Rede von Bruno Hönel Justiz
Bruno Hönel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 1 Milliarde Euro – das ist die magische Marke, die der Etat des Justizministeriums in diesem Haushalt überschritten hat. Das ist natürlich nicht per se ein Grund zur Freude; aber es zeigt schon, dass wir Prozesse in den Justizbehörden modernisieren und dass wir unseren liberalen Rechtsstaat stärken. Ich glaube, gerade in diesen Zeiten, in denen wir in vielen Ländern in brutaler Weise verdeutlicht bekommen, zu was das Fehlen einer unabhängigen Gerichtsbarkeit führt, in denen Menschen der Willkür der Justiz schutzlos ausgesetzt sind, dürfen wir nicht müde werden, den Wert unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung, unseres liberalen Rechtsstaates zu betonen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Fabian Jacobi [AfD]: Sie haben doch keinen blassen Schimmer, was das eigentlich ist!)
Dieser Rechtsstaat ist bei jeder konkreten Entscheidung zur Verhältnismäßigkeit verpflichtet.
(Fabian Jacobi [AfD]: Sie haben den ganzen Coronawahnsinn mitgetragen!)
Ihre jüngsten Vorstöße, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, Klimaaktivisten in Vorbeugehaft zu nehmen, sind alles, aber sicherlich nicht verhältnismäßig.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Wir haben für den Umgang mit diesen Protesten geltende Gesetze, und die sind ausreichend.
(Beifall der Abg. Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Sonja Eichwede [SPD])
Dass Sie von der Union sich hier einzig und allein an der Protestform abarbeiten, ohne sich mit dem berechtigten Grund der Aktionen auseinandersetzen, zeigt doch des Pudels Kern, nämlich dass Ihnen der Klimaschutz völlig egal ist und dass Sie Ihre Verantwortung für 16 Jahre Totalversagen in der Klimapolitik bis heute nicht aufgearbeitet haben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe gesagt: Wir modernisieren unsere Justiz. Wir gehen jetzt endlich erste Schritte, um unsere Justizbehörden auf die Höhe der Zeit zu bringen. Mit den Digitalisierungsmitteln investieren wir in den nächsten Jahren bundesseitig 200 Millionen Euro für die Digitalisierung der Justiz. Sicherlich reichen diese Mittel nicht aus, um all die Altlasten, die wir geerbt haben, zu beseitigen. Aber klar ist eben auch, dass wir uns da jetzt endlich auf den Weg machen. Das ist ein Erfolg dieser Regierung. Wir bringen das jetzt voran, und das ist zuallererst einmal eine gute Nachricht für die Justiz.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Sie halten sich ja noch nicht mal an Ihren Koalitionsvertrag!)
Neben diesem Großprojekt setzen wir mit diesem Haushalt vielfältige Akzente. Ein Beispiel dafür ist die Unterstützung für HateAid, die wir im Laufe des Verfahrens mit 500 000 Euro an Barmitteln und Verpflichtungsermächtigungen im Umfang von 1,2 Millionen Euro ausstatten. Digitale Gewalt, Hass und Hetze im Netz sind ein komplexes und immer größer werdendes Problem. Bei der Bekämpfung stehen wir noch am Anfang; das muss man ehrlich sagen. Und ob Twitter unter Elon Musk da ein Fortschritt ist, will ich ganz stark bezweifeln. HateAid leistet wertvolle Arbeit, klärt auf, unterstützt Betroffene und ist dabei erfolgreich. Erst kürzlich konnte die Klimaaktivistin Luisa Neubauer über HateAid eine Klage gegen einen rechten Autor gewinnen. Als Koalition stellen wir uns diesen Rechtsbrüchen konsequent entgegen. Die strukturelle Stärkung von HateAid ist da wirklich ein großer Erfolg im Sinne der Betroffenen, die wir nicht alleinlassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Worüber ich mich auch sehr freue, ist, dass wir einen neuen Klimaschutzsenat beim Bundesverwaltungsgericht schaffen. Wir haben dafür zwölf Stellen in den Haushalt eingestellt, die dazu beitragen werden, dass Planungen von Stromleitungen von Nord nach Süd, aber beispielsweise auch von Windkraftanlagen beschleunigt werden. Mit diesem neuen Senat machen wir klar: Alle reden von Planungsbeschleunigung; wir setzen sie konkret um und beschleunigen so auch die Energiewende mit diesem Haushalt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Zudem haben wir die Deutsche Stiftung für internationale rechtliche Zusammenarbeit mit 500 000 Euro zusätzlich gestärkt. Die Stiftung arbeitet unter anderem an der EU-Beitrittsperspektive für die Ukraine und Moldau. Mit den zusätzlichen Mitteln können diese Verfahren gerade vor dem Hintergrund des Krieges verstärkt in den Blick genommen und forciert werden. Das ist nur ein Beispiel in diesem Etat, das zeigt: Wir nehmen unsere europäische Verantwortung wahr, auch in diesem Justizhaushalt.
Lassen Sie mich zusammenfassend sagen: Wir sind mit diesem Etat auf einem guten Weg, unsere Justiz digitaler und bürgernah zu gestalten. Wir Grüne bleiben da weiter dran. Vor dem Hintergrund der hohen Stellenbedarfe in den Justizbehörden haben wir sicherlich noch einige Diskussionen vor uns, gerade auch im Hinblick auf den Pakt für den Rechtsstaat, der nicht mit den Digitalisierungsmitteln gleichzusetzen ist.
(Zurufe von der CDU/CSU: Aha!)
Es geht darum, in den kommenden Jahren das aufzuholen, was von Parteien, die sich im Wahlkampf mit „Sicherheit für Deutschland“ brüsteten, verschlafen wurde, nämlich die Verwaltung und die Justiz auf die Höhe der Zeit zu bringen. Daran arbeiten wir mit diesem Haushalt.
Herzlichen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsidentin Petra Pau:
Das Wort hat Dr. Günter Krings für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)