich wünsche mir, dass wir nicht nur im Sport den Europameistertitel anstreben, sondern auch in der Gleichstellungspolitik. Dafür hoffe ich auf Ihre Unterstützung; denn auch Politik ist ein Teamsport.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Jürgen Lenders [FDP])

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Nächste Rednerin ist Gökay Akbulut für die Gruppe Die Linke.

(Beifall bei der Linken)