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Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt

  • Auch wenn Lesben, Schwule, Bisexuelle, transgeschlechtliche und intergeschlechtliche sowie andere queere Menschen (LSBTIQ*) zunehmend offen leben, bleiben Diskriminierung, Vorurteile und Ressentiments im Alltag ein großes Problem.
  • Alle Menschen sollen gleichberechtigt, frei, sicher und selbstbestimmt an der Gesellschaft teilhaben. Damit dies auch für LSBTIQ* möglich ist, brauchen wir eine aktive Politik gegen Diskriminierung und für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt.
  • Um Queerfeindlichkeit entgegenzuwirken, verabschiedete die Bundesregierung Ende 2022 den bundesweiten Aktionsplan für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Er enthält Empfehlungen für Maßnahmen in sechs Handlungsfeldern. Nun liegt der erste Umsetzungsbericht vor, aus dem hervorgeht, dass 83 der 134 Maßnahmen bereits umgesetzt wurden oder sich aktuell in der Umsetzung befinden.

Trotz großer gesellschaftlicher und rechtlicher Fortschritte bestehen Anfeindungen und Ausgrenzung von LSBTIQ* in der Gesellschaft nach wie vor fort. So macht eine überwältigende Mehrheit der lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen sowie anderen queeren Jugendlichen Diskriminierungserfahrungen aufgrund ihrer sexuellen beziehungsweise geschlechtlichen Identität. Die Suizidrate und das Risiko von Wohnungslosigkeit sind bei queeren Jugendlichen signifikant höher als bei gleichaltrigen Heterosexuellen. Da Vorurteile und Ressentiments gegenüber LSBTIQ* tief in der Mitte der Gesellschaft verankert sind, hat auch die Mehrheit queerer Arbeitnehmer*innen bereits Diskriminierung am Arbeitsplatz erlebt.

Zudem trägt Deutschland vor dem Hintergrund der systematischen Entrechtung, Erniedrigung, Deportation und Ermordung von tausenden Homosexuellen in der Zeit des Nationalsozialismus und angesichts der Fortsetzung der Verfolgung in beiden deutschen Staaten nach 1945 eine besondere Verantwortung im Kampf gegen Menschenfeindlichkeit, die sich gegen die geschlechtliche oder sexuelle Identität richtet.

Deshalb forderte die grüne Bundestagsfraktion seit längerer Zeit eine aktive Politik gegen Diskriminierung und für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt und begrüßte ausdrücklich den von der Bundesregierung 2022 verabschiedeten bundesweiten Aktionsplan „Queer leben“, der Maßnahmen in sechs Handlungsfeldern (rechtliche Anerkennung, Teilhabe, Sicherheit, Gesundheit, Stärkung von Beratungs- und Communitystrukturen, Internationales) enthält. Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, hat die Erstellung des Aktionsplans, den Beteiligungsprozess und die Umsetzung der queerpolitischen Vorhaben innerhalb der Bundesregierung koordiniert.

Dem Beschluss der Bundesregierung folgten die konkrete Ausgestaltung, Priorisierung und Umsetzung der Maßnahmen in einem ressortübergreifenden Arbeitsgruppenprozess unter Einbeziehung von Zivilgesellschaft und Verbänden sowie den Bundesländern. 78 Verbände und Initiativen wurden ausgewählt, um die Perspektiven von LSBTIQ*, Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften und weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen in die 14 gegründeten Arbeitsgruppen einzubringen. 

Dank aller Beteiligten liegen nun 14 Empfehlungspapiere vor. Die Empfehlungen werden im Namen der Zivilgesellschaft ausgesprochen und unterstützen die zuständigen Bundesressorts bei der Umsetzung der im Aktionsplan vereinbarten Maßnahmen mit konkreten Vorschlägen.

Rechtliche Anerkennung

Trotz der historischen Entscheidungen des Bundestages zur Rehabilitierung der nach § 175 StGB Verurteilten und zur Öffnung der Ehe werden insbesondere Regenbogenfamilien noch immer diskriminiert und die Grundrechte trans- und intergeschlechtlicher Menschen beschnitten. Deshalb haben wir das Transsexuellengesetz durch ein modernes Selbstbestimmungsgesetz ersetzt, dessen Leitbild die persönliche Freiheit statt Fremdbestimmung ist. Zudem haben wir das Diskretionsgebot für queere Geflüchtete abgeschafft, sodass bei der Prüfung der Gefährdung von queeren Geflüchteten in ihren Herkunftsstaaten immer davon auszugehen ist, dass die sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität offen gelebt wird. 

Teilhabe

Auch wenn LSBTIQ* zunehmend offen leben, ist ihre gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben noch längst keine Realität. Hauptziel des bundesweiten Aktionsplans ist daher die Befähigung und Unterstützung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen sowie anderen queeren Menschen, sich in allen gesellschaftlichen Bereichen aktiv zu engagieren und als ein gleichberechtigter und angemessen zu berücksichtigender Teil der Gesellschaft wahrgenommen zu werden. Dies setzt den Ausbau der Forschung zur Lebenssituation von LSBTIQ* und Förderung der gesellschaftlichen Akzeptanz voraus. In diesem Handlungsfeld wurden mehrere Maßnahmen umgesetzt, wie beispielsweise Finanzierung der Forschungsprojekte zur Lebenssituation von queeren Jugendlichen, Berücksichtigung von LSBTIQ* in der Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit, Förderung queerer Filmkultur wie den TEDDY Award sowie finanzielle Absicherung queerer Senior*innenverbände.

Sicherheit

Die zahlreichen queerfeindlichen Hassverbrechen sind alarmierend. Daher sind die Maßnahmen im Bereich Sicherheit von besonderer Bedeutung. Deshalb wurden geschlechtsspezifische sowie gegen die sexuelle Orientierung gerichtete Tatmotive explizit in die Regelung zur Hasskriminalität aufgenommen und der Arbeitskreis „Bekämpfung homophober und transfeindlicher Gewalt“ mit Teilnehmenden aus Wissenschaft und Praxis eingerichtet. Die Bundesregierung hat zudem unter anderem die Gewaltschutzstrategie nach der Istanbul-Konvention verabschiedet, in der queerfeindliche Gewalt als Form geschlechtsspezifischer Gewalt explizit adressiert wird und den Kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen politisch-motivierter Kriminalität bezüglich LSBTIQ*-feindlichen Straftaten angepasst.

Gesundheit

Die historische und bis in die Gegenwart anhaltende Stigmatisierung und (Psycho-)Pathologisierung von LSBTIQ* hat nachhaltige psychosoziale Folgen für die Betroffenen. Ein längst überfälliger Schritt Richtung inklusives Gesundheitssystem war die Beendigung des diskriminierenden Blutspendeverbots für schwule und bisexuelle Männer sowie transgeschlechtliche Menschen. Die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für Kostenübernahme geschlechtsangleichender Behandlungen konnte wegen vorzeitigen Endes der Koalition leider nicht finalisiert werden.

Stärkung von Beratungs- und Communitystrukturen

Belange von LSBTIQ*, insbesondere die von betroffenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen, sind sowohl vielfältig als auch spezifisch und erfordern sehr häufig vertieftes rechtliches und medizinisches Fachwissen, welches bislang in den Regelberatungsstellen nur selten zur Verfügung steht. Die bestehenden Strukturen der Community sind allerdings meist nur in größeren Städten etabliert und oftmals nur mit einer prekären Finanzierung ausgestattet. Um das Netzwerk zivilgesellschaftlicher Beratungsstellen gegen Diskriminierung flächendeckend auszubauen, wurde das Programm „respekt*land“ gestartet. Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung Kompetenzentwicklung trans*sensibler Beratung für Weiterbildungsdozent*innen, Berater*innen und Supervisor*innen in den Arbeitsfeldern der Lebens-, Paar-, Erziehungs- und Familienberatung.

Internationales

Das Eintreten für die Menschenrechte von LSBTIQ* darf nicht an deutschen Grenzen enden. In etwa 70 Ländern der Welt steht gleichgeschlechtliche Liebe noch immer unter Strafe, teilweise sogar unter Todesstrafe. Der Schutz und die Förderung der Menschenrechte von LSBTIQ* weltweit soll deshalb ein wichtiger Teil und Querschnittsaufgabe der deutschen Menschenrechtspolitik weltweit sowie integraler Bestandteil der Entwicklungs- und feministischen Außenpolitik. So wurden queere Menschen im humanitären Aufnahmeprogramm für gefährdete Menschen aus Afghanistan berücksichtigt, ebenso LSBTIQ*-Verteidiger*innen in den Schutzprogrammen für gefährdete zivilgesellschaftlich Aktive. Die Bundesregierung setzt sich zudem regelmäßig vertraulich und nicht-öffentlich bilateral für LSBTIQ*-Belange ein. Und in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sind Rechte von LSBTIQ* als Querschnittsthema verankert, um Sichtbarkeit und Selbstbestimmung von Menschen mit diversen sexuellen Orientierungen, geschlechtlichen Identitäten und Geschlechtsmerkmalen in Partnerländern zu verbessern.

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