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UNRWA-Verbot: Gefährliche Versorgungslücke droht
Zu dem am Donnerstag in Kraft getretenen „Gesetz zur Beendigung der UNRWA-Operationen“ und dem „Gesetz zur Beendigung der UNRWA-Operationen auf dem Territorium des Staates Israel“ erklärt Boris Mijatović, Sprecher für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe:
Das Verbot der UNRWA-Tätigkeiten in Israel und Ostjerusalem, die massiven Tätigkeitseinschränkungen in den besetzten palästinensischen Gebieten und das Kontaktverbot mit israelischen Behörden werfen schwerwiegende völkerrechtliche und humanitäre Fragen auf. UNRWA leistet seit Jahrzehnten wichtige humanitäre Hilfe für Millionen von Palästinenserinnen und Palästinensern, insbesondere in den Bereichen humanitäre Hilfe, Bildung, Gesundheitsversorgung und Grundversorgung. Der Ausschluss des Hilfswerks der Vereinten Nationen gefährdet diese essenziellen Unterstützungsleistungen.
Insbesondere die humanitäre Versorgung der notleidenden Bevölkerung Gazas und die brüchige Waffenruhe sind dadurch gefährdet, dass zukünftig alle an UNRWA ausgewiesenen Hilfsgüterimporte blockiert, Notunterkünfte nicht mehr betrieben werden können und die „No-Contact“-Politik mit israelischen Behörden notwendige Abstimmungen verhindert.
Als Besatzungsmacht ist Israel gemäß der Vierten Genfer Konvention verpflichtet, die Grundversorgung der Bevölkerung in den besetzten Gebieten sicherzustellen. Bisher hat Israel jedoch keinen tragfähigen Plan vorgelegt, wie diese Versorgung ohne UNRWA gewährleistet werden soll. Dies gilt sowohl in Bezug auf die Lieferung und Verteilung von Hilfsgütern in Gaza, als auch bei Bildung und Gesundheitsversorgung im Westjordanland und Ostjerusalem.
Bei allem zurecht aufgezeigten Reformbedarf innerhalb von UNRWA muss klar sein, dass es zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine alternativen Strukturen gibt, die diese humanitäre Hilfe adäquat ersetzen können oder über das Mandat der UN-Generalversammlung verfügen. Es droht somit eine Verschärfung der Hungerkrise, ein Zusammenbruch der medizinischen Versorgung und die Schließung oder starke Einschränkung der Arbeit von 96 Schulen im Westjordanland und in Ostjerusalem – mit fatalen Auswirkungen auf die Zukunft einer ganzen Generation.
Die Entscheidung der israelischen Regierung wirft auch langfristige Fragen zur Stabilität der Region auf. Ohne die Strukturen von UNRWA drohen eine Eskalation der humanitären Krise und durch zunehmende Perspektivlosigkeit und Verzweiflung eine Destabilisierung der palästinensischen Gesellschaft. Deutschland trägt eine besondere Verantwortung, sich für eine Lösung einzusetzen, die sowohl Israels Sicherheitsinteressen als auch die Rechte der palästinensischen Bevölkerung berücksichtigt.