Rede von Katharina Beck Euro
Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Als ich den Antrag der AfD gesehen habe, dachte ich: Okay, jetzt kommt wohl jede Woche ein Antrag zu Euro/Dexit und dazu, dass Deutschland alleine besser dran wäre. – Das ist einfach völliger Unsinn, und ich werde Ihnen gleich erklären, wieso.
Dann steht da noch das Wort „Integration“. Bisher hat man von der AfD ja immer andere Worte, die auf „-nation“ enden, gehört. Aber „Integration“? Ja, Integration in den Euro, Integration in die EU, das ist etwas Gutes; denn Deutschland, seine Unternehmerinnen und Unternehmer, seine 3 Millionen Betriebe, die sehr stark an der Exportwirtschaft hängen, profitieren in der gesamten Eurozone am allermeisten vom Euro.
Die AfD möchte die Krisen und die Krisenpolitik allerdings nutzen, um die Institutionen und die Demokratie hinterhältig anzugreifen. Dabei ist das Gegenteil der AfD-Darstellung der Fall; meine Kollegin Chantal Kopf hat es schön erklärt. Dass wir keine Wechselkurse mehr haben, erleichtert vieles und stärkt Europa. Was würde denn passieren, wenn wir aus dem Euro austreten würden? Sie liebäugeln ja sogar damit, zu prüfen, ob wir aus der gesamten Europäischen Union austreten. Was würde dann passieren? 2,2 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland wären in Gefahr, hat das IW errechnet, und 1 000 Euro Wohlstandsverlust würde das für jeden einzelnen Bundesbürger und für jede einzelne Bundesbürgerin bedeuten, hat die Bertelsmann-Stiftung errechnet. Machen wir uns nichts vor: Der Euro und Europa stärken Deutschland und stärken uns auch global.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Man kann sich, anders als die Kollegin es gerade gesagt hat, dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts – die AfD hat es sogar in ihrem Antrag wiedergegeben – zu den Anleihekäufen der EZB widmen, die uns geholfen haben, nach der alles erschütternden Finanzkrise die Stabilität in Europa wiederherzustellen. Ja, da gab es soziale Umverteilung, allerdings eher von unten nach oben. Ich möchte noch einmal darauf eingehen, dass die AfD das komplette Gegenteil will. Die AfD ist eine Partei, von der die untere Hälfte in Deutschland null profitieren würde. Auch so würde sie den Zusammenhalt zerstören. Denn das ZEW hat auch errechnet: Menschen, die unter 40 000 Euro verdienen, würden überhaupt nicht von den steuerpolitischen Plänen der AfD profitieren. Sie würden Reiche entlasten, Sie würden die Erbschaftsteuer abschaffen, Sie würden die Gewerbesteuer abschaffen, Sie würden die Kommunen ihrer Einnahmen entledigen. So würde Deutschland verarmen. Die AfD ist ein Armutsrisiko für Deutschland.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP und des Abg. Yannick Bury [CDU/CSU])
Ich hatte versprochen, noch auf die anderen, finanztechnischen Themen einzugehen, die wir gestern im „Geldpolitischen Dialog“ besprochen haben. Da geht es zum Teil um den Bilanzabbau und dessen Beschleunigung bei der EZB. Die Bundesbank geht mit dem Thema sehr verantwortungsvoll um. Sie haben im „Geldpolitischen Dialog“ offensichtlich nicht richtig zugehört. Man muss das sehr gewissenhaft machen, weil es sonst Probleme geben könnte. Die Märkte müssen die Anleihen erst absorbieren und sich darauf einstellen können. Wenn man anders handeln würde, dann würden wir wieder in eine Finanzkrise stürzen, und das kann ja nun wirklich keiner wollen.
Auch die angesprochenen Finanzverluste sind kein Grund zur Sorge. Die Bundesbank ist gut vorbereitet und kann sogar mit negativem Eigenkapital operieren. Anderenfalls könnte man auch darüber nachdenken, die nicht verzinsliche Mindestreserve anzuheben. Mein Eindruck ist, dass Sie gestern im „Geldpolitischen Dialog“ möglicherweise nicht zugehört haben.
Ich glaube, uns wird bis zur Europawahl am 9. Juni jede Woche ein Antieuropa- und Antieuroantrag vorgelegt werden.
(Dr. Ottilie Klein [CDU/CSU]: So ist es!)
Aber dieser Antrag ist ein Antiantrag gegen die liberale Demokratie an sich.
(Peter Boehringer [AfD]: Die EU ist restriktiv!)
Das, was rauskommt, ist doch, dass die AfD gar keine Alternative für Deutschland ist, sondern eher eine Alternative für Diktatoren. Was haben wir gesehen?
(Albrecht Glaser [AfD]: Wir haben gar nichts gesehen! – Peter Boehringer [AfD]: Pfizer-Deals! Zwangsimpfungen! Das hat man gesehen!)
Spionageverdacht Richtung China, Geld aus Russland für die Nummer zwei in Europa, für Petr Bystron, der sich am Telefon beschwert und gesagt haben soll, dass er keine 200-Euro-Scheine annehmen möchte, weil er diese nicht an der Tankstelle oder im Geschäft nutzen kann. Das sind die Probleme der AfD.
(Peter Boehringer [AfD]: 34 Milliarden Dollar an Pfizer!)
Jetzt stellen Sie sich mal vor: Die AfD möchte, wie ich erläutert habe, den Wohlstand in Deutschland zerstören und dafür sorgen, dass wir die Europäische Union verlassen. Sie möchte im Endeffekt, dass die liberale Demokratie durch eine Diktatur ersetzt wird.
(Peter Boehringer [AfD]: Nichts ist liberal an der EU! Gar nichts! – Albrecht Glaser [AfD]: Unglaublich!)
Ich möchte einmal über die Werte von Europa sprechen, zum Beispiel über die Demonstrationsfreiheit.
(Peter Boehringer [AfD]: Bei der Impfpflicht zum Beispiel!)
Man kann hier ungestraft mit einem Traktor, sogar mit einem Galgen durch die Gegend fahren. Stellen Sie sich mal vor, was in Russland passieren würde. Nach den Demonstrationen wurden viele Menschen in Russland verhaftet, weil man dort eben nicht frei demonstrieren kann. Die Demonstrationsfreiheit ist ein hohes Gut, selbst wenn uns als Ampel die Demonstrationen nicht immer passen. Sie gilt es in Europa zu verteidigen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Peter Boehringer [AfD]: Das ist eine unglaubliche Heuchelei! – Albrecht Glaser [AfD]: Was soll denn das jetzt?)
Das Problem, über das man wirklich sprechen muss, ist: Was passiert in einer illiberalen Gesellschaft, was passiert in einer Diktatur?
(Peter Boehringer [AfD]: Sprechen Sie mit Brüssel!)
Dort werden Menschen aus politischen Gründen gefangen gehalten. Alle reden immer von der Menschenrechtslage in China. Ja, dort stecken 1 Million Menschen in Umerziehungslagern – 1 Million Menschen! Lassen Sie das bitte mal auf sich wirken. In Russland sind – valide Zahlen gibt es nicht, weil die entsprechenden Daten nicht vorliegen – mindestens 680 Personen politische Gefangene, und von Folter in Gefängnissen wird laut Studien in 90 Prozent der russischen Regionen berichtet.
Das alles haben wir nicht, aus gutem Grund. Es gilt, eine viel größere Liebe zu Europa, zu unserer Demokratie, zur Freiheit zu entwickeln, als die ganz offensichtlich als zu selbstverständlich angesehenen Werte sonst erfahren. Ich möchte Sie sehr bitten, diese Werte hochzuhalten und bei der Europawahl auf keinen Fall das Kreuz bei der AfD zu machen, sondern bei einer demokratischen Partei.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Vizepräsidentin Petra Pau:
Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Karsten Klein das Wort.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)