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Abgeschlossene Koalitionsverhandlungen von CDU/CSU und SPD
Anlässlich der abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen von CDU/CSU und SPD erklären die Fraktionsvorsitzenden Britta Haßelmann und Katharina Dröge:
Britta Haßelmann:
Gestern kam der Abschluss der Koalitionsverhandlungen von CDU/CSU und SPD. Allen wird deutlich: Mit der Grundgesetzänderung hat diese neue schwarz-rote Koalition das Beste schon hinter sich. Viel kann nicht mehr kommen, wenn man sieht, wie mutlos und auch kraftlos das Ganze ist.
Es gibt 18 Kommissionen und Arbeitskreise, auf die man sich verständigt hat, und es drängt sich der Eindruck auf, dass jedes Thema, das kontrovers ist, in eine Kommission oder einen Arbeitskreis verlegt ist. Frei nach dem Motto: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis. Dafür ist die Lage aber zu ernst. Viele der Fragen, die ganz relevant sind, sind verlegt auf später, zum Teil ist 2027 als Datum angegeben.
Wenn es zum Beispiel um die sozialen Sicherungssysteme oder die Zukunft der Pflege geht, dann sind bei der Rente, der Frage der Entwicklung der Sozialversicherungsbeiträge oder aber auch der Zukunft der Pflegefinanzierung alle relevanten Fragen verlegt in eine Kommission ohne jedwedes Ergebnis, was erkennbar sein könnte, teilweise auf 2027. Dabei drängen diese Fragen sehr.
Auffallend ist an dem Punkt, dass ausgerechnet die Mütterrente beschlossen ist und ihre Finanzierung offenbar auch sichergestellt werden soll, während das Signal an die junge Generation ist: Wartet ab, wir wissen noch nicht, wie wir ein tragfähiges, zukünftiges Rentensystem gestalten, das die Gerechtigkeit der Generationen und die Anerkennung der Lebensleistung der jetzigen Generation beinhaltet. Wartet auf den Kommissionsbericht bis 2027, das ist die Botschaft an die jüngere Generation. Es ist gerade mit Blick auf die junge Generation nicht besonders verantwortungsvoll, so zu agieren.
Jede und jeder von uns weiß, dass die Sozialversicherungsbeiträge immens steigen und dass es darauf jetzt eine Antwort braucht. Bürgerinnen und Bürger haben damit zu rechnen, dass bei allen Sozialversicherungsbeiträgen insgesamt in 10 Jahren bis zu 1.000 Euro höhere Beiträge im Jahr anfallen könnten für sie.
Alleine bei der gesetzlichen Krankenversicherung, so wissen wir aus den Berechnungen, ist klar, dass mit 700 Euro Mehrkosten im Jahr für ein durchschnittliches Einkommen zu rechnen ist für die Bürgerinnen und Bürger in zehn Jahren.
Und wenn diese Zahlen nicht deutlich machen, dass es mehr braucht als eine Kommission, auf die sich SPD und CDU/CSU verständigt haben, dann weiß ich nicht, was sonst. Die junge Generation hat das Recht dazu, dass Politik für die Zukunft für alle gemacht wird und drängende Fragen beantwortet werden.
Katharina Dröge:
Den Eindruck haben Britta Haßelmann und ich gemeinsam: Die Interessen von Kindern und Jugendlichen saßen bei diesen Koalitionsverhandlungen ganz offensichtlich nicht mit am Tisch. Koalitionen werden geschlossen von Menschen in mittlerem Alter oder höherem Alter, und trotzdem sollte irgendeiner in der Lage sein, auch an die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen zu denken.
Wir Grünen haben ja erwartet, dass, wenn CDU und SPD miteinander einen Koalitionsvertrag abschließen, Klimaschutz zur Randnotiz wird, dass Klimaschutz in den nächsten vier Jahren in dem Sinne nicht vorkommt, dass es Stillstand bedeutet und dass es keinen Fortschritt gibt. Angesichts des jetzt schon besorgniserregenden Ausmaßes der Klimakrise – wir erleben jetzt schon Keller, die volllaufen, wir erleben jetzt schon Wassermangel und Dürren im Sommer, wir erleben jetzt schon brennende Wälder in Europa –, angesichts dieses jetzigen Ausmaßes der Klimakrise wäre ein Stillstand alleine schon verantwortungslos gewesen.
Doch das, worauf CDU und SPD sich verständigt haben, – und ich hätte nicht geglaubt, dass eine Koalition das im Jahr 2025 ernsthaft tut, – ist ein Rückschritt beim Klimaschutz, ist ein Zurück in die Vergangenheit, ist ein Abwickeln von relevanten Klimaschutzmaßnahmen, die die letzte Bundesregierung durch unseren Einsatz beschlossen hat.
Sie werden nachhaltige Mobilität teurer machen, indem der Preis für das Deutschlandticket steigen soll. Sie wollen dreckige Kohlekraftwerke länger am Netz halten. Sie wollen Gaskraftwerke bauen ohne die Option, auf Wasserstoff umzustellen, und das Ganze dann auch noch mit CCS versehen, damit diese klimaschädliche Technologie auch möglichst lange laufen soll. Sie wollen am Ende bei den Flächenzielen für die Windenergie nochmal evaluieren. Sie wollen am Ende all das, was Fortschritt hätte bringen können, zurück abwickeln.
Und da ist das Größte wahrscheinlich das Heizungsgesetz. Denn klimafreundliche Wärme, das war der große Schritt, den wir in der letzten Legislaturperiode gemacht haben. Davon wollen sich CDU und SPD jetzt in diesem Sektor verabschieden, ohne eine konkrete Antwort darauf zu geben, was stattdessen Klimaschutz im Bereich der Wärme bringen könnte.
Damit geben CDU und SPD das Klimaziel aus dem Klimaschutzgesetz für das Jahr 2030 auf. Damit planen Sie den Bruch des deutschen Klimaschutzgesetzes, wenn sie diesen Koalitionsvertrag in die Tat umsetzen. Das ist verantwortungslos mit Blick auf die Realität, in der wir jetzt leben, und mit Blick auf das Recht künftiger Generationen, in diesem Land in Freiheit und Selbstbestimmung und Würde zu leben.
Zweitens: Uns fällt auf, dass CDU/CSU und SPD jetzt schon mit Blick auf die Finanzen einen großen Fehler machen. Da steht nämlich folgender Satz im Koalitionsvertrag: Alle Maßnahmen dieses Koalitionsvertrages sind unter Finanzierungsvorbehalt gestellt.
Wenn man addiert, was an Steuersenkungen geplant ist beim Agrardiesel, beim Dienstwagenprivileg, bei der Pendlerpauschale und den Steuersenkungen für die Wirtschaft, die verabredet wurden, dann geht die Rechnung jetzt schon hinten und vorne nicht auf für CDU/CSU und SPD. Und wenn man dann eine ganze Reihe an zusätzlichen Maßnahmen im Koalitionsvertrag verabredet, die Geld kosten sollen, dann verschiebt man den Streit über die Finanzierungsfragen in die Zukunft. Dann verlängert man die Phase, wo man eigentlich klären muss, was geht und was nicht geht, auf die gesamte Laufzeit einer Koalition. Dann ist der Streit vorgezeichnet. Und dann ist auch die Enttäuschung für die Menschen vorgezeichnet, denn mit diesem Koalitionsvertrag sind ja jetzt Erwartungen verbunden, dass das, was da drinsteht, auch kommen soll in den nächsten vier Jahren.
Und wenn man sagt: Wir versprechen euch alles, aber sagen auf der anderen Seite, wir wissen nicht wie wir es finanzieren wollen, dann ist das eine Form von unseriöser Politik, vor der wir nur warnen können.