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Gute Ernährung geht uns alle an
- Die Empfehlungen des Bürgerrats „Ernährung im Wandel“ liegen seit 14. Januar 2024 vor.
- Das Votum der Bürger*innen bestätigt, dass Verbraucher*innen eine gesunde, nachhaltige Ernährung für alle wollen: von kostenfreiem Schulessen über staatlich verpflichtende Lebensmittelkennzeichnung bis hin zu einem Wegwerfstopp für Supermärkte und einer Umgestaltung der Mehrwertsteuer.
- Als Grüne Bundestagsfraktion haben wir uns sehr für das Beteiligungsformat der vom Bundestag einberufenen Bürgerräte eingesetzt. Auch für das lebensnahe Thema Ernährung haben wir gestritten. Hier lesen Sie unsere Position zu den Empfehlungen des Bürgerrat.
Im Bürgerrat „Ernährung im Wandel“ trafen sich die 160 Teilnehmer*innen zwischen September 2023 und Januar 2024 in neun Sitzungen, um an den gemeinsamen Empfehlungen an die Bundespolitik zu arbeiten. Die Mitglieder wurden in einem mehrstufigen Verfahren per Zufallsauswahl bestimmt. Sie bilden bezüglich Alter, Geschlecht, Herkunft (Bundesland und Gemeindegröße), Bildungshintergrund und Ernährungsstil (vegetarisch und vegan) repräsentativ die deutsche Bevölkerung ab.
Schwarmintelligenz der Bügerinnen und Bürger gegen populistische Parolen
Die Ergebnisse des Bürgerrats zeigen deutlich, wie groß die Offenheit in der Bevölkerung für eine nachhaltige Ernährungspolitik ist. Im Gespräch und in der tieferen Auseinandersetzung haben populistische Überschriften á la „Vegi gegen Wurst“ keine Chance gegen wirkliche Lösungen, die den Landwirt*innen eine Umstellung ihrer Betriebe auf die bessere Haltung weniger Tiere ermöglicht, und die Menschen mit allen Ernährungsstilen ein passendes Angebot macht. Zwischen dem, was uns wissenschaftliche Beiräte empfehlen, was schon in der Umsetzung ist, noch geplant ist mit einer Ernährungsstrategie und dem was der Bürgerrat fordert, gibt es eine sehr hohe Schnittmenge.
Die 9 Empfehlungen des Bürgerrats „Ernährung im Wandel“
1. Investition in die Zukunft: Kostenfreies Mittagessen für alle Kinder als Schlüssel für Bildungschancen und Gesundheit
2. Bewusstes Einkaufen leicht gemacht durch ein verpflichtendes staatliches Label
3. Verpflichtende Weitergabe von genießbaren Lebensmitteln durch den Lebensmitteleinzelhandel
4. Lebensbedingungen und Herkunft von Tieren transparent darstellen
5. Fördern statt Fordern – neuer Steuerkurs für Lebensmittel
6. Gesunde, ausgewogene und angepasste Gemeinschaftsverpflegung in Krankenhäusern, Reha-, Senioren- und sonstigen Pflegeeinrichtungen
7. Verbrauchsabgabe zur Förderung des Tierwohls
8. Altersgrenze für Energydrinks
9. Mehr Personal für Lebensmittelkontrollen und bessere Transparenz der Ergebnisse für die Öffentlichkeit
Kostenfreies Kita- und Schulessen
Ein kostenfreies Kita- und Schulessen ist für die Bürger*innen die wichtigste Maßnahme. Sie soll anteilig von Bund und Ländern finanziert werden. Als Mindeststandard soll die Verpflegung an den Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ausgerichtet sein sowie mindestens 30 Prozent Biolebensmittel enthalten. Bislang sind die Bundesländer für die Finanzierung zuständig. Nur in Berlin stehen Kitakindern und Schüler*innen ein kostenloses Essen zur Verfügung.
Staatliches Lebensmittelsiegel
Ein staatliches Lebensmittelsiegel soll es in drei Kategorien geben: Gesundheit, Klima/Umwelt, Tierschutz und Ausweitung der Tierhaltungskennzeichnung. Ein solches Label mit drei Kategorien, die unabhängig voneinander erkennbar sind, gibt es etwa schon in Frankreich als den Nutriscore ergänzenden „Eco“ oder „Planet Score“. Der Bürgerrat fordert eine freiwillige Einführung in Deutschland, dem eine verbindliche Einführung auf EU-Ebene folgt. Wir unterstützen ein solches Label.
Die Tierhaltungskennzeichnung und der schrittweise Umbau der Tierhaltung ist ein zentrales Projekt unseres Agrarministers Cem Özdemir. Dass die Bürger*innen ein verpflichendes, staatliches Tierhaltungslabel befürworten, bedeutet Rückenwind für alle diesbezüglichen Maßnahmen, die noch in der Abstimmung sind.
Wegwerfstopp für Supermärkte
Ähnlich wie in Frankreich soll es laut Bürgerrat gesetzlich festgeschrieben werden, dass Supermärkte über 400 Quadratmeter Ladenfläche noch genießbare Lebensmittelreste an gemeinnützige Organisationen (zum Beispiel Tafeln) und für gemeinnützige Zwecke weitergeben. Wir Grüne im Bundestag unterstützen diese oder ähnliche Maßnahmen der Lebensmittelrettung aus dem Einzelhandel. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft prüft derzeit die rechtlichen Möglichkeiten.
Mehrwertsteuer gesund und nachhaltig gestalten
Eine Nullbesteuerung für Obst, Gemüse, Vollkorngetreide, Nüsse, Hülsenfrüchte und Wasser steht auf der Forderungsliste der Bürger*innen. Im Gegenzug würden Zucker sowie tierische Produkte der Haltungsstufe 1 und 2 mit 19 Prozent besteuert. Fleisch- und Milchersatzprodukte sollen in die Liste der Grundnahrungsmittel aufgenommen werden. Mit seiner Forderung nach einer Nullsteuer für Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte konnte sich Cem Özdemir bisher in der Koalition nicht durchsetzen.
Gesunde Krankenhaus- und Pflegeversorgung
In Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sollen nach Votum des Bürgerrats die DGE-Standards eingeführt werden. Damit die Finanzierung gesichert ist, ist ein wichtiger Punkt, dass Ernährung in der Budgetierung der Krankenhäuser unter Gesundheitskosten verbucht würde, und nicht wie bisher unter „Sonstiges“. Hierfür machen sich unsere Abgeordneten Renate Künast und Johannes Wagner schon länger stark.
Altersgrenze für Energydrinks
Der Bürgerrat plädiert für eine Altersgrenze von mindestens 16 Jahren bei Energydrinks, um den gesetzlich verankerten Kinder- und Jugendschutz zu gewährleisten. Die Gesundheitsschäden und das Suchtpotential seien ähnlich gravierend wie bei Zigaretten und Alkohol.
Mehr Personal für Lebensmittelkontrollen
Für Gesundheitsschutz und Transparenz fordern die Bürger*innen mehr Personal für häufigere Lebensmittelkontrollen. Die Ergebnisse sollen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
Wie geht es weiter?
Am 20. Februar wurde das ausformulierte Bürgergutachten der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas übergeben. Dort fand eine erste fraktionsübergreifende Diskussion der Empfehlungen mit Fachpolitiker*innen statt. Am 14. März wurde wurde das Bürgergutachten im Plenum diskutiert. Im Agrar- und Ernährungsausschuss, wie auch in anderen thematisch zuständigen Ausschüssen, werden die Ergebnisse aufgesetzt und mit den Bürger*innen diskutiert.
Die Grüne Bundestagsfraktion begrüßt und unterstützt die Empfehlungen des Bürgerrats ausdrücklich. Das können Sie in unserer Antwort auf den Offenen Brief von 83 Organisationen nachlesen, in dem wir uns eingehend mit jeder einzelnen Empfehlung befassen. Wir machen Politik für alle Menschen in Deutschland, wenn wir die DGE-Standards in der Gemeinschaftsverpflegung verpflichtend machen wollen oder wenn wir auf ein verpflichtendes Siegel pochen, während andere zur Freiwilligkeit drängen. Die Ergebnisse des Bürgerrates dürfen nun für den Bundestag nicht nur Lesestoff sein oder sich in langatmigen Diskussionen erschöpfen. In dieser Legislaturperiode müssen wir zur Umsetzung kommen, an einigen Dingen sind wir längst dran oder sie sind zum Teil umgesetzt. Wir werden ausloten, an welchen Stellen wir Forderungen des Bürgerrats noch in dieser Legislatur in Regierungshandeln umsetzen können.
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