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Eine gemeinsame Perspektive für Landwirtschaft und Ernährung
- So lautet der Titel des Abschlussberichts des strategischen Dialogs zur Zukunft der Landwirtschaft in der EU, der am 9. Oktober im Agrar- und Ernährungsausschuss debattiert wurde. Ausgehend von europaweiten Bauernprotesten hatte die EU-Kommission das Gremium nach dem deutschen Modell der Zukunftskommission Landwirtschaft eingesetzt.
- Wir begrüßen, dass der Vorschlag die Ernährungssicherung, die Absicherung landwirtschaftlicher Betriebe, strategische Unabhängigkeit, die Stärkung der ländlichen Räume und den Umgang mit dem Klimawandel im Fokus hat.
- Nun kommt es darauf an, dass im 100-Tage-Programm der Kommissionspräsidentin und in allen weiteren Schritten zeitnah Maßnahmen im Detail diskutiert und konkret umgesetzt werden.
Am 4. September 2024 stellte das Gremium des Strategischen Dialogs seinen Abschlussbericht „Eine gemeinsame Perspektive für Landwirtschaft und Ernährung in Europa“ vor, am 9. Oktober wurde er im Agrarausschuss des Bundestages diskutiert. Von Januar bis August 2024 tagte ein 29-köpfiges Gremium aus Interessensvertreter*innen wie Landwirt*innen, Umweltverbänden und Lebensmittelunternehmen unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Strohschneider, der bereits der „Zukunftskommission Landwirtschaft“ in Deutschland vorgestanden hatte. Der Dialogprozess war als Reaktion auf die europaweiten Proteste von Landwirt*innen und nach dem Vorbild der Zukunftskommission Landwirtschaft in Deutschland eingeleitet worden. Ziel war es, einen breit getragenen gesellschaftlichen Konsens zur künftigen Gestaltung des Agrar- und Lebensmittelsektors in der EU zu entwickeln.
Mehr Nachhaltigkeit im Fokus
Der Bericht bietet eine gute Grundlage für das 100-Tage-Papier, das Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bald vorlegen wird. Im Fokus stehen mehr Nachhaltigkeit, die Stärkung der Erzeuger*innen in der Lebensmittelkette sowie Bedeutung und Beitrag der Landwirtschaft für die Klimakrise und ihre Bewältigung. Von der Leyen muss nun eine ambitionierte, praxistaugliche und wirksame europäische Vision für die Landwirtschaft und den Nahrungsmittelsektor vorlegen. Dazu zählen ein klares Bekenntnis zum Green Deal und der Farm-to-Fork-Strategie. Darin sind etwa eine Senkung des Pestizid-Einsatzes von 50 Prozent und das Ausbauziel von 25 Prozent Ökolandwirtschaft bis 2030 festgeschrieben.
Leider sucht man das Bekenntnis zu diesen wichtigen EU-Strategien im Bericht des Strategischen Dialogs vergebens. Streckenweise bleibt der Bericht wenig ambitioniert, etwa bei der Empfehlung, die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) Direktzahlungen bis 2042 auslaufen zu lassen. Wir fordern in unserem Fraktionspapier einen kompletten Ausstieg ab 2028 und die Kopplung aller Zahlungen an Umwelt- und Tierschutzleistungen. Zusätzlich zu den Geldern der GAP, die jährlich an Besitzer landwirtschaftlicher Flächen ausgeschüttet und in die Regionen investiert werden und die ein Drittel des EU-Haushalts ausmachen, soll ein „Agri-Just-Transition Fund“ eingerichtet werden. Wir denken, dass eine faire und umweltgerechte Verteilung der großen GAP-Summen eine für alle Menschen bessere Lösung darstellt. Unkonkret bleibt der Bericht in der Frage, ob und wann der europäische Emissionshandel auf die Landwirtschaft ausgeweitet werden soll. Hier bräuchte es weitere Konsultationen mit den Akteur*innen.
Eine wichtige Maßnahme: die Tierhaltungskennzeichnung
Einige Maßnahmen unserer grünen Regierungsbeteiligung in Deutschland finden sich im Bericht wieder. Eine Tierhaltungskennzeichnung, einschließlich der Bio-Kennzeichnung als höchster Stufe, soll europaweit eingeführt werden. Hier könnten mit grüner Vorarbeit Europastandards gesetzt werden. Auch bei der Neuausrichtung bei der öffentlichen Beschaffung in der Gemeinschaftsverpflegung und der Förderung pflanzlicher Proteine merkt man dem Bericht einen deutlichen Blick auf grüne Erfolgsrezepte in dieser Legislatur an.
Auch wenn im Bericht des Strategischen Dialogs der Konsens meist der kleinste gemeinsame Nenner der von Wirtschafts- bis Umweltvertretern sehr unterschiedlichen Interessensgruppen bleibt. Die Richtung ist klar: Ernährung und Landwirtschaft werden in der EU auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Bauernverbände und Lebensmittelindustrie tragen es mit. Dies wurde von konservativer und rechtspopulistischer Seite in der Vergangenheit bewusst in Frage gestellt. Die Kommission selbst hat erst im Sommer die Umweltauflagen in der Agrarpolitik geschliffen. Wir danken dem Strategischen Dialog, dass er den Kompass erneut auf die richtigen Ziele ausrichtet. Jetzt erwarten wir eine konkrete und ambitionierte Ausgestaltung im 100-Tage-Programm der Kommissionspräsidentin.
Die grüne Bundestagsfraktion steht dafür, unsere Ernährung langfristig agrarökologisch, pflanzenbasiert und mit regionaler Wertschöpfung zu sichern. Nur so erhalten wir, was uns erhält.
Fraktionsbeschluss
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