Statement vom 05.06.2024

Schahina Gambir und Beate Walter-Rosenheimer zu den Parlamentswahlen in Indien

Zu den Parlamentswahlen in Indien erklären Schahina Gambir, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, und Beate Walter-Rosenheimer, Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe:

Schahina Gambir
„Die hindunationalistische BJP von Premierminister Modi hat bei den Parlamentswahlen Verluste eingefahren. Dies ist auch eine Reaktion auf den Demokratieabbau unter seiner Regierung. Der Wahlkampf war auch von einer Verrohung des politischen Diskurses und der Sorge über demokratische Rückschritte geprägt. Besorgniserregend ist auch die gezielte Hetze gegen die muslimische Minderheit seitens der BJP.

Die künftige Regierung trägt die Verantwortung, die traditionellen demokratischen Prinzipien Indiens wie Minderheitenschutz und Meinungsvielfalt zu achten und zu sichern.

Indien spielt seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine in der internationalen Gemeinschaft eine wichtige Mittlerrolle und ist zentral für den Umgang mit globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel. Deshalb ist und bleibt Indien trotz der Herausforderungen ein Partner in der Region und auf der Weltbühne.

Die Parlamentswahlen in Indien waren einmal mehr die größten demokratischen Wahlen der Welt: Hunderte Millionen indische Bürger*innen haben in den letzten Wochen ihr Stimmrecht wahrgenommen und damit gezeigt, dass ihnen die Demokratie viel bedeutet und sie bei der Zukunft Indiens mitsprechen wollen.“

Beate Walter-Rosenheimer
„Auch wenn das Wahlergebnis der BJP nicht so hoch ausgefallen ist, wie Narendra Modi es sich gewünscht hätte, heißt es trotzdem, weiter wachsam zu sein. Denn seine erneute Wiederwahl bereitet durchaus Grund zur Sorge: Die BJP mit ihrem strikt hindunationalistischen Kurs schürt Hass gegen religiöse Minderheiten, vor allem gegen Muslime. Menschenrechtsverteidiger*innen werden unter Druck gesetzt, zum Teil sogar inhaftiert, die Handlungsspielräume für eine kritische Zivilgesellschaft immer mehr verengt und Minderheiten wie Dalits oder Adivasi weiter klein gehalten.

Der hindunationalistische Kurs Modis und der BJP findet dennoch in weiten Teilen der indischen Bevölkerung großen Rückhalt. Doch die Lage der Menschenrechte im Land ist prekär. So ergab das Staatenüberprüfungsverfahren Indiens des UN-Menschenrechtsrats im März 2023 ein klares Bild: Die Lage der Menschenrechte in Indien ist bei weitem kein Aushängeschild für die größte Demokratie der Welt. Eine Vielzahl der 130 am Überprüfungsverfahren beteiligten Staaten, darunter auch Deutschland, haben Indien aufgefordert, die Menschenrechtslage zu verbessern.

Die nächsten Jahre werden für Indien wegweisend sein, denn das Land steht vor großen Weichenstellungen - auch vor dem Hintergrund der geopolitischen Herausforderungen und der sich verschiebenden Weltordnung. Indien ist ein wichtiger strategischer und wirtschaftlicher Partner Deutschlands und der westlichen Demokratien, umso mehr gilt es, wachsam zu sein. Ein Abrutschen Indiens in eine Autokratie wäre fatal.“