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26.02.2021

Dr. Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! In der Pandemie müssen Grenzkontrollen, Eingriffe in die Freizügigkeit durch den Infektionsschutz begründet, epidemiologisch sinnvoll und vor allem gut koordiniert sein. „Ja, was auch sonst“, könnte man sich da fragen.

(Beifall der Abg. Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber genau deswegen ist die Begründung der Bundesregierung für das, was sich aktuell an den Grenzen zu Österreich und Tschechien abspielt, ja auch so interessant; denn die Lage in diesen beiden Ländern ist nicht wesentlich anders als zum Beispiel in Frankreich an den Grenzen zu Rheinland-Pfalz und dem Saarland.

(Benjamin Strasser [FDP]: So ist es!)

Und doch gibt es zu Frankreich keine Grenzkontrollen, was die Bundeskanzlerin gestern beim EU-Gipfel auch ausdrücklich ausgeschlossen hat, zu Österreich und Tschechien aber schon.

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört! – Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Komisch!)

Den Grund dafür hat sie auch gleich genannt: Denn anders als Rheinland-Pfalz und Saarland, hätten Bayern und Sachsen ausdrücklich um Grenzkontrollen gebeten.

(Benjamin Strasser [FDP]: Hört! Hört! – Marian Wendt [CDU/CSU]: Aus gutem Grund! Aber sagen Sie auch, warum!)

Meine Damen und Herren, ich finde das unerhört! Pandemiebekämpfung ist doch kein Wünsch-dir-was einzelner Staatskanzleien,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN – Marian Wendt [CDU/CSU]: Das hat doch mit dem Schutz der Bevölkerung zu tun!)

sondern muss sich daran orientieren, was im Sinne des Infektionsschutzes, Herr Wendt, wichtig ist und was auch nach Abwägung der Rechtsgüter möglich ist. Also entweder ist es angesichts der Situation in diesen Ländern sinnvoll, oder es ist nicht sinnvoll. Aber dann darf man auch nicht mit zweierlei Maß messen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)

Man kann doch mit der europäischen Freizügigkeit nicht umgehen, wie es einem gerade passt. Da ist es auch kein Wunder, dass die Europäische Kommission die Bundesregierung dafür kritisiert hat. Dabei hätte die Bundesregierung nach rund einem Jahr Pandemie und dem ständigen Ringen um die richtigen Konzepte da viel weiter sein können. Genau das ist das Problem. Seit rund einem Jahr liegt das Bundesinnenministerium im Tiefschlaf und verfällt in Aktionismus, wenn es daraus irgendwann einmal aufwacht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das ist aber nicht der Weg, die Pandemie zu bekämpfen. Wir brauchen dringend mehr Problembewusstsein, Verlässlichkeit, langfristige Planungen, eine gute Koordination und vor allen Dingen keine nationalen Alleingänge.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir Grüne haben bereits vor fast einem Jahr hier im Haus einen Antrag vorgelegt, mit dem wir ein gemeinsames europäisches Vorgehen in der Pandemie einfordern und konkrete Vorschläge machen, wie wir zusammen mit unseren Nachbarn wirksamere Maßnahmen ergreifen können. Das wäre übrigens einmal eine Aufgabe für die EU-Ratspräsidentschaft gewesen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ein wirklich wichtiger Punkt, der auch schon angesprochen wurde, ist die Reisefreiheit von Familien und von unverheirateten binationalen Paaren. „Love is not tourism“, meine Damen und Herren. Es ist nicht zu verstehen, dass die mühsam errungenen Verbesserungen, die es im Januar schon gab, mit einem Schlag wieder über den Haufen geworfen wurden. Die Einreisemöglichkeit aus Drittstaaten darf nicht vom Trauschein abhängen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen stets problembewusst sein, um die Ausbreitung des Virus wirksam zu verhindern. Das sage ich auch in Richtung der FDP. Wir brauchen weiterhin wirksame Maßnahmen. Aber ohne eine bessere internationale Zusammenarbeit wird es nicht funktionieren.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Dr. Irene Mihalic. – Der nächste Redner: der freundliche Marian Wendt.

(Beifall bei der CDU/CSU)