Rede von Sabine Grützmacher Zu Protokoll: Untersuchung von Finanztransaktionsuntersuchungen

21.09.2023

Sabine Grützmacher (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wir alle kennen die Berichte über Geldwäsche, die sich 2021 geschätzt auf die Höhe des Umsatzes von Siemens und Daimler belief. Laut dem italienischen Staatsanwalt Nicola Gratteri kann „in Deutschland jemand mit Geldkoffern aufkreuzen – und niemanden interessiert es, ob der das Geld mit Kokain, menschlichen Organen oder Sklaven verdient hat“. Die Opfer von Menschenhandel in der EU sind zu über zwei Drittel weiblich, fast alle sexuell ausgebeuteten Opfer (92 Prozent) sind Frauen oder Mädchen. Soziale Ungleichheit und wirtschaftliche Vulnerabilität werden gerade für Frauen immer noch zum Risiko: auch im Jahr 2023, auch in der EU. Das sollte uns interessieren.

Die FIU hat eine wichtige Bedeutung, um einen robusten Ansatz zur Bekämpfung von Finanzkriminalität zu etablieren. Dies wurde auch im FATF-Bericht so hervorgehoben, und es ist Zeit, zu handeln.

Der Schildkrötengang der vergangenen Jahre hat uns neben dem unrühmlichen Titel „Geldwäscheparadies“ auch den Platz 7 beim Schattenfinanzindex des Tax Justice Network in 2022, noch vor Panama und den Bahamas eingebracht. Daran ist so gar nichts paradiesisch: Finanzkriminalität schadet konkret Menschen, aber auch dem öffentlichen Vertrauen sowie der Staatskasse. Die wirksame Bekämpfung von Geldwäsche ist ein zentraler Pfeiler zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Stabilität unserer Finanzsysteme und ein Beitrag zur Kriminalitätsprävention. Bearbeitungsrückstände und dringend benötigte Rechtssicherheit mit Blick auf potenzielle Strafverfahren gegen FIU-Angestellte sind weitere triftige Argumente Lassen Sie uns deswegen pragmatisch sein und ins Handeln kommen.

Wir haben die Ausrichtung der FIU als administrative Behörde fraktionsübergreifend begrüßt. Trotz Meinungsverschiedenheiten über die konkrete Umsetzung erkennen wir die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit weiterhin strukturell zu verbessern. Dazu zählt der automatische Zugriff auf die Datenbank der Verdachtsmeldungen und die gewünschte und umgesetzte Beteiligung der Strafverfolgungsbehörden bei der Kalibrierung des Filters. Und dazu gehören auch der risikobasierte Ansatz, eine beschleunigte Implementierung des IT-Ausbaus, eine optimierte Kommunikation, die gewünschten Rückmeldungen an Meldende und die Zusammenarbeit mit den beteiligten Strafverfolgungsbehörden und Verpflichteten. Denn wir sind uns hoffentlich einig: Wir wollen die OK und Terrorismusfinanzierung bekämpfen und nicht die FIU mit eBay-Kleinanzeigenbetrugsmeldungen überfluten.

Händisches Bearbeiten von Verdachtsmeldungen muss der Vergangenheit angehören, maschinelles Lernen – und ich nenne mit Absicht nicht die KI – kann bei Mustererkennung und Sortierung wertvolle Hinweise liefern. Aber ich möchte betonen: Datenschutz und rechtsstaatliche Prinzipien sind kein Nice-to-have. Der Einsatz von Technologien wie Palantir darf nicht zur Diskussion stehen.

Es ist unsere Verantwortung, den Fortschritt und die Effektivität der FIU kontinuierlich zu überprüfen. Wird es Anpassungen geben müssen? Natürlich. Wir müssen evaluieren und von internationalen Best-Practice-Methoden lernen. Und vielleicht schaffen wir keinen paradiesischen Haushalt, aber von den 100 Milliarden, die uns schätzungsweise verloren gehen, hätte ich gerne die nächsten Jahre auch ein paar mehr zur Verfügung.