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Nächster Halt Klimaschutz

  • Der Infrastrukturdialog zum Bundesverkehrswegeplan hat begonnen.
  • Die grüne Bundestagsfraktion wird dabei darauf achten, dass der geltende Bundesverkehrswegeplan auf den Prüfstand gestellt wird, wie im Koalitionsvertrag vereinbart.
  • Das ist nötig, um Sanierungsarbeiten vorn an zu stellen und die Schiene zu priorisieren – anders lassen sich unsere Klimaschutzziele nicht erreichen

Zugegeben, der Titel „Infrastrukturdialog zum Bundesverkehrswegeplan“ klingt spröde. Er klingt nach eingestaubtem Verwaltungshandeln, weniger nach Aufbruch in eine neue Ära der Verkehrsplanung. Dabei hat der Austausch das Potenzial einen echten Paradigmenwechsel in der Planung unserer Straßen, Schienen und Wasserwege anzustoßen. Wenn er denn richtig gemacht wird.

Holpriger Auftakt

Das wissen auch die mehr als 150 eingeladenen Verbände, die der Einladung des Bundesverkehrsministeriums (BMDV) zur virtuellen Auftaktveranstaltung am 7. Dezember 2022 folgten. Für die grüne Bundestagsfraktion nahmen Stefan Gelbhaar, verkehrspolitischer Sprecher, und Susanne Menge, verantwortlich für den BVWP, teil.

Pünktlich um 9.30 Uhr ging es los – am Bildschirm. Es folgte ein dreistündiger Monolog der Staatssekretäre Oliver Luksic und Hartmut Höppner sowie zweier Fachabteilungen aus dem BMDV über Sinn und Zweck des Bundesverkehrswegeplans und des Infrastrukturdialogs. Danach war Schluss. Fragerunde? Fehlanzeige. Austausch? Verschoben aufs nächste Mal.

Das muss besser werden. Wann das nächste Treffen stattfindet, blieb offen. Insgesamt soll der Infrastrukturdialog vier bis fünf Mal tagen. In welchem Format, ist unklar. Das Hauptaugenmerk der folgenden Veranstaltungen soll, nach Vorstellung des BMDV, auf dem Zukunftsszenario Bundesverkehrswege- und Mobilitätsplan 2040 liegen. Wir pochen darauf, dass es auch um die aktuelle Planung geht, wie im Koalitionsvertrag vereinbart.

Was ist der Bundesverkehrswegeplan?

Insider nennen ihn nur den „BVWP“. Dieser Plan legt einerseits fest, wie viel Geld für Reparaturen an Verkehrswegen da ist. Andererseits listet er Neu- und Ausbauprojekte für das Netz aus Straßen, Eisenbahnlinien und Wasserwegen auf.

Aktuell gilt der BVWP 2030. Er wird vom Bundesverkehrsministerium aufgestellt. Der Bundestag beschließt im Anschluss die sogenannten Ausbaugesetze, die den Plan in Gesetze gießen. Den jeweiligen Gesetzen für Straße, Schiene und Wasserstraßen hängt eine Liste an, auf der jedes einzelne Bauprojekt aufgeschrieben ist.

Der BVWP wird alle 10-15 Jahre aktualisiert. Basis für die Projekteaufstellung sind Prognosen über die Entwicklung der Bevölkerung, Wirtschaft und des Verkehrsaufkommens. Bisher folgte der Plan der Logik, dass wenn Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum zu mehr Verkehr auf einem der drei Wege führen, vor allem dieser stetig erweitert werden muss. Das heißt, dem BVWP fehlt ein Zielbild, es ist eine reine Trendfortschreibung.

Meilensteine, die im Klimaschutz, Umweltschutz oder beim Flächenverbrauch erreicht werden sollen, bleiben außen vor. Eine gezielte Umverteilung von Auto- und Lkw-Fahrten auf die Eisenbahn und Binnenschiffe findet bisher nicht statt.

Warum brauchen wir den Infrastrukturdialog?

Die Grundlage bildet der Koalitionsvertrag: „Wir streben einen neuen Infrastrukturkonsens bei den Bundesverkehrswegen an. Dazu werden wir (…) einen Dialogprozess mit Verkehrs-, Umwelt-, Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbänden starten mit dem Ziel einer Verständigung über die Prioritäten bei der Umsetzung des geltenden Bundesverkehrswegeplan.“

Mit unseren Ampel-Partnern sind wir uns einig, dass die Voraussetzungen und Prozesse wie Straßen, Schienen und Wasserwegen geplant werden, einen Neustart brauchen. Das alte Verfahren funktioniert nicht mehr.

Obwohl seit Jahrzehnten mehrere tausend Projekte im BVWP angemeldet sind und geplant werden, stehen wir tagtäglich in kilometerlangen Staus oder warten auf verspätete Züge. Wir Grüne im Bundestag wollen den aktuellen BVWP gemeinsam mit Fachexperten verschiedener Genres genau unter die Lupe nehmen. Ziel muss sein, dass Bürgerinnen und Bürger wie auch Waren auf unseren Verkehrswegen bis 2030 und darüber hinaus schneller an ihr Ziel kommen, ohne dass wir dafür noch mehr CO2 in die Luft blasen oder Naturschutzgebiete großflächig zerstören. Im Gegenteil: CO2 und Fläche müssen deutlich eingespart werden.

Was wir Grüne im Bundestag erwarten

Aus unserer Sicht hilft es nicht, immer mehr von allem zu bauen. Wir müssen endlich priorisieren. Das Klimaschutzgesetz und die neue europäische Richtlinie zur Strategischen Umweltprüfung sowie das 30 Hektar-Ziel der Bundesregierung sind die Leitplanken für die vorrangigen Vorhaben.

Zusätzlich unterstreichen Fachkräftemangel, fehlende Baustoffe und eine immense Steigerung der Baukosten die Notwendigkeit zur Abwägung zwischen wichtig und unwichtig. Wir setzen uns dafür ein, dass endlich mehr Geld in die Sanierung von maroden Brücken, Straßen und Schienen fließt —  denn marode Infrastruktur ist das, was die Menschen wirklich behindert und nervt.

Das übrige Geld sowie die planerischen Kapazitäten müssen in die Elektrifizierung von Eisenbahnlinien, den Neu- und Ausbau von Gleisen und vor allem in Lärmschutzwände und –fenster entlang von Bahnstrecken fließen.

Erst wenn es ausreichend verlässliche Zugverbindungen für die Bürgerinnen und Bürger gibt und ein Großteil der Güter über die Schiene läuft, können wir ernsthaft darüber diskutieren, ob es im 51.000 km langen Autobahn- und Bundesstraßennetz in Deutschland tatsächlich noch Lücken gibt, die es zu schließen gilt.

Im besten Fall gelingt es dem Infrastrukturdialog mittels der Verständigung über neue Prioritäten des aktuellen BVWP Ideen, Leitgedanken und möglicherweise sogar Kriterien für den neuen Bundesverkehrswege- und Mobilitätsplan 2040 abzuleiten.

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