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Sondervermögen und Schuldenbremse

Anlässlich der Debatte um Sondervermögen und Schuldenbremse erklären die Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge und Britta Haßelmann:

Katharina Dröge: 
Es ist eine außergewöhnliche Fraktionssitzung gewesen, denn noch einmal sind die künftige Bundestagsfraktion und die bisherige Bundestagsfraktion zusammengekommen, denn wir haben jetzt auch noch einmal eine außergewöhnliche Plenarsitzung heute vor uns. Nach einer Bundestagswahl in der Zusammensetzung der letzten Legislaturperiode zu tagen, ist etwas, was der Deutsche Bundestag noch nicht oft getan hat. Und wir als Grüne Bundestagsfraktion haben mehrfach mit CDU und SPD gesprochen darüber, dass dieser Weg, den alten Deutschen Bundestag zu befassen, Risiken mit sich bringt, erhebliche Risiken auch mit Blick auf ein mögliches Scheitern des Prozesses in Karlsruhe. CDU und SPD entscheiden sich nun für diesen Weg und tragen damit die Verantwortung für die Risiken, die in den nächsten zwei Plenartagen vor uns liegen. Wir haben gleichzeitig mit der Grünen Bundestagsfraktion in der Sache darüber gesprochen, welche Haltung wir heute und in den nächsten Tagen einnehmen werden. Britta Haßelmann und ich haben in den letzten Tagen intensive und ernsthafte Gespräche mit CDU und SPD über die inhaltlichen Fragen geführt, die aktuell anstehen und beraten werden. Wir können Ihnen heute sagen, dass es bislang keine so relevante Annäherung zwischen CDU und SPD auf der einen und Bündnis 90/Die Grünen auf der anderen Seite gibt, dass wir Ihnen optimistisch versprechen könnten, dass es zeitnah zu einer gemeinsamen Position kommt. Deshalb bleibt es dabei, dass Bündnis 90/Die Grünen weiterhin sagen: Die Gesetzentwürfe, die von CDU und SPD eingebracht werden, denen erteilen wir unsere Ablehnung. Wir haben einen eigenen Gesetzentwurf heute in das parlamentarische Verfahren mit eingebracht mit dem Ziel, dass dieser auch nächsten Dienstag beschlossen werden soll, denn die Sicherheitslage in Europa ist herausfordernd und deswegen halten wir es auch für notwendig, an dieser Stelle zumindest zu einer gemeinsamen Einigung zu kommen. 

Ich möchte einmal darstellen, warum die Vorschläge von CDU und SPD mit Blick auf eine Reform der Schuldenbremse, die es eben gerade nicht ist, aus unserer Sicht aktuell nicht ausreichen. CDU und SPD wollen ein Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro. Das ist wieder ein Untertunneln der Schuldenbremse. Es ist wieder keine strukturelle Reform, die aus unserer Sicht wirklich dringend notwendig wäre. Vor allem ist es aber, und dieser Verdacht und dieser Vorwurf steht auch weiterhin im Raum, ein Sondervermögen, das eben nicht ausschließlich dafür genutzt wird, zusätzliche Investitionen zu finanzieren für Zukunftsinvestitionen, für Klimaschutz. Und wir haben als Grüne in den letzten Tagen immer wieder darauf hingewiesen, dass das nicht der Sinn eines Sondervermögens sein kann. Mittel, die aus dem Bundeshaushalt finanziert werden sollten, müssen auch im Bundeshaushalt finanziert werden. Und Investitionen, die kreditfinanziert werden sollten, die können auch kreditfinanziert und außerhalb des Anwendungsbereichs der Schuldenbremse finanziert werden. Das ist ein Weg, den wir für richtig halten. Das andere, Sachen zu verschieben, die da nicht reingehören, halten wir für falsch. 

Das Zweite ist Klimaschutz. Klimaschutz ist die große Herausforderung unserer Zeit, die wir neben den aktuellen Sicherheitsfragen beantworten müssen. Und CDU und SPD haben das nicht mal für notwendig gehalten, das Wort Klimaschutz mit aufzunehmen mit Blick auf das Infrastruktur-Sondervermögen. Wir haben aber gleichzeitig auch gesagt: Alleine das Aufnehmen des Wortes reicht für Bündnis 90/Die Grünen nicht, denn wir wollen sehen, dass real mehr Klimaschutz in Deutschland passiert. Daran werden wir gemessen. Daran wird diese Politiker*innen-Generation gemessen. Danach werden künftige Generationen entscheiden, ob wir heute in der Lage waren, das Richtige zu tun. Und auch da erkennen wir bislang nicht ausreichend Bereitschaft, zum gemeinsamen Handeln zu kommen.

Britta Haßelmann:
Dieser Sitzungstag ist außergewöhnlich und er ist auch eine Zumutung für viele Abgeordnete der alten Fraktionen und der neuen Fraktionen des Bundestages. Denn wir sind konfrontiert mit drei Grundgesetzänderungen mit einem großen Finanzvolumen von einer Billion Euro, über die Entscheidungen getroffen werden sollen, wenn es nach Friedrich Merz und Lars Klingbeil geht. Und das ist begründungsbedürftig, wenn man ein solch großes, umfangreiches Paket, eine so substanzielle und relevante Änderung auf den Weg bringen will. Mit Blick auf die Sicherheitsfragen in Europa, mit Blick auf die besorgniserregende Situation nach dem Kurswechsel in den USA mit der Präsidentschaft von Donald Trump, was die Unterstützung der Ukraine angeht, sind wir in der Tat gefordert, uns in Europa und national für eine stärkere Sicherheitsarchitektur, eine gemeinsame europäische Verteidigungspolitik und die Friedenssicherung einzusetzen. Deshalb haben wir gesagt: Unabhängig von unserer massiven Kritik am Verfahren und ohne unser Einverständnis zur Tagesordnung erteilt zu haben, bringen wir einen eigenen Gesetzentwurf in die Beratung ein. Damit setzen wir ein klares Signal, dass Investitionen in die Sicherheitsarchitektur, die Ertüchtigung der Bundeswehr, die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes, aber eben auch in die Stärkung unserer Geheimdienste, in die Cybersicherheit und den Zivilschutz notwendig sind. 

Ich weiß, dass viele Bürgerinnen und Bürger mit Sorge die Entwicklung sehen, dass die transatlantischen Beziehungen so angespannt und unberechenbar wie nie zuvor sind. Wir müssen hier in Deutschland und gemeinsam mit unseren europäischen Partnern, Verantwortung für die Stärkung der Sicherheit, Verteidigung und Friedenssicherung übernehmen. Und deshalb sind wir der Auffassung, dass darüber in der nächsten Woche dann auch der Deutsche Bundestag noch entscheiden kann. Deshalb unser Gesetzentwurf an dieser Stelle. Und ich erachte es für wichtig und notwendig, dass dem Parlament die Möglichkeit gegeben wird, über diese Frage, in der die Zeit drängt, und das wissen wir alle durch die Entwicklungen in den USA und die Debatten, die wir auf europäischer Ebene führen, eine Abstimmung auch ermöglicht wird. Das ist mit unserem Gesetzentwurf der Fall. Deshalb gehen wir heute in die Debatte. Wir sind bei der ersten Lesung. Alles andere zum Verfahren und zur Nichteinigung und auch den ernsthaften Gesprächen hat Frau Dröge gerade beschrieben.