Rede von Agnieszka Brugger Haushalt 2022 - Verteidigung

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23.03.2022

Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist nicht an der Ukraine und auch nicht an der großen Mehrheit der europäischen Staaten gescheitert, Frieden und Sicherheit auf unserem Kontinent gemeinsam über Verhandlungen, Verträge und Vertrauen zu garantieren. Es ist Wladimir Putin, der als Kriegsverbrecher brutal und skrupellos unsere Freundinnen und Freunde in der Ukraine und auch unsere Friedensordnung fundamental angreift; dem es in seiner barbarischen Ideologie völlig egal ist, wie viele unschuldige Menschen in der Ukraine sterben, wie viele Tausende von russischen Soldaten fallen und dass sein Kriegskurs auch den Menschen im eigenen Land massiv schadet.

Wer jetzt meint, der ukrainischen Regierung die Kapitulation nahelegen zu müssen, damit der Kriegsterror endet, der betreibt nicht nur eine Umkehr der Schuld, die schlicht unerträglich ist; so, als ob Wladimir Putin dann mit seiner Aggression aufhört, als ob man ihm danach vertrauen könnte. Eine solche Logik ist nicht einfach nur zynisch, sondern sie ist geschichtsvergessen und dumm.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Es ist mehr als ein Gebot der Solidarität, die Ukrainer/-innen zu unterstützen; diejenigen, die vor dem Bombenhagel fliehen genauso wie diejenigen, die so unfassbar tapfer gegen ihn kämpfen. Dazu gehören Hilfe für die Geflüchteten, Versorgung der Verwundeten und auch weitere Waffenlieferungen.

Wir müssen auch alles tun, um die weltweite politische Isolation des Kremlregimes zu verschärfen und weitere, noch härtere Sanktionspakete zu schnüren und Lücken zu schließen. Dazu gehört auch, so schnell wie nur irgendwie möglich und verantwortbar, die Energieimporte aus Russland zu beenden. An diesen Fragen arbeiten hier im Parlament, aber vor allem auch in der Bundesregierung Tag für Tag alle mit Hochdruck und größter Entschlossenheit. Gerade weil wir nicht militärisch eingreifen können, ohne einen dritten Weltkrieg in Kauf zu nehmen, müssen wir alles andere umso mehr und umso entschlossener tun.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Krieg führt uns in aller drastischen Deutlichkeit vor Augen: Eine kluge Realpolitik der Werte begegnet Kriegsverbrechern nicht zaghaft, weil hier ein lukratives Geschäft winkt. Sie schaut nicht aus eigener Bequemlichkeit weg bei Regelbrüchen, bei Aggressionen, bei Gewalt. Eine kluge Realpolitik der Werte stellt sich diesen mit großer Entschlossenheit entgegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Alexander Graf Lambsdorff [FDP])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden bestehende Bündnisse wie die NATO und die Europäische Union deutlich stärken. Dass wir unsere militärischen Beiträge zur gemeinsamen Landes- und Bündnisverteidigung im Osten schnell erhöht haben, war ein notwendiger und gebotener Schritt, nicht als Beitrag zu Aufrüstung und Eskalation, sondern zum Schutz der eigenen Bürger/-innen und unserer Verbündeten. Genau dazu braucht es eine gut ausgestattete Bundeswehr. Das fängt bei der persönlichen Ausrüstung der Soldatinnen und Soldaten an, reicht aber natürlich bis zum Schließen von Fähigkeitslücken, zum Beispiel bei der Flugabwehr. Vor diesem Hintergrund hat das Kabinett ein Sondervermögen zur Stärkung der Landes- und Bündnisverteidigung beschlossen, für die Bundeswehr und für eine moderne Sicherheitspolitik, die auch Fragen von Cybersicherheit und Stabilisierung mitdenkt.

So schnell und so entschieden wir sein wollen, müssen wir zugleich auch sorgfältig und pragmatisch sein. Ich kann die Union – einige von Ihnen – einladen, andere auffordern, diese Grundgesetzänderung nicht aus parteitaktischen Gründen zu blockieren, sondern aus staatspolitischer Verantwortung mitzutragen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Aber – das sage ich auch in aller Klarheit – dieses Geld ist definitiv nicht dazu da, die bayerische Wünsch-dir-was-Liste eines Herrn Söder zu bedienen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Es geht auch nicht darum, abstrakt Prozentzahlen zu erfüllen oder das Geld schnellstmöglich rauszuhauen und so gar einen nächsten Rüstungsskandal zu riskieren. Im Gegenteil: Diese Ampelkoalition hat schon im Koalitionsvertrag eine Wende bei der Beschaffungspolitik angekündigt, hin zu marktverfügbaren, seriösen, schnellen Lösungen, die sicherheitspolitischen Prioritäten und dem Grundsatz eines verantwortungsvollen Einsatzes von Ressourcen folgen.

Zugleich müssen wir aber besser und enger mit unseren europäischen Partnern zusammenarbeiten: uns abstimmen, zusammen planen und, wo immer es geht, gemeinsam die gleichen Systeme beschaffen. Wenn in Europa nun viele Staaten investieren, dann darf viel Geld nicht viele nationale Einzelprojekte bedeuten, sondern jeder Euro soll europäische Handlungsfähigkeit und mehr gemeinsame Sicherheit stärken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sicherheit muss uns mehr wert sein. Sicherheit ist auch mehr als nur Militär. Für echte Sicherheit braucht es auch mehr humanitäre Hilfe, mehr Entwicklungszusammenarbeit, eine stark aufgestellte und reaktionsfähige Diplomatie, Cybersicherheit, Zivilschutz, Energiesouveränität,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

um die Folgen dieses grausamen Krieges zu lindern und auch unsere Lehren zu ziehen, damit wir das schützen und stärken, was uns lieb und teuer ist: unsere Sicherheit, unsere Freiheit und unsere Friedensordnung.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Michael Espendiller für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)