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Europäische Kommission genehmigt Glyphosat wieder
- Glyphosat ist ein Totalherbizid, das alle Pflanzen – und damit die Grundlage für funktionierende Ökosysteme – abtötet. Zudem steht es im Verdacht, krebserregend zu sein.
- Die Koalitionspartner haben deshalb im Koalitionsvertrag der Bundesregierung festgelegt, Glyphosat Ende 2023 vom Markt zu nehmen.
- Unter den EU-Mitgliedsstaaten gibt es keine qualifizierte Mehrheit für die Wiedergenehmigung von Glyphosat. Dennoch hat die Europäische Kommission das Gift für weitere 10 Jahre genehmigt.
Die Europäische Kommission hat am 28. November 2023 den umstrittenen Pestizid-Wirkstoff Glyphosat im Alleingang für weitere zehn Jahre genehmigt. Als Grundlage für die Durchführungsverordnung und den Überprüfungsbericht der EU-Kommission dienten die Schlussfolgerungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zu Glyphosat. Die EFSA weist darauf hin, dass die ihr verfügbaren Informationen keine eindeutigen Schlussfolgerungen der Risikobewertung zum Aspekt der Biodiversität zuließen.
Alleinige Entscheidung der Europäischen Kommission
Am 16. November 2023 gab es unter den EU-Mitgliedsstaaten erneut keine qualifizierte Mehrheit für die Wiedergenehmigung von Glyphosat. Die Kommission ist ihrer Aufgabe, einen mehrheitsfähigen Kompromiss für die Mitgliedsstaaten zu finden, nicht gerecht geworden.
Als Ampel-Koalition haben wir klar festgelegt, Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt zu nehmen. Da die FDP-Ministerien mit einem Veto im Bundeskabinett trotzdem eine Glyphosat-Ablehnung auf EU-Ebene verhindert haben, musste sich Deutschland im Ständigen Ausschuss (SCoPAFF) und in der Sitzung des Berufungsausschusses enthalten. Das allerdings hat wie eine Ablehnung dazu geführt, dass keine qualifizierte Mehrheit zustande kam.
Im Berufungsausschuss stimmten Österreich, Kroatien und Luxemburg gegen Glyphosat. Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, Bulgarien, Malta und die Niederlande enthielten sich.
Die EU-Kommission hat sich dann – was sie formal kann – über dieses Votum hinweggesetzt und die Glyphosat-Genehmigung verlängert.
Ist Glyphosat also nicht so gefährlich? Doch!
Dem Abstimmungsprozess war die Bewertung der EFSA vorangegangen. Eine grundsätzliche Schwäche der EFSA-Schlussfolgerungen ist, dass das Vorsorgeprinzip nicht konsequent angewendet wird. Damit liegt die Beweislast für eine negative Auswirkung bei den Bewertungsbehörden.
Der Beweis ist kompliziert: Ein großes Problem im Zusammenhang mit der Glyphosat-Anwendung sind Schäden für die Biodiversität. Das Totalherbizid vernichtet alle Pflanzen auf dem Acker und damit die Lebensgrundlage für viele Insekten, die wiederum Nahrungsquelle für Vögel und andere Wirbeltiere sind. Glyphosat-Anwendungen gehen daher mit einem massiven Biodiversitätsverlust in der Agrarlandschaft einher. Diesen Aspekt haben die Behörden bisher nur lückenhaft geprüft und unzureichend bewertet.
In den letzten Jahren fanden Forscher*innen weitere Hinweise dafür, dass Glyphosat womöglich krebserregend ist (Chang et al. (2023), Benbrook et al. (2023)). Diese neueren Studien hat die EFSA nicht berücksichtigt. Ihre Schlussfolgerungen ignorieren auch die Bewertung durch die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) bei den Vereinten Nationen, wonach Glyphosat möglicherweise krebserregend ist. Glyphosat steht außerdem in Verdacht, Parkinson zu verursachen (Bloem und Boonstra, 2023).
Nicht jede Pflanze muss weg
Um unliebsames Unkraut auf dem Acker loszuwerden, greifen konventionell wirtschaftende Landwirt*innen oft zu Herbiziden. Pestizidhersteller bieten ihnen dafür Produkte an, die darauf ausgelegt sind, möglichst viele Pflanzentypen zu töten. Dabei vermindern nur bestimmte Pflanzen den Ernteertrag deutlich. Viele andere Ackerkräuter sind unbedenklich für den Landbau und könnten zur Artenvielfalt beitragen.
Dies ist auch in der Gesetzgebung berücksichtigt: Die Richtlinie 2009/128/EG fordert die möglichst selektive Verwendung von Pestiziden; das Pflanzenschutzgesetz sieht die Berücksichtigung der guten fachlichen Praxis und der Grundsätze des Integrierten Pflanzenschutzes vor (BVL 2019). Bayer, BASF und andere ignorieren hier bewusst den Willen des Gesetzgebers. Denn in der guten fachlichen Praxis ist eigentlich kein Platz für ein Totalherbizid wie Glyphosat.
Menschen wollen Glyphosat vom Acker haben
PAN Europe hat vor kurzem eine Befragung in sechs EU-Mitgliedsstaaten in Auftrag gegeben mit jeweils mindestens 1000 befragten Erwachsenen in Dänemark, Deutschland, Frankreich, Polen, Rumänien und Spanien. 62 Prozent der Befragten waren der Meinung, Glyphosat solle verboten werden. Lediglich 14 Prozent sprachen sich für eine Verlängerung der Genehmigung aus. 24 Prozent der Befragten hatten keine Meinung. Im Rahmen der erfolgreichen europäischen Bürgerinitiative ‚Stop Glyphosate‘ fordern mehr als eine Million EU-Bürger*innen ein Ende der Glyphosat-Anwendung.
Wir nehmen die Verpflichtung an und werden uns zum einen weiterhin für ein schnellstmögliches Glyphosatverbot in der EU einsetzen und zum anderen dafür sorgen, den Schaden national so gut wie möglich zu begrenzen.
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