Rede von Julian Pahlke Ukrainische Frauen und Kinder

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07.04.2022

Julian Pahlke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Demokratinnen und Demokraten! Vielleicht erst einmal ein paar Worte an den ganz weit rechten Rand: Ich bin sehr froh, dass sich der Verfassungsschutz um Sie kümmert. Sie sind ein Sicherheitsrisiko für dieses Land.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN – Martin Reichardt [AfD]: Das waren die Linksextremisten! Freunde der Partei von Bombenlegern! – Weitere Zurufe von der AfD: Oh!)

Wir leben in wahrlich ungewöhnlichen Zeiten. Die Union schwingt sich zum Retter geflüchteter Menschen auf. Ich bin fast ein bisschen erschrocken; ich hätte Ihnen das nach 16 Jahren Asylrechtsverschärfungen und Obergrenzen gar nicht zugetraut. Schaut man aber auch nur ein bisschen genauer hin, dann wir klar: Für die Union gibt es offenbar zwei Arten von geflüchteten Menschen: einmal ukrainische Frauen und Kinder, die jetzt vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine fliehen, und dann alle anderen.

Stimmt, unter den Geflüchteten aus der Ukraine sind viele Frauen und Kinder, für die die Bundesregierung und unsere Ministerin Anne Spiegel, wie sie eben auch schon berichtet hat, eine ganze Reihe an Maßnahmen beschlossen haben. Aber es fliehen eben nicht ausschließlich Frauen und Kinder, auch wenn die Union das gerne so hätte.

Plötzlich wollen Sie SIM-Karten an Geflüchtete verteilen. Das ist ja eine nette Idee. Aber warum nur an Frauen, und warum nur an ukrainische Staatsangehörige? In guter alter Unionsmanier lassen Sie etliche Menschen außen vor. Sie ignorieren Menschen, die keinen ukrainischen Pass haben, die männlich oder queer sind, alte Menschen, Menschen mit Behinderungen, Menschen, die in der Ukraine gearbeitet oder studiert haben. Flucht hat viele Gesichter. Flucht ist nicht nur weiß und weiblich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP und der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])

Ich hatte gehofft, dass die grauen Herren bei der CDU und CSU ihr neu entdecktes Mitgefühl auch für etwas Sinnvolles nutzen. Aber auch jetzt reden Sie nur von Kontrollen und Registrierung; dabei sind die juristisch überhaupt noch nicht mal möglich. Ihre Agenda in den letzten Jahren war doch eine ganz andere: Abschiebezentren, Arbeitsverbote, Hau-ab-Gesetz und Ihre absurde Obergrenze. Ich würde ja gerne glauben, dass Sie jetzt ein ehrliches Interesse am Schutz von Menschen auf der Flucht entwickelt haben. Ihre Politik überall dort, wo Sie an der Macht sind, spricht aber eine andere Sprache.

Für die wenigsten Probleme sind Ihre pauschalen Forderungen nach sogenannten Grenzkontrollen eine Lösung. Die Identität Geflüchteter wird bereits bei jedem Grenzübertritt in Polen, Ungarn oder Rumänien festgestellt.

(Zurufe von der CDU/CSU: Nein!)

Danach ist die Bundespolizei an den Grenzen der Bundesrepublik präsent, kontrolliert in den Zügen die Pässe; das habe ich selbst gesehen, als ich von Warschau nach Berlin gefahren bin.

(Martin Reichardt [AfD]: Das haben Sie selbst gesehen? Ist ja schön, was Sie gesehen haben!)

Wir brauchen keine zusätzliche Registrierung und aufwendige Grenzkontrollen,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP und der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])

die die Flucht weiter verzögern und nur Ihre Seehofer-Nostalgie bedienen.

Wir leben in ungewöhnlichen Zeiten. Es sind Zeiten, in denen wir zeigen können, zu was wir in der Lage sind. So wie die Zehntausenden Freiwilligen: Sie helfen an den Bahnhöfen, bei Behördengängen, verschaffen Wohnungen und helfen überall dort, wo es nötig ist – nicht erst seit dem 24. Februar, sondern seit 2015. Reden Sie von der Union jetzt bitte nicht davon, christlich zu handeln, wenn Sie gleichzeitig Menschen im Mittelmeer ertrinken lassen.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Der nächste Redner in der Debatte: Stephan Thomae, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)