Rede von Johannes Wagner Nachhaltigkeitsstrategie

Johannes Wagner MdB
19.01.2023

Johannes Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine letzte Rede zur Nachhaltigkeit habe ich mit der Frage begonnen, was unsere Kinder uns eher verzeihen werden: temporär gestiegene Benzinpreise oder dauerhaft gestiegene Meeresspiegel?

Die Proteste um Lützerath haben diese Frage für mich beantwortet. Klimaschutz und der Erhalt unserer Lebensgrundlagen bewegt uns alle, Alt und Jung.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Und deshalb zündet man Polizisten an, oder was?)

Das konnte ich auch ganz konkret bei mir im Wahlkreis sehen: An mein Wahlkreisbüro wurde „Lützi bleibt“ gesprayt. Der Kompromiss mit RWE hat mir persönlich sehr wehgetan. Am Ende war es aber unter vielen schlechten Lösungen immer noch die am wenigsten schlechte.

Warum aber gab es nur schlechte Lösungen? Weil wir uns als Ampelkoalition in einer Situation befinden, die durch Jahrzehnte verfehlter Energie- und Klimapolitik geschaffen wurde.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Rainer Kraft [AfD]: Ja! Atomausstieg!)

Und nicht nur das: Wir haben ein Wirtschaftssystem vorgefunden, das zu sehr auf Profite setzt, zulasten von Menschen und Umwelt. Wir haben ein Gesundheitssystem vorgefunden, das zu sehr auf ökonomische Anreize setzt

(Ates Gürpinar [DIE LINKE]: Ihr habt es mit geschaffen!)

und Nachhaltigkeit vernachlässigt. Und wir haben eine Energiepolitik vorgefunden, die katastrophalerweise auf Gas und Kohle setzt statt auf Wind und Sonne.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Dann schaltet doch ab morgen! Ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit über 20 Jahren haben wir eine Nachhaltigkeitsstrategie. Trotzdem ist man in so vielen Bereichen so viele Schritte in die falsche Richtung gegangen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir die Strategie jetzt überarbeiten, müssen wir nicht nur aufholen, was versäumt worden ist, wir müssen unsere Anstrengungen verdoppeln, ja, verdreifachen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will das kurz an meinem Bereich verdeutlichen. Gestern haben wir im Ausschuss debattiert, wie sich die Klimakrise auf das UN-Nachhaltigkeitsziel 3 auswirkt.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Wir haben gestern über öffentliche Beschaffung geredet! Von wann ist denn Ihre Rede?)

Das Ziel 3 lautet: Gesundheit und Wohlergehen für alle. Die Klimakrise bedeutet: Gesundheit und Wohlergehen für niemanden. Was müssen wir also konkret im Gesundheitsbereich ändern? Wir müssen zum Beispiel erstens Nachhaltigkeit in den Sozialgesetzbüchern verankern. Wir müssen zweitens Geld in die Hand nehmen, um unsere Krankenhäuser klimaresilient und klimaneutral umzubauen. Ein Krankenhaus muss Hitzewellen überstehen, aber gleichzeitig auch Solarstrom produzieren können.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Jakob Blankenburg [SPD])

Drittens. Nachhaltigkeit muss auch sozial gedacht werden. Wir müssen eine nachhaltige Personalpolitik zum Kern der kommenden Gesundheitsreform machen. Dass ein erheblicher Teil des Gesundheitspersonals permanent kurz vor der Kündigung steht, ist das Gegenteil von nachhaltig.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das waren nur drei wichtige Punkte aus dem Gesundheitsbereich. „Nachhaltigkeit“ ist ein großes Wort, aber im Einzelnen bedeutet es nichts anderes, als sich bei jeder Entscheidung zu fragen: Sorgt sie dafür, dass wir in 20 Jahren nicht vor noch viel härteren Entscheidungen stehen?

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)