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Schwarz-Roter Koalitionsvertrag: Wenig Verbesserungen für das Leben vor Ort

  • Die kommunale Finanzkrise wird strukturell nicht angegangen, auch wenn einige Finanzpflaster, wie Mittel für die Altschulden der Kommunen, das suggerieren sollen. Dafür gibt es Wahlgeschenke.
  • Trotz zusätzlicher Mittel für die Infrastruktur, bleibt vorerst unklar wie es mit zentralen Herausforderungen der Städte und Gemeinde weitergehen wird. Der kommunale Klimaschutz bleibt eine freiwillige Aufgabe der Kommunen. Für die Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten gibt es keine zusätzliche Unterstützung.
  • Der Koalitionsvertrag enthält viele Ankündigungen. Es wird sich zeigen, welche Versprechen sie halten kann, zum Beispiel ob die kommunale Ebene in der Praxis tatsächlich frühzeitig in Gesetzgebungsprozesse eingebunden wird.

Was haben wir sie alle satt – die Schlagzeilen über kaputte Gehwege, fehlende Bürgeramtstermine, Personalmangel in den Kitas. Natürlich wäre die Erwartung, dass Schwarz-Rot diese Mangelmeldungen von heute auf morgen abstellen kann, überzogen. Aber, dass ein Koalitionsvertrag mit dem Titel „Verantwortung für Deutschland“ Lösungen für ein funktionierendes Land präsentiert, kann man wohl erwarten. Denn trotz der akuten Finanznot in den Städten und Gemeinden war die Ausgangslage für die Koalitionäre gar nicht schlecht: Nach intensiven Verhandlungen mit uns Grünen steht ein Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität in Höhe von 500 Milliarden bereit, davon 100 Milliarden für Länder und Kommunen. Hätte die Koalition zugleich die Steuerverteilung im Gesamtstaat zugunsten der Kommunen angepasst, hätte sie die Chance gehabt, der kommunalen Finanzkrise endlich ein Ende zu setzen und den Menschen vor Ort wieder echte Gestaltungsspielräume zu ermöglichen.

Dazu war Schwarz-Rot aber ganz offensichtlich nicht bereit, obwohl sich das kommunale Defizit mittlerweile auf mehr als 24 Milliarden Euro angewachsen ist. Stattdessen enthält der Koalitionsvertrag das Lippenbekenntnis zu einem Zukunftspakt Bund-Länder-Kommunen, der die „finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen stärken“ soll. Zudem hat sich Schwarz-Rot auf Maßnahmen verständigt, welche die Kommunen, wenn die Einnahmeausfälle nicht kompensiert werden, auch noch Geld kosten könnte: Zum Beispiel etwa die Turbo-Abschreibung auf Ausrüstungsinvestitionen, Wahlgeschenke bei der Einkommensteuer oder die dauerhafte Subventionierung der Gastronomie, von der wahrscheinlich keine Verbraucherin oder Verbraucher profitieren wird. 

Immerhin soll der Förderdschungel weiter gelichtet werden

Über diese Leerstelle bei den kommunalen Finanzen kann auch nicht hinwegtäuschen, dass Schwarz-Rot ein Deal zu den übermäßigen Liquiditätskrediten gelungen ist, die viele Haushalte noch immer als Altschulden belasten. So wurde eine Einigung über eine jährliche Altschuldenhilfe von 250 Millionen Euro für die Legislaturperiode getroffen. Das sind allerdings nur knapp zwei Prozent der eigentlich für eine sinnvolle Entschuldung benötigten Mittel. Erstritten wurden sie wohl unter anderem im Austausch mit einer Entlastung der Geberländer im Länderfinanzausgleich – einer Forderung, die die CSU im Wahlkampf immer wieder vor sich hergetragen hatte. Immerhin soll der Förderdschungel weiter gelichtet und der Mittelabruf für die Kommunen künftig weiter vereinfacht werden. Wir begrüßen dabei, dass die Koalition an die Arbeit des Bundeswirtschaftsministeriums unter Robert Habeck anknüpfen will, das bereits begonnen hatte eine Förderzentrale als einheitliche digitale Plattform für die Beantragung von Förderungen einzurichten. 

Und was heißt das jetzt alles für das Leben vor Ort? Erst einmal leider nicht so viel, denn bisher bleibt unklar, wie es mit vielen zentralen Herausforderungen vor Ort, wie etwa dem kommunalen Klimaschutz, weitergehen soll. Denn der bleibt freiwillige Leistung der Kommunen. Auch sagt die Rückschritts-Koalition den Kommunen zwar weiterhin finanzielle Unterstützung bei der Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten zu, doch eine Erhöhung der Pro-Kopf-Pauschale im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes bleibt aus. Zumindest werden mehr Mittel für den öffentlichen Nahverkehr, die Städtebauförderung und Programme zur Schul- und für Sportstättensanierung bereitstehen. Es bleibt zu hoffen, dass eine Sportstättenförderung dann auch weitere soziale Orte einschließt, die insbesondere für die Menschen in den ländlichen Räumen wichtige Begegnungsstätten sind und den sozialen Zusammenhalt stärken. 

Betroffene von Angriffen durch Feinde der Demokratie haben weiterhin eine Anlaufstelle

Wir begrüßen im Sinne aller Mandatsträger*innen und Aktiven vor Ort, dass die unsinnige Forderung der Union nach einer Abschaffung der Starken Stelle durch öffentlichen Druck noch abgewendet werden konnte und sich Betroffene von Angriffen durch Feinde der Demokratie auch weiterhin eine Anlaufstelle haben. Alles in allem bleibt noch abzuwarten, inwiefern die kommunale Ebene tatsächlich frühzeitig in Gesetzgebungsverfahren einbezogen wird, wie es der Koalitionsvertrag verspricht. Die Kommunen und wir werden die Koalition jedenfalls daran messen. 

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