Rückblick Zukunftskongress 2024
Unter dem Motto „Mut macht Zukunft“ lud die grüne Bundestagsfraktion am 30. September 2024 zum großen Zukunftskongress ins Kosmos Berlin ein, um den Blick nach vorn zu richten und jenseits des politischen Alltagsgeschäfts gemeinsam zentrale politische Fragen zu diskutieren. Über 1.000 Teilnehmer*innen vor Ort und mehrere Hundert im Livestream nahmen das breite Programmangebot an und diskutierten mit grünen Minister*innen und zahlreichen Bundestagsabgeordneten sowie Expert*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft die großen Herausforderungen unserer Zeit.
Europa stärken
Der Zukunftskongress wurde von zwei großen, prominent besetzten Panels eingerahmt. Zum Auftakt diskutierte die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock mit dem litauischen Außenminister Gabrielius Landsbergis und der Publizistin Constanze Stelzenmüller über aktuelle Herausforderungen für Europa – und darüber, was ihnen Mut macht.
Die Drei waren sich einig: die europäische Friedensordnung ist einzigartig. Aber sie ist unter Druck. Europa reagiert entschieden und geschlossen auf die Bedrohungen angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Gemeinsam unterstützt Europa die Ukraine – humanitär, finanziell, diplomatisch und militärisch; gemeinsam hat es sich gegen die Destabilisierung Moldaus gestemmt und die Unterstützungsplattform ins Leben gerufen. Diesen Zusammenhalt gilt es zu bewahren. Denn Europa wird in Zukunft, unabhängig vom Wahlausgang in den USA, verstärkt selbst für seine Sicherheit sorgen müssen.
Wenn es darum geht, Europa zusammenzuhalten, kommt es auf alle an. Aber eben auch in besonderer Weise auf Deutschland. Denn Uneinigkeit in Deutschland wirkt sich negativ auf die Nachbarn aus. Auch deshalb müssen wir in den inneren Zusammenhalt unserer Gesellschaft investieren. Dazu gehört, sich gegen zersetzende Desinformation zu wehren. Nationalist*innen hier und weltweit instrumentalisieren mit der Verhetzung von Themen wie Migration die Angst der Bevölkerung vor Kontrollverlust. Dieser Angst müssen wir mutig begegnen. Annalena Baerbock betonte, dass Eltern auf der ganzen Welt das Gleiche für ihre Kinder wollen: eine gute Zukunft. Wenn wir diese Gemeinsamkeit erkennen, kann daraus Großes entstehen.
Vor zehn Jahren hat die Weltgemeinschaft sich auf das Klimaabkommen von Paris geeinigt. Ursprünglich beinhaltete es erstmal nur das Ziel einer „emissionsarmen Entwicklung“. Inzwischen hat die Weltgemeinschaft nicht weniger als das Ende des fossilen Zeitalters beschlossen. Diese Erfolgsgeschichte untermauert Landsbergis‘ Schlusswort: „Wenn wir zusammen anpacken, sind wir nicht aufzuhalten.“
Zusammen Zukunft: Wie wir als Land vorangehen
Das Schlusswort vom Auftaktpanel hätte auch das Motto des Abschlusspanels des Zukunftskongresses sein können. Hier ging es um die Frage: Wie können Demokrat*innen Zukunft gemeinsam gestalten? Dazu diskutierten die Schriftstellerin Jagoda Marinić, die Erste Vorsitzende der IG-Metall Christiane Benner sowie Vizekanzler – und, wie Moderatorin Tanja Samrotzki launig und wertschätzend hervorhob: Kinderbuchautor – Robert Habeck.
Demokratie ist Pluralität, darin waren sich die Panelist*innen einig. Egal, wie gut die eigenen Ideen innerhalb der eigenen Diskursräume klingen: Sie müssen sich im diskursiven Raum der Parlamente bewähren. Demokratie sei „the dirty mud“, wie Jagoda Marinić pointiert zusammenfasste: Es komme darauf an, gerade mit denen zu reden, die am weitesten vom eigenen Standpunkt entfernt sind. Weil es am Ende nicht darum gehe, selbst Recht zu behalten. Sondern um ein gemeinsames Ringen in Freude an der Differenz. „Sanfte Radikalität“, so nannte Marinić die erforderliche politische Haltung, die Gegner*innen ernstnimmt, ohne sie zu Feind*innen zu machen. Die Gegner*innen nicht vernichten will, sondern ihnen die Hand reicht, weil man mit ihnen um und für die Demokratie ringt.
Ein Mittel dazu nannte Christiane Benner: Mitbestimmung. Denn nirgends lasse sich demokratischer Diskurs und gesellschaftliche Selbstwirksamkeit besser erfahren als in der handfesten Realität des beruflichen Alltags. Wenn solche Räume offenstehen, sind Menschen ganz konkret in einen demokratischen Prozess einbezogen – und gerade dadurch resilient gegen einen Populismus, der vom Gefühl lebt, nicht Teil des politischen Geschehens zu sein.
Diese Zuversicht teilte Robert Habeck, der den Gewerkschaftsgedanken als beispielhaft für die Idee des Zusammenhalts lobte. Im parteipolitischen Raum erkannte er eine Nähe zu den Grünen, die den Bündnisgedanken in ihrem Namen tragen. Nicht als nostalgisches Relikt, sondern weil in ihm die Überzeugung zum Ausdruck kommt, dass Demokratie von Bündnissen lebt. Dieser Gedanke, so Habeck, sei progressiv – weil er zukunftsoptimistisch ist.
Ideen und Lösungen breit diskutiert
Wo und wie bereits an der Zukunft unseres Landes gearbeitet wird, konnten die Teilnehmenden des Kongresses in den Pausen zwischen den Programmpunkten erfahren: Im Rahmen der begleitenden Zukunftsmesse stellten sich Vertreter*innen zahlreicher zukunftsweisender Initiativen und Projekte dem Gespräch. Und auch bei der Entwicklung politischer Vorhaben war das Mitwirken der Teilnehmenden gefragt. Denn zwischen den beiden Panels präsentierten grüne Abgeordnete auf zwölf Zukunftsbühnen in sogenannten Pitches ihre Zukunftsideen, um das Leben der Bürger*innen in den verschiedensten Bereichen zu verbessern und stellten sich den Kommentaren und Fragen von Expert*innen und Gästen.
- Die detaillierten Zusammenfassungen der einzelnen Zukunftsbühnen finden Sie auf dieser Seite im Anschluss.
- Die als Thesenpapiere ausgearbeiteten Zukunftsideen der grünen Bundestagsfraktion können Sie hier nachlesen.
- Der Videomitschnitt der beiden Panels sowie der Zukunftsbühnen Außen/Sicherheit sowie Klima finden Sie hier.
Zukunftsbühne Wirtschaft: „Investitionen für ein Land, das einfach funktioniert.“
Wir wollen für eine neue wirtschaftliche Dynamik sorgen und unser Land modernisieren. Wir wollen eine Wirtschaft, die Spitze ist, und ein Land, das einfach funktioniert. Wir können unsere Klimaziele erreichen und innerhalb der planetaren Grenzen wirtschaften. Wir können den Natur- und Umweltschutz stärken, unseren Wohlstand erneuern und eine gute Zukunft schaffen, wenn wir uns trauen, die notwendigen Schritte zu gehen und die Mittel für die nötigen Investitionen – privat wie öffentlich – zu mobilisieren.
Zukunftsbühne Sicherheit/Außen: „Heute handeln, um morgen gut geschützt zu sein: Zentrum für strategische Vorausschau“
Wie können wir aus dem permanenten Krisenreaktionsmodus ausbrechen und eine Politik gestalten, die nicht nur auf Gefahren reagiert, sondern diese frühzeitig erkennt und handelt, bevor die Schäden zu groß werden? Weil sich unsere Welt rasant ändert, dürfen wir nicht dem Reflex zum kurzfristigen politischen Handeln nachgeben, sondern müssen neue Gefahren, aber auch Chancen möglichst schnell aufnehmen und mitdenken.
Zukunftsbühne Demokratie: „Demokratie leben – Engagement schützen“
Hier ging es darum, wie wir unsere Demokratie schützen können. Bürgerschaftliches Engagement spielt dabei eine zentrale Rolle.
Zukunftsbühne Natürlicher Klimaschutz, Klimaanpassung und Naturschutz: „Erhalten, was uns erhält – Natur wiederherstellen“
„Erhalten, was uns erhält“ – der Titel dieser Zukunftsbühne fordert nicht weniger als den Schutz und die Wiederherstellung unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Schließlich sind Erhalt und Stärkung von intakter Natur für uns Menschen existenziell.
Zukunftsbühne Wohnen: „Bezahlbaren Wohnraum schaffen“
Der Schutz von Mieter*innen wird immer dringender: Denn die Mieten explodieren und immer mehr Menschen finden keine bezahlbaren Wohnungen mehr.
Zukunftsbühne Bildung: „Bildungschancen für alle“
Bildung legt das Fundament für gute Chancen und wirtschaftlichen Wohlstand. Deshalb warfen wir auf unserer Zukunftsbühne „Bildungschancen für alle“, moderiert von Kai Gehring MdB, Vorsitzender im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, einen Blick auf unser Bildungssystem. Marode Schulen, Lehrkräftemangel und sinkende Bildungsstandards: Der Handlungsbedarf ist offensichtlich.
Zukunftsbühne Klima: „Gemeinsam und fair – Klimaschutz und Klimagerechtigkeit“
Unter der Überschrift „Gemeinsam und fair – Klimaschutz und Klimagerechtigkeit“ diskutierten Ricarda Lang MdB, Bundesvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen, die Bundestagsabgeordneten Julia Verlinden MdB und Bernhard Herrmann MdB, Christoph Bautz von Campact, sowie Ines Verspohl, Zukunft KlimaSozial, über die nächsten Schritte auf dem Weg zu einer vollständig klimaneutralen Gesellschaft. Die Veranstaltung beleuchtete, wie Klimaschutz in den nächsten Jahren wieder zurück in das Zentrum der Debatte kehren kann.
Zukunftsbühne Digitales
Mit der „Deutschland-App“ soll der Staat einfach und zuverlässig für seine Bürger*innen ansprechbar sein. Die Vision ist, dass wir alle uns auf einen Klick mit einem neuen Wohnsitz melden, den Reisepass beantragen oder die aktuelle Renteninformation abrufen können.
Zukunftsbühne Mobilität: „Ein Nahverkehr für alle“
Die Zukunftsbühne Mobilität, moderiert von Stefan Gelbhaar MdB, brachte zentrale Akteure der Mobilitätspolitik zusammen, um über die Herausforderungen und Chancen des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) zu diskutieren.
Zukunftsbühne Soziales und Finanzen: „Gerechtigkeitslücken im Steuersystem schließen – Gemeinwohl stärken“
In der derzeitigen öffentlichen Debatte um Steuerreformen gebe es eine klare „Popularisierungslücke“, fand ein Teilnehmer der Zukunftsbühne Soziales und Finanzen.
Zukunftsbühne Jugend: „Wohnen, Mobilität, Kultur – Junges Leben wieder bezahlbar machen“
Auf der Zukunftsbühne „Junges Leben wieder bezahlbar machen“ wurde ein Entlastungspaket für die Jugend diskutiert.
Zukunftsbühne Familie und Gesundheit: „Familien und Pflegende Angehörige unterstützen – Zukunftspakt für Vereinbarkeit“
Familien- und Pflegepolitik ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das hat auch die Diskussion im Rahmen der Zukunftsbühne „Familie und Gesundheit“ gezeigt.