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Was machen eigentlich die Grünen Bundestagsabgeordneten auf der Weltklimakonferenz?
Warum schickt der Bundestag eine eigene Delegation zur UN-Klimakonferenz und was macht sie dort? Während die Bundesregierung mit den eigentlichen Vertragsverhandlungen betraut ist, kommt dem Parlament eine wichtige Rolle bei den Weltklimakonferenzen zu. Einerseits treffen sich die Abgeordneten mit Amtskolleg*innen aus aller Welt, um sich über die Themen der Konferenz auszutauschen und Deutschlands Positionen zu erläutern. Andererseits arbeiten die Abgeordneten auch ganz konkret an Projekten für internationale Klimagerechtigkeit. Um das zu illustrieren, haben wir hier die Reiseberichte von zwei unserer Grünen Delegierten – Lisa Badum und Kathrin Henneberger – zusammengestellt.
Lisa Badum, Vorsitzende des Unterausschusses Internationale Klima- und Energiepolitik im Bundestag, war vom 17. bis 22. November auf der COP29. Das ist ihr Reisebericht:
In meiner Rolle als Unterausschuss-Vorsitzende habe ich auf der COP29 die Bundestagsdelegation angeführt und unsere gemeinsamen Termine organisiert und moderiert. Dieses Jahr trafen wir uns mit vier anderen Parlamenten (Brasilien, Dänemark, Norwegen, Spanien) sowie zahlreichen Nichtregierungsorganisationen und Jugendvertreter*innen aus Deutschland und der Welt. Diese Austausche bilden den Grundstock der parlamentarischen Beteiligung bei den Weltklimakonferenzen. Um immer auf dem Laufenden zu sein, wurden wir außerdem täglich durch das Auswärtige Amt gebrieft.
Zusätzlich zu den gemeinsamen Delegationsterminen hatte ich auch ein sehr volles persönliches Programm auf der COP29. Die jährlichen Weltklimakonferenzen sind die beste Gelegenheit, um alte Verbündete im Kampf gegen die Klimakrise wiederzutreffen, aber auch um neue Allianzen zu schmieden. Dieses Mal konnte ich mich mit Klima-Champions aus Ägypten, Brasilien, China, Kenia, Südafrika, Österreich, Ozeanien und den USA (und natürlich auch aus Deutschland) treffen.
Mit fünf Paneldiskussionen und zahlreichen Pressegesprächen hatte ich diesmal zudem besonders viele Gelegenheiten, meine eigenen Vorschläge für den internationalen Klimaschutz einzubringen und noch mehr Menschen zu erreichen. Besonders am Herzen lag mir dabei die weltweite Abkehr von den fossilen Energien, wie sie im Vorjahr auf der COP28 in Dubai beschlossen wurde.
Um diese Einigung umzusetzen, müssen wir schleunigst aufhören, Geld in die fossile Industrie zu pumpen. Insbesondere der globale Frackinggas-Boom bereitet mir dabei große Sorgen. Deswegen habe ich, gemeinsam mit dem US-Senator Ed Markey und der kanadischen Senatorin Rosa Galvez, einen internationalen Aufruf gegen den weltweiten Ausbau von Flüssiggas-Infrastruktur initiiert. Über 130 Parlamentarier*innen aus rund 30 Ländern haben unseren Aufruf unterschrieben und mit einigen von ihnen konnte ich mich in Baku austauschen. Mehr dazu kann man hier (auf Englisch) nachlesen.
Nicht zuletzt leistet die Präsenz des Bundestags bei den Weltklimakonferenzen auch einen wichtigen Beitrag, um Deutschlands Wahrnehmung als verlässliche und zugängliche Partnerin im internationalen Klimaschutz zu festigen. Häufig kommen bei der COP Menschen aus aller Welt auf mich zu und wissen es zu schätzen, dass die deutsche Politik ein offenes Ohr für ihre Ideen und Anliegen hat.
In Baku erhielt ich zum Beispiel eine Einladung einer Kinderdelegation aus Lateinamerika. Selbstbewusst und in perfektem Englisch erklärten mir die angehenden Klimaaktivist*innen, warum gerade die Jüngsten eine Stimme bei den Klimakonferenzen haben sollten und überzeugten mich, für ihr Ziel einer „COP für Kinder“ einzustehen. Ich bin froh, dass die COP29 auch solche Austausche ermöglicht, denn diese Wahrheit sollten wir uns viel öfter vor Augen führen: Wir haben die Erde nur von unseren Kindern geborgt.
Kathrin Henneberger, Grüne Obfrau im Unterausschuss Internationale Klima- und Energiepolitik im Bundestag, war vom 17. bis 23. November auf der COP29. Das ist ihr Reisebericht:
Ohne Finanzierung keine Klimagerechtigkeit
Für die Weltklimakonferenz #COP29 in Baku, Aserbaidschan, waren meine wichtigsten Forderungen im Gepäck: Bedarfsgerechte Klimafinanzierung und Konkretisierung eines Ausstiegs aus den Fossilen. Investitionen in neue fossile Infrastruktur müssen beendet und umgewidmet werden für Erneuerbare, Klimaanpassung und die Bewältigung bereits eintretender Verluste und Schäden. Nur damit können sich vulnerable Länder des Globalen Südens vor den Folgen der Klimakrise schützen und eine sozial-ökologische Transformation schaffen.
Wie unsere nationalen Parlamente dazu beitragen können, habe ich auf unserem Side Event mit den Abgeordneten Lenora Qereqeretabua (Fidschi), Lena Schilling (Österreich) und Livia Duarte (Brasilien) diskutiert. In den verschiedenen Weltregionen wollen wir zum Beispiel eine globale Superreichensteuer und eine Klimaschadensabgabe (Climate Damage Tax) vorantreiben. Wir wollen vor allem diejenigen zur Verantwortung ziehen, die am meisten emittieren. Eine gerechte Lastenteilung (Polluters Pay-Prinzip) ist die Grundlage für ambitionierte Klimapolitik.
Leider wurde deutlich: Global gibt es ein “Rollback” der Fossilen. Vor allem autoritäre und rechte Regime wollen weiterhin an Kohle, Öl und Gas festhalten. Gemeinsam mit hunderten Abgeordneten aus der ganzen Welt unterstütze ich den “Fossil Fuel Non-Proliferation Treaty” - ein globales Abkommen für einen Ausstieg aus Fossilen. Eine besondere Zusammenarbeit ist mit Blick auf die nächste Weltklimakonferenz in Brasilien mit Abgeordneten aus Südamerika entstanden. Das Ziel: Ein Ende des Öl- und Gasextraktivismus in Amazonien. Unser Bündnis “Fossil Free Amazon” wird dies auf dem Weg zur COP30 einfordern.
Ohne Menschenrechte keine Klimagerechtigkeit!
Zum dritten Jahr in Folge fand die Weltklimakonferenz in einem autokratischen Land ohne freie Zivilgesellschaft statt. In Aserbaidschan gibt es über 300 politische Gefangene. Einer von ihnen, Dr. Gubad Ibadoghlu, konnte ich im Hausarrest besuchen. Er hat zu Korruption im Öl- und Gasgeschäft geforscht und wurde im Juli 2023 gewaltsam festgenommen. Wir fordern seine sofortige Freilassung und sichere Ausreise nach Deutschland, wo er dringend medizinisch versorgt werden muss. Auch nach der COP29 werden wir uns weiter für ihn sowie für gefährdete Aktivist*innen weltweit einsetzen.
Ohne Jugendbeteiligung keine Klimagerechtigkeit!
Es sind vor allem junge Menschen, die sich auf COPs für eine klimagerechte Zukunft einsetzen. Deshalb war mir der Austausch mit ihnen besonders wichtig. Das Auswärtige Amt entsandte zum zweiten Mal drei Jugenddelegierte zur Klimakonferenz mit exklusiven Zugängen zur deutschen Verhandlungsdelegation. Dieses Projekt muss fortgeführt werden. Die Loss and Damage Youth Coalition hat mir versichert, dass der neue Fond zur Bewältigung klimabedingter Schäden und Verluste dringend aufgefüllt werden und junge Stimmen in sein Leitgremium aufnehmen muss. Mit feministischen Klimaaktivist*innen aus dem globalen Süden und dem Jugendverein Klimadelegation habe ich auch über geschlechtergerechte Klimapolitik gesprochen. In Baku versuchten autoritäre Regime, die Diversität sowie den Schutz vor Gewalt gegen Frauen und Mädchen aus den Verhandlungstexten zu löschen. Dennoch ist es gelungen, das Arbeitsprogramm für Geschlechtergerechtigkeit um zehn weitere Jahre zu verlängern - ein großer, notwendiger Erfolg für Betroffene weltweit.
Wie geht es jetzt weiter?
Die Ergebnisse der Weltklimakonferenz werden besonders von den meistbetroffenen Gemeinschaften als unzureichend kritisiert. Jetzt ist es wichtig, globale Allianzen für klimagerechte Politik zu schmieden. Im Deutschen Bundestag werde ich für stärkere Ziele plädieren und ihre Umsetzung prüfen. Bis zur nächsten Weltklimakonferenz #COP30 in Brasilien ist noch viel zu tun. Der nun startenden “Baku to Belém Roadmap to 1.3T” werden wir folgen und unsere parlamentarischen Forderungen einbringen. Ziel: Mehr Finanzierung für Klimaschutz, -anpassung sowie bereits eintretende Schäden und Verluste und besonders das Ende des fossilen Zeitalters.
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