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Unterstützung der Kommunen bei der Aufnahme Geflüchteter
- Noch immer suchen sehr viele Menschen aus der Ukraine Schutz in unserem Land vor dem brutalen Angriffskrieg Russlands. Zusätzlich beantragen mehr Menschen (vor allem aus Syrien, Afghanistan, dem Iran und der Türkei) Asyl in Deutschland.
- Die Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten ergibt sich aus der EU Grundrechte-Charta und der Genfer Flüchtlingskonvention. Sie ist unsere humanitäre Verpflichtung und wird vor allem durch Städte und Gemeinden mit Hilfe von vielen sehr engagierten Helfer*innen organisiert.
- Die Unterbringung und Integration der Ukrainer*innen und weiteren Asylsuchenden stellt die Kommunen derzeit vielerorts vor große Herausforderungen. Die Situation vor Ort unterscheidet sich je nach verfügbaren Kapazitäten und weiteren Rahmenbedingungen. Hier braucht es pragmatische und differenzierte Lösungen, die den Verantwortlichen vor Ort bei der Versorgung der Schutzsuchenden auch tatsächlich helfen.
Im Jahr 2022 haben rund 218.000 Menschen einen Asylerstantrag gestellt. Hinzu kommen rund eine Million Menschen aus der Ukraine – in der Mehrzahl Frauen und Kinder, die vor dem russischen Angriffskrieg fliehen mussten. Die Aufnahme hunderttausender Geflüchteter, insbesondere aus der Ukraine, hat seit Beginn des russischen Angriffskriegs auch deshalb funktioniert, weil alle – Bund, Länder, Kommunen, die Zivilgesellschaft und unzählige Bürger*innen – geschlossen und solidarisch handeln.
Auch wenn die meisten Kommunen besser vorbereitet sind als noch 2015 und Ukrainer*innen häufig privat unterkommen, haben die Wohnungsmärkte vielerorts ihre Kapazitätsgrenze erreicht. Für viele ukrainische Geflüchtete – aber vor allem für die Asylsuchenden – bleiben nur Sammelunterkünfte in Turn- und Mehrzweckhallen sowie Containerlösungen. Für eine gelingende Integration sind das keine guten Voraussetzungen.
Gute und schnelle Integration und Sprachförderung hilft allen. Daher müssen die Förderung bei der Integration und bei den Sprachkursen erhöht werden. Vor allem die Förderung von Kindern in Kitas und Schulen muss verstärkt in den Blick genommen werden.
Aufnahmekapazitäten müssen ausgebaut werden
Die Nutzung der Bundesimmobilien (BIMA) ist wichtig und richtig und sollte durch den Bund weiter ausgebaut werden. Dazu sind flexible und pragmatische Lösungen wichtig (zum Beispiel Unterstützung durch THW und beratende Unterstützung des Bundes). Der Bund muss alle leerstehenden Wohnungen in seinem Besitz, die zur Unterbringung von Geflüchteten als geeignet identifiziert wurden, zur Verfügung stellen, diese gegebenenfalls Instandsetzen und diese Kommunen und Ländern mietzinsfrei überlassen. Der Bund sollte offensiv an die Kommunen und Länder kommunizieren, wo welche Objekte mit wie vielen Plätzen zur Verfügung stehen.
Die Länder müssen ihre Aufnahmekapazitäten ausweiten und dadurch die Kommunen entlasten. Um sich anbahnende Kapazitätsengpässe möglichst frühzeitig zu identifizieren, bedarf es eines gemeinsamen, bundesweiten Monitoring der Aufnahmekapazitäten und eine vorausschauende Information von Ländern und Kommunen zu prognostizierten Ankunftszahlen.
Die Verpflichtung für viele Geflüchtete in Erstaufnahmeeinrichtungen zu wohnen, obwohl sie bei Verwandten unterkommen könnten, sollte aufgehoben werden. Damit werden zügig Kapazitäten frei. Durch die Beschlüsse von Bund und Ländern aus dem April 2022 gelten für Geflüchtete aus der Ukraine und Asylsuchende unterschiedliche Regelungen. Während Menschen aus der Ukraine Anspruch auf SGB II und XII- Leistungen haben, erhalten Asylsuchende Unterstützung über das Asylbewerberleistungsgesetzes. Ukrainer*innen dürfen sich also privat unterbringen und auf dem Wohnungsmarkt eine Unterkunft suchen. Auch viele Asylsuchende haben in Deutschland bereits Verwandte, bei denen sie unterkommen könnten. Hier sollte ihnen, wie auch den ukrainischen Geflüchteten, pragmatisch erlaubt werden, bei ihren Familien unterzukommen. Damit werden zügig freie Kapazitäten geschaffen, und die Unterbringung in Turnhallen wird vermieden.
Finanzhilfen des Bundes
Nicht nur Unterbringung und Versorgung geflüchteter Menschen kosten Geld, sondern auch deren Integration. In vielen Städten und Gemeinden ist dieses aber insbesondere durch die Energiekrise und die wirtschaftlichen Folgen des Angriffskrieges knapp. Ein Streit über die Finanzierung darf aber nicht auf dem Rücken der Geflüchteten ausgetragen werden.
Es ist gut, dass es bei der Ministerpräsident*innenkonferenz (MPK) Anfang November 2022 zu einer ersten Verständigung über die Finanzierung der flüchtlingsbezogenen Kosten gekommen ist. Hier haben sich Bund und Länder darauf geeinigt, dass der Bund sie in diesem Jahr mit 1,5 Milliarden Euro für ihre Ausgaben im Zusammenhang mit Geflüchteten unterstützt. Im Jahr 2023 soll es dann weitere 1,5 Milliarden Euro für die Versorgung der Geflüchteten aus der Ukraine geben. Zusätzlich sollen Ländern und Kommunen ab dem Jahr 2023 auch jährlich 1,25 Milliarden Euro für Schutzsuchende, die aus anderen Ländern nach Deutschland kommen, zur Verfügung gestellt werden. Ein neuer Austausch über Finanzierungsfragen soll im April 2023 erfolgen. Hierbei sollten dann auch Kommunalvertreter*innen mit am Verhandlungstisch sitzen, da letztlich Städte und Gemeinden die Orte sind, die eine gelungene Versorgung und Integration verantworten. Grundlage für die Beratungen zwischen Bund und Ländern ist die klare Aussage im Koalitionsvertrag zur Verstetigung einer Bundesbeteiligung an den Aufwendungen von Ländern und Kommunen. Dabei muss auch die Finanzierung der für die Integration notwendigen Angebote wie Schule und Kitas berücksichtigt werden.
Auch die Finanzierungslast für Menschen mit Duldungsstatus verbleibt bei den Kommunen. Doch hier ergeben sich wahrscheinlich mittel- und langfristig Entlastungschancen durch die Einführung des Chancen-Aufenthaltsrechts, das zum Januar 2023 in Kraft getreten ist.
In Anbetracht der sehr hohen Anzahl an Geflüchteten bedarf es einer finanziellen Beteiligung des Bundes analog zu der Beteiligung ab 2016 im Zuge des Syrienkrieges. Die wichtigsten Bestandteile sind hierbei die Unterstützung bei den Kosten der Unterkunft, die Pauschale pro Geflüchtetem (erhöht auf 1000 Euro), die Unterstützung für Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und die Integrationspauschale.
Einwanderungs- und Ausländerbehörden sind durch hohe Fallzahlen und Fachkräftemangel überlastet. Wir müssen die Entlastung der Einwanderungs- und Ausländerbehörden bei Gesetzesreformen ermöglichen. Der Städtetag schlägt zum Beispiel die Reduzierung des Prüfungsaufwand bei Ausländerbehörden und Vereinfachungen von Prozessen vor.
Solidarität und Zusammenhalt stärken
Im Spannungsfeld von Inflation, Rezession und von Energie- und Umweltkrise wird schnell der Ruf nach einer repressiveren Flüchtlingspolitik laut und es werden Ressentiments bedient. Wer nun unbelegte Behauptungen über vermeintliche Pull-Effekte oder den angeblichen Missbrauch von Sozialleistungen durch ukrainische Geflüchtete äußert, handelt verantwortungslos. Es wird versucht Geflüchtete auseinander zu dividieren – ukrainische Geflüchtete gegen vermeintlich illegal Einreisende. Es wird der Eindruck erweckt, dass die meisten der hier ankommenden Schutzsuchenden keine Flüchtlinge seien. Dabei werden die meisten Ermittlungsverfahren wegen illegaler Einreise regelmäßig, zumeist einige Wochen nach der Einreise, durch die Staatsanwaltschaft eingestellt.
Mehr Abschiebungen werden kurz- oder mittelfristig kaum zur Entlastung beitragen. Migrationsabkommen mit Herkunftsländern sind wichtig, brauchen aber Zeit. Derzeit kommt zudem der allergrößte Teil der Schutzsuchenden aus Ukraine, Syrien, Afghanistan, dem Iran und Türkei.
Die Aufnahme und Integration der Geflüchteten ist eine große Aufgabe. Bund, Länder, Kommunen und Zivilgesellschaft müssen hier geschlossen und solidarisch handeln.
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