Finanzierung der Transformation - was braucht der Mittelstand?
Hybrides Fachgespräch
Veranstaltungsdetails
Über die Veranstaltung
Im Namen der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen luden Katharina Beck, Sprecherin für Finanzpolitik, und Dr. Sandra Detzer, Sprecherin für Wirtschaftspolitik, zum Fachgespräch „Finanzierung der Transformation - was braucht der Mittelstand?“. In dem vierten Fachgespräch der Veranstaltungsreihe „Shifting Finance – Kapital für die sozial-ökologische Transformation“ diskutierten Fachexpert*innen aus Fraktion, Ministerium, Mittelstand, Förder- und Geschäftsbanken zusammen mit den zahlreichen Teilnehmer*innen vor Ort und Online über Herausforderungen und Lösung zur Finanzierung der Transformation von mittelständischen Unternehmen in Deutschland.
Um das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen und die deutsche Wirtschaft zukunftsfähig auszurichten, braucht es massive Investitionen – rund 190 Milliarden Euro jährlich, davon 120 Milliarden von Privatseite. Zurzeit klafft eine Investitionslücke von 50 Milliarden Euro, die wir dringend schließen müssen (KfW Klimabarometer, 2023). Der Mittelstand spielt eine zentrale Rolle dabei die Transformation voranzubringen und den deutschen Wohlstand zu sichern. Er ist das Rückgrat unserer Wirtschaft, denn über 70% der Beschäftigten sind in mittelständischen Unternehmen tätig (KfW Mittelstandspanel, 2024). Doch gerade für diese Unternehmen ist die Finanzierungssituation oft schwieriger, insbesondere was langfristige Transformationsinvestitionen betrifft. Das zentrale Thema des Fachgesprächs war daher, welche Lösungsansätze und Instrumente dabei helfen können die Finanzierungsengpässe effektiv zu schließen.
Für Michael Kellner, den parlamentarischen Staatssekretär und Mittelstandsbeauftragten im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), hat das Thema absolute Priorität. Er hob hervor, dass bereits viele Instrumente und öffentliche Förderprogramm auf den Mittelstand abzielen und die Finanzierungsengpasse bekämpft werden. Die Erhöhung und Verbesserung der Bürgschaftsobergrenzen und der Beteiligungsfinanzierung, helfe bei der Förderung des investitionsintensiven Strukturwandels bei kleinen- und mittelständischen Unternehmen. Der Staatssekretär machte auch regulatorische Hürden aufmerksam. Zum Beispiel helfe die EU-Taxonomie derzeit nicht dem Mittelstand und müsste deutlich mehr und trotzdem bürokratiearm auf kleine und mittelständische Unternehmen zugeschnitten werden.
Eva Witt, Direktorin der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), zeichnete die unterschiedlichen Herausforderungen auf, die mit der Finanzierung der Transformation im Mittelstand einhergehen. Für den größeren Mittelstand sei es wichtig, den Zugang zum Kapitalmarkt zu stärken, die Kapitalmarktunion voranzubringen und die Kosten der Kapitalmarktfinanzierung zu senken. Bei kleineren Unternehmen hingegen, sind die klassischen Förderprogramme für langfristige und zinsvergünstigte Kredite ausschlaggebend. Die KfW und die öffentlichen Förderprogramme seien hier gut aufgestellt, hier müsse vor allem die Nachfrage seitens der Unternehmen gestärkt werden.
Jakob Röskamp, CFO von traceless, hob die Komplexität von Förderanträgen und generell bürokratische Hürden hervor, die es innovativen und jungen Unternehmen insbesondere schwer machen würde den Industrialisierungsschritt zu gehen. Einerseits binden komplexe Förderungsverfahren viel Kapazität, andererseits seien sie oft nach der Haushaltlogik für eine zu kurze Zeitspanne aufgelegt. Dies stelle eine besondere Schwierigkeit für kleinere Unternehmen da, die langfristige und hohe Investitionen vornehmen wollen, zum Beispiel um den Bau einer neuen Produktionsanlage zu finanzieren. Abnahmeverträge oder Garantien für Fremdkapital seien für junge Unternehmer*innen essentiell, um grüne Produkte und Technologien schnell wettbewerbsfähig zu machen.
Michael Maas, Bereichsvorstand Privat-, Firmen- und Unternehmenskundengeschäft der Hamburger Sparkasse AG, verwies unter anderem auf notwendige Verbesserungen für das traditionelle Kreditgeschäft und beim Bürokratieabbau. Genug Geld sei bei den Sparkassen vorhanden, es sei die Komplexität im Bereich Sustainable Finance und die darauf zurückzuführende Zurückhaltung bei der Nachfrage von Transformationskrediten, welche die Finanzierung des Strukturwandels im Mittelstand ausbremse. Einfachere und branchenspezifische Transformations- und Nachhaltigkeitsindikatoren sowie ein schmaleres Rahmenwerk für die nachhaltige Kreditvergabe seien aus Sicht der Banken wichtige Hebel für die Transformationsfinanzierung.
Alle Teilnehmer*innen waren sich einig, dass die Transformation gemeinsamer Anstrengungen von privater und öffentlicher Seite bedarf. Bei fairer Gewinn- und Risikoteilung kann die Finanzierung des Strukturwandels gemeinsam durch langfristige Investitionen in die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gelingen. Dafür braucht es eine gute und konstruktive Zusammenarbeit zwischen Politik, Finanzinstituten und Unternehmen sowie eine positive Einstellung gegenüber Investitionen und den Chancen der grünen Transformation für den deutschen Mittelstand und die gesamte Bundesrepublik.
_
Die Veranstaltung war letzter Teil der Reihe „Shifting Finance – Kapital für die sozial-ökologische Transformation“. Nachfolgend finden Sie Veranstaltungsberichte zu den vergangenen Veranstaltungen:
27.09.2023 Fachgespräch "Shifting Finance – Die Weltbankreform als Schlüssel zur globalen sozio-ökologischen Transformation?"
22.11.2023 Konferenz "Shifting the Trillions – Finanzierung der Zukunftswirtschaft".
09.04.2024 Fachgespräch "Nachhaltig investieren - von Greenwashing zu echtem Impact".