Rede von Christian Kühn Ortsübliche Vergleichsmiete

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19.12.2019

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Danke. – Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Hoffmann, dieses Blame Game mit den Ländern,

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Sagen Sie doch einmal etwas dazu!)

ich weiß nicht, wie das den anderen Kollegen hier im Haus geht, aber dieses Blame Game mit den Ländern – dass dem einen das eine Bundesland und dem anderen das andere Bundesland vorgeworfen wird –, das ist doch wirklich langweilig. Wir sollten darüber reden, was wir hier beschließen und was wir für die Menschen im Land tun können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Katharina Willkomm [FDP]: Sie haben doch gestern NRW als Vorwurf benutzt!)

Marktwirtschaft. Soziale Marktwirtschaft. Angesichts von 678 000 Menschen ohne Wohnung in diesem Land kann man, glaube ich, sagen, dass diese Marktwirtschaft dort nicht funktioniert. Wenn wir eine soziale Marktwirtschaft wollen, müssen wir die Leitplanken angesichts dieser Zahl deutlich neu justieren.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Gelingt Ihnen ja in Berlin erfolgreich!)

10 Prozent der Menschen in Deutschland, die keine Wohnung mehr haben, die bei einem Freund auf der Couch übernachten,

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Wenn sie auf der Couch übernachten, nützt der Mietspiegel aber auch nichts! Da brauchen wir neue Wohnungen!)

die irgendwo vor einer großen Stadt auf einem Campingplatz in einem Wohnwagen wohnen, haben einen Job. Diese Menschen erwarten von uns, dass wir sie nicht alleinlassen in ihrer sozialen Not, einen Job zu haben und trotzdem keine Wohnung zu haben. Wir vermitteln ihnen gerade, dass sie nicht dazugehören. Ich glaube, das ist sozialer und demokratischer Sprengstoff.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Ja!)

Deswegen müssen wir die Wohnungsfrage dringend lösen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Sie haben recht: Wir sollten einmal über Instrumente reden. Sie haben vollkommen recht, Herr Hoffmann: Instrumente sind wichtig.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Ihre wirken ja nicht!)

Das Instrument, über das wir heute reden, ist der Mietspiegel. Sie gestalten dieses Instrument angesichts der Notlage dieser Menschen und angesichts der Mietenexplosion in den Städten aber nicht, indem Sie sagen: Wir nehmen den Mietspiegel und wollen damit die Mieten absenken. – Das ist nicht Ihr Ziel. Stattdessen haben Sie irgendwie in der GroKo einen Kompromiss geschlossen. Die SPD hatte auf ihrem Parteitag beschlossen, dass der Mietspiegel auf acht Jahre ausgestaltet werden soll. Heute sollen sechs Jahre beschlossen werden.

(Ulli Nissen [SPD]: Wir sind in einer Koalition!)

Damit werden Sie den Anstieg der Mieten in Deutschland nicht bremsen, und das ist ein Riesenproblem.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Sie machen beim Mietrecht zwar im Wochenrhythmus Reformen. Das zentrale Problem ist aber, dass Sie die Kappungsgrenze nicht anfassen. Wir haben ja nicht nur das Problem, dass wir nicht genügend Neubau haben – vor allem nicht genügend bezahlbaren Neubau –,

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Sie sorgen dafür, dass wir keinen Neubau haben!)

sondern wir haben auch das zentrale Problem, dass die Bestandsmieten in Deutschland massiv steigen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dies ist deswegen so, weil das Niveau im Mietspiegel schon sehr hoch ist

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Das ist gar nicht zutreffend! Schauen Sie sich doch einmal die Zahlen in Hamburg an!)

und weil die Kappungsgrenze nicht abgesenkt wird. Deswegen ziehen die teuren Neuvertragsmieten der letzten Jahre die Bestandsmieten mit nach oben. Wenn wir diesen Mechanismus abbremsen wollen, dann brauchen wir einen Mietspiegel, der einen deutlich längeren Betrachtungszeitraum hat. Wir müssen endlich die Kappungsgrenze absenken.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dass Sie das nicht machen, dass Sie dieses Instrument nicht anfassen, ist das zentrale Problem.

Weil Sie untätig sind, hat die Landesregierung in Berlin entschieden, einen Mietendeckel einzuführen.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Wenn Sie auf 5 000 Wohnungen in Berlin verzichten können, nutzen all diese Instrumente nichts!)

Deswegen tragen Sie eine immense Verantwortung für die Spaltung im Augenblick in unseren Städten.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: 5,5 Milliarden Euro weniger in den Wohnungsbau!)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Kollege Dr. Johannes Fechner.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)